„Aktuelle Zustandsdaten zeigen, dass das Umsteuern beim Straßenbau vor mehr als einer Dekade notwendig und richtig war. In den kommenden Jahren wird der Sanierungsbedarf deutlich steigen. Zahlreiche Bauwerke aus den Boomer-Jahren des Straßenbaus (1960er und 1970er Jahre) werden abgängig oder umfassend sanierungsbedürftig. Vor allem die Brücken müssen in den nächsten Jahren in großem Umfang ertüchtigt und erneuert werden“, sagte Minister Hermann.
Minister Hermann betonte weiter: „Dies erfordert erhebliche zusätzliche Mittel, wenn wir Einschränkungen und Sperrungen vermeiden wollen. Eine bedarfsgerechte Finanzierung des Landesstraßennetzes in Baden-Württemberg kann mit einer neuen Einnahmenquelle wie einer Lkw-Maut auf Landes- und Kommunalstraßen gelingen.“
Der Bund stellt in diesem Jahr voraussichtlich rund 221 Millionen Euro für die Erhaltung des Bundesstraßennetzes Baden-Württemberg zur Verfügung. Das Land investiert im Jahr 2024 voraussichtlich rund 165 Millionen Euro zur Erhaltung des Landesstraßennetzes Baden-Württemberg. Auf dieser Grundlage umfasst das Sanierungsprogramm 2024 landesweit mehr als 150 Erhaltungsmaßnahmen (FDE-Maßnahmen), bei denen vor allem die Erneuerung der Fahrbahndecke im Vordergrund steht. In diesem Jahr ist an Bundesstraßen die Sanierung von mehr als 150 Kilometer Fahrbahnen sowie an Landesstraßen die Sanierung von knapp 250 Kilometer Fahrbahnen vorgesehen.
Darüber hinaus sind im Sanierungsprogramm 2024 auch wieder mehr als 130 Bauwerkssanierungen enthalten. Im Detail sind das rund 80 Brücken sowie weitere Bauwerkssanierungen an Tunneln, Stütz- und Lärmschutzwänden.
Beispielprojekte aus dem Sanierungsprogramm 2024
Die Ertüchtigung des Schemmelsbergtunnel in Erlenbach (Landkreis Heilbronn) im Zuge der B 39 ist von März 2024 bis Dezember 2025 geplant. Die Gesamtkosten der Baumaßnahme belaufen sich auf rund 41,7 Millionen Euro.
Im Zuge der B 29 wird zwischen Urbach und Lorch (Rems-Murr-Kreis und Ostalbkreis) in beide Fahrtrichtungen bereichsweise eine Fahrbahndeckenerneuerung umgesetzt. Dabei werden abschnittsweise auch die Entwässerungseinrichtungen und die Schutzeinrichtungen erneuert. Die Erhaltungsmaßnahme beinhaltet zudem elf Brückeninstandsetzungen. Die Bauzeit ist von April 2024 bis September 2026 vorgesehen. Die Gesamtkosten liegen bei rund 22,4 Millionen Euro.
Der Ersatzneubau des Brückenbauwerks im Bereich der Anschlussstelle Ludwigsburg-Süd (Landkreis Ludwigsburg) im Zuge der B 27 ist im Zeitraum zwischen Juli 2024 und September 2025 geplant. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 3,5 Millionen Euro.
Der Ersatzneubau der Brücke über die Alb (2 Teilbauwerke) im Abschnitt der B 10 zwischen Karlsruhe und Knielingen ist im Zeitraum zwischen Oktober 2024 und Frühjahr 2026 geplant. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 7,8 Millionen Euro.
Im Zuge der L 356 bei Hochdorf im Landkreis Calw wird auf einer Länge von rund zwei Kilometer zwischen Oktober 2024 und Dezember 2025 eine Fahrbahndeckenerneuerung durchgeführt. Das Land investiert rund 3,5 Millionen Euro.
Die Instandsetzung der Gutachtalbrücke bei Neustadt (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) im Zuge der B 31 ist im Zeitraum zwischen Oktober 2024 und September 2028 geplant. Der Bund investiert hier rund 3,3 Millionen Euro.
Im Zuge der B 294 zwischen Denzlingen und Suggental (Landkreis Emmendingen) wird auf einer Länge von rund neun Kilometer die Fahrbahn saniert. Die Fahrbahndeckenerneuerung erfolgt von Juni 2024 bis voraussichtlich September 2024. Der Bund investiert Erhaltungsmittel in Höhe von rund 4,2 Millionen Euro.
Entlang der L 220 bei Rörnang (Landkreis Konstanz) wird im Zeitraum zwischen Juli 2024 und Dezember 2024 die Sanierung eines Radweges umgesetzt. Das Land investiert rund 0,8 Millionen Euro.
Im Zuge der B 30 findet im Landkreis Ravensburg zwischen der Anschlussstelle Ravensburg-Nord und der Anschlussstelle Weingarten auf einer Länge von rund 3,5 Kilometern eine Fahrbahndeckenerneuerung in beiden Fahrtrichtungen statt. Der Bau ist von September bis Oktober 2024 vorgesehen. Die Kosten für die Erhaltungsmaßnahme belaufen sich voraussichtlich auf rund drei Millionen Euro.
Im Zuge der L 230 werden Böschungssicherungen im Bereich der Gönninger Steige (Landkreis Reutlingen) hergestellt. Die Baulänge beträgt hierbei rund 1,2 Kilometer, die Umsetzung ist von März 2024 bis November 2024 vorgesehen. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund fünf Millionen Euro.
Die betriebstechnische und konstruktive Tunnelnachrüstung beim Tunnel Albstadt-Laufen im Zuge der B 463 (Zollernalbkreis) ist im Zeitraum zwischen Juli 2024 und November 2025 geplant. Der Bund investiert hier rund 13,3 Millionen Euro.
Trotz schwieriger Bedingungen wird viel in Erhalt und Sanierung investiert
Die Straßenbauverwaltung hatte in den vergangenen Jahren vielschichtige Problemen zu bewältigen. Im Gegensatz zu vergangenen Jahren, in denen das Verkehrsministerium wiederholt Mittel abrufen konnte, die über den Verfügungsrahmen hinausgingen, wurde die Straßenbauverwaltung im Jahr 2023 vor vielfältige Schwierigkeiten gestellt. Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges, Lieferausfälle, Materialengpässe sowie der gravierende Fachkräftemangel erschwerten die Bedingungen im Jahr 2023 (wie bereits 2022 und 2021) und beeinflussten damit auch den Abruf der Bundesmittel. Trotz der Herausforderungen wurde mit 584,8 Millionen Euro ein Großteil des Verfügungsrahmens des Jahres 2023 in Höhe von 619,1 Millionen Euro ausgeschöpft. Baden-Württemberg hat damit im Bundesvergleich nach Bayern den höchsten Umsatz bei Bundesstraßen erreicht. Das ist mehr als vergleichbare Flächenbundesländer.
Von den verausgabten 584,8 Millionen Euro entfallen rund 226 Millionen Euro auf den Bereich der Erhaltung von Bundesstraßen (2022: 237 Millionen Euro). Es wurden insgesamt rund 233 Kilometer Fahrbahnen und mehr als 100 Bauwerke an Bundesstraßen saniert. In das Landesstraßennetz investierte das Land im vergangenen Jahr insgesamt rund 403 Millionen Euro (2022: 375 Millionen Euro). In die Erhaltung des Landesstraßennetzes flossen rund 184 Millionen Euro (2022: 170 Millionen Euro). Mit diesen Geldern wurden rund 300 Kilometer Fahrbahnen und mehr als 50 Bauwerke saniert. Für wichtige Maßnahmen bei Ortsumgehungen und beim Aus- und Neubau im Bereich der Landesstraßen wurden rund 38 Millionen Euro (2022: 40 Millionen Euro) investiert. Für den Bau von Radwegen an Landesstraßen wurden rund 16 Millionen Euro investiert (2022: 18,6 Millionen Euro). Darüber hinaus wurden rund 165 Millionen Euro für Unterhaltungsaufgaben (84,5 Millionen Euro), sonstige Investitionen (7,3 Millionen Euro) sowie sonstige Verwaltungsausgaben (72,9 Millionen Euro) verwendet.
Erhaltungsmaßnahmen dringend benötigt
Brücken stellen die Achillesferse der Straßeninfrastruktur dar und bekommen die in den letzten Jahrzehnten gestiegenen Verkehrslasten in besonderem Maße zu spüren. Ein Großteil der vorhandenen Bundes- und Landesstraßenbrücken in Baden-Württemberg weist ein durchschnittliches Bauwerksalter von rund 50 Jahren auf. Sozusagen im Nachgang zum Hochlauf an Brückenneubauten vor rund einem halben Jahrhundert befindet sich der Brückenbestand aktuell mit Blick auf die Substanz und die Tragfähigkeit in erheblichem Umfang in einem instandsetzungs- beziehungsweise ertüchtigungswürdigen Zustand. Es besteht ein hoher Sanierungsbedarf. Zur Beurteilung des Zustandes werden die Brücken regelmäßig vorschriftsgerecht von Fachleuten geprüft und für die Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit etwaig notwendige Maßnahmen veranlasst.
Erhaltungsmaßnahmen werden im Bundes- und Landesstraßennetz insbesondere an bestehenden schadhaften beziehungsweise mindertragfähigen Brücken, Fahrbahnen, Radwegen, Stütz- und Lärmschutzwänden sowie Hang- und Felssicherungen durchgeführt. Der Neubau von Hang- und Felssicherungen, die bauliche und betriebstechnische Nachrüstung an Tunneln sowie der Neubau von Amphibien- beziehungsweise Kleintierschutzanlagen stellen weitere Erhaltungsaufgaben der Straßenbauverwaltung des Landes dar.
Infolge des Klimawandels werden Erhaltungsmaßnahmen vermehrt vorzeitig erforderlich. Der Klimawandel führt zu immer häufiger werdenden Frost-Tau-Wechseln. Somit tritt am Tag Feuchtigkeit in das Gestein von straßenbegleitenden Hängen beziehungsweise Böschungen ein, die Feuchtigkeit gefriert in der Nacht, die damit einhergehende Volumenvergrößerung führt zur Auflockerung des Gesteins und in der Folge zunehmend zu Hangrutschungen und Felsstürzen, welche zu Schäden an den Straßen führen. Bereits aktuell sind im Landesstraßennetz eine Vielzahl an Hang- und Felssicherungsmaßnahmen erforderlich.