Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat den Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg 2021 verliehen. Umweltministerin Thekla Walker würdigte die Bedeutung von unternehmerischen Innovationen für den Klimaschutz.
Zum siebten Mal hat das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft heute den mit insgesamt 100.000 Euro dotierten Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg verliehen. Die Preise wurden im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung in der Schwabenlandhalle in Fellbach übergeben.
Umweltministerin Thekla Walker würdigt die Bedeutung von unternehmerischen Innovationen für den Klimaschutz. „Um unser ambitioniertes Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, sind wir auf die engagierte Zusammenarbeit aller Akteure angewiesen. Gerade der Wirtschaft kommt eine besondere Rolle und eine besondere Verantwortung zu, denn das ‚Klimaschutzland BW‘ kann ohne die Wirtschaft und die Unterstützung durch die Unternehmen nicht realisiert werden.“
Unternehmen nehmen die Herausforderung an
Die preisgekrönten Beispiele führten eindrücklich vor Augen, dass die Unternehmen die Herausforderung annehmen, sagt Thekla Walker: „Der Druck zur Veränderung ist immens. Wir haben in Baden-Württemberg aber auch das Potenzial und die riesige Chance, die notwendige Transformation zu gestalten, Vorbild für andere zu sein und letztlich auch wirtschaftlich davon zu profitieren.“
Beim Umwelttechnikpreis sei der Blick besonders auf den letzten Schritt gerichtet: Wenn aus einer guten Idee ein innovatives Produkt entwickelt wurde, das neu auf den Markt kommt und sich durch einen besonderen Beitrag zur Ressourceneffizienz und zum Umweltschutz auszeichnet. „Diese Leistung wollen wir mit dem Umwelttechnikpreis würdigen“, so die Ministerin.
Der Umwelttechnikpreis wird alle zwei Jahre in vier Kategorien verliehen und würdigt innovative Produkte und Verfahren in der Umwelttechnik.
Preisträger
In diesem Jahr erhalten folgende Unternehmen für ihre Entwicklungen den Umwelttechnikpreis:
Der Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg in der Kategorie „Energieeffizienz“ geht an reibungsoptimierte und diagnostizierbare Gleitlager. Das Team des in Friedrichshafen beheimateten Geschäftsbereichs Power Systems von Rolls-Royce hat die neuartigen Gleitlager für die Energie- und Antriebslösungen seiner Marke mtu entwickelt. Gemeinsam mit dem Lagerhersteller Miba und der österreichischen Montan-Universität Leoben entstanden Gleitlager, die die Reibung zwischen Kurbelwelle und Lager deutlich verringern und damit Treibstoff sparen sowie unnötige Wartung vermeiden. „Insbesondere, weil die optimierten Lager bestehende einfach ersetzen und in so vielen Anwendungen eingesetzt werden können, hat diese Neuerung großes Potenzial“, sagt Umweltministerin Thekla Walker.
Aquaplaning-ähnlicher Effekt reduziert Reibung
Anstelle einer glatten Lageroberfläche erzeugen feine Rillen zusammen mit dem Schmiermittel einen Aquaplaning-ähnlichen Effekt und damit eine Gleitschicht, die die Reibleistung je nach Betriebszustand um 20 bis 35 Prozent reduziert. Diese Lager vermindern beim Verbrennungsmotor direkt den Kraftstoffverbrauch um rund ein Prozent, können aber auch in anderen hochbelasteten Maschinen oder Flugzeugturbinen eingesetzt werden, um deren Effizienz zu steigern.
Geringes Losreißmoment erhöht Anlageneffizienz
Die geringere Reibleistung sorgt zudem dafür, dass beim Losreißmoment weniger Energie benötigt wird. Von Vorteil ist das beispielsweise bei Start-Stopp-Automatiken oder bei Windenergie-Anlagen, wenn die Anlage bei weniger Wind anlaufen und Energie erzeugen kann. Grundsätzlich sind Gleitlager häufig die die Lebensdauer bestimmende Komponente eines Motors. Die kann nun maximal ausgenutzt werden, da sich die neuartigen Lager über ihre Eigenfrequenz mittels Schallsignatur überwachen und diagnostizieren lassen. Bei Abweichungen in der Schallsignatur kann der Motor abgebremst werden, bevor es zum Schaden kommt. Mit der Überwachung kann also von festgelegten Intervallen auf zustandsbasierte Wartung umgestellt werden, was Material und Betriebskosten spart.
Weniger Energie, gleiche Leistung
Durch die Minderung der Reibleistung spart die Verwendung eines solchen Lagers im Motor etwa ein Prozent Kraftstoff bei gleicher Leistung. Klingt wenig, ist aber viel, wie ein vereinfachtes Beispiel zeigt: Ein Mining-Truck, dessen Großmotor über die Leistung von ungefähr 20 Mittelklasse-Personenkraftwagen verfügt, läuft etwa 20 Stunden am Tag und verbraucht unter Volllast etwa 400 Liter Kraftstoff pro Stunde. Allein das neue Lager im Motor spart also circa 80 Liter pro Tag ein.
Verbesserung liegt in zusätzlichem Fertigungsschritt
„Die wirkliche Verbesserung einer etablierten und ausgereiften Technologie wie dem Gleitlager erfordert eine hohe Ingenieurskunst und Innovationskraft. Deshalb sind wir stolz, dass es uns mit unseren Partnern gelungen ist, ein optimiertes Metall-Gleitlager zu entwickeln, für dessen Einbau am Motor keine Änderung erforderlich ist. Mit einem einfachen zusätzlichen Fertigungsschritt erreichen wir eine Kraftstoffersparnis von einem Prozent und sparen nicht nur Kosten, sondern vermeiden auch Emissionen“, so Dr. Otto Preiss, Technikvorstand und COO von Rolls-Royce Power Systems. In den mtu-Motoren des Unternehmens, die in höheren Stückzahlen gefertigt werden, werden die neuen Gleitlager in naher Zukunft eingebaut. Bereits in Betrieb befindliche mtu-Motoren sollen bei Überholungen nach und nach umgerüstet werden. Für die Zukunft ist der Vertrieb des neuartigen Lagers als Einzelkomponente über die Miba AG geplant.
Der Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg in der Kategorie „Materialeffizienz“ geht an Zeiss PerformanceFit. Mit diesem umfassenden Retrofit-Paket lassen sich bis zu 20 Jahre alte Portalmessgeräte von Zeiss mit neuester Technologie ausrüsten. „Dieses Retrofit von Zeiss hatte für die Jury Vorbildcharakter. Einerseits, weil Retrofits in dem Umfang und dieser Komplexität selten sind. Andererseits wurde es in der Form überhaupt nur möglich, weil das Produktdesign dafür geeignet war, was auf jahrelanger nachhaltiger Entwicklung basiert“, sagt Umweltministerin Thekla Walker. Dabei werden die großen, schweren und energieintensiv herzustellenden Komponenten des Geräts weiterverwendet. Etwa die für die Maschinen typischen, bis zu elf Tonnen schweren Tische aus Granit sowie das über 200 Kilogramm schwere Stahluntergestell oder das 180 Kilogramm schwere Keramikportal. Pro Maschinen-Retrofit lassen sich somit etwa 2,6 Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) einsparen, plus etwa 2,2 Tonnen CO2, die im Durchschnitt pro Jahr und nachgerüsteter Maschine aus dem Betrieb entstehen.
Aus alt wird nicht neu, sondern hochmodern
Die Messgeräte zur Qualitätssicherung sind bei Unternehmen in verschiedenen Industrien wie Automobil, Batterien, Elektrotechnik, Medizintechnik oder Luftfahrt im Einsatz. Neben der Materialeinsparung ermöglicht die umfassende Modernisierung durch Zeiss PerformanceFit einen ressourceneffizienten Betrieb. Messdienstleister und Mittelständler profitieren beispielsweise vom automatischen Standby. Denn das Messportal schwebt im Betrieb auf einem Luftpolster, das per Druckluft erzeugt wird. Dieser Luftstrom lässt sich zeit- oder prozessgesteuert abschalten, was Energie spart. Zur Rückkehr in den aktiven Modus dauert es nur ein paar Sekunden. In einer Produktionslinie mit Mehrschichtbetrieb steht hingegen die Produktivität im Fokus: Neue Steuerungstechnik, die bis zu 50 Prozent weniger Energie verbraucht, schnellere Signalverarbeitung und der Wechsel von taktiler auf optische Sensorik beschleunigen die Messungen um etwa 20 Prozent – bei Bauteilen, für die bisher viele taktile Messpunkte anzufahren waren, sogar um bis zu 60 Prozent.
Ressourceneffizienz beginnt bei der Produktentwicklung
Die Kosten für das Retrofit betragen im Vergleich mit der Anschaffung eines Neugerätes etwa ein Viertel. „Unser Retrofit kann einiges: Es spart Material und Transport und unterstützt so unsere Kunden; ihre CO2-Reduktionsziele zu erreichen. Nachhaltigkeit hat bei uns einen hohen Stellenwert und so setzen wir bereits in der Produktentwicklung auf Ressourceneffizienz. Wir arbeiten derzeit an einem Kreislauf-Prozess, bei dem wir die bei den Retrofits anfallenden Teile nachhaltig wiederverwenden und recyceln können – und das weltweit,“ so Andreas Gruber, Head of Global Service Product Management & Development bei Zeiss Industrial Quality Solutions. Die ersten Pilot-Retrofits finden noch 2021 statt. Serienmäßig wird Zeiss PerformanceFit voraussichtlich 2022 zunächst für Zeiss Prismo Koordinatenmessgeräte verfügbar sein. Eine Ausweitung auf weitere Maschinenbaureihen ist vorgesehen.
Der Injektionsmörtel Fis V Zero gewinnt den Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg in der Kategorie „Emissionsminderung, Aufbereitung und Abtrennung“. Dieser Universalmörtel der Unternehmensgruppe Fischer kommt für Befestigungen in Beton und gängigen Mauerwerksarten zum Einsatz. Er ist mit seiner völlig neuen Rezeptur der erste, der keine Gefahrstoffkennzeichnung braucht. „Bei einem Produkt, das Heimwerker und Profis gleichermaßen nutzen können, ist eine unkritische Handhabung ein großer Vorteil. Fis V Zero hat die Jury überzeugt, da er mit seiner kennzeichnungsfreien und patentierten Formel das Gefahrenpotenzial beim Anwender und für die Umwelt minimiert“, sagt Umweltministerin Thekla Walker.
Härtung ohne Dibenzoylperoxid
Als chemisches Befestigungssystem besteht der Universalmörtel aus zwei Komponenten, dem Reaktionsharz und dem zugehörigen Härter, die in derselben Kartusche getrennt voneinander gelagert sind. Beim Auspressen vermischen sie sich, sodass bei der Injektion in ein Bohrloch die Härtung in Gang gesetzt wird. Der neue, patentierte Mechanismus zur Auslösung der Härtung kommt ohne Dibenzoylperoxid aus. Stattdessen erfolgt der Radikalstart metallkatalysiert. Mit der neuen Formulierung lässt sich der Mörtel sicher, umwelt- und anwenderfreundlich verarbeiten.
Keine persönliche Schutzausrüstung nötig
In Fis V Zero konnte nicht nur das als Gefahrstoff klassifizierte Dibenzoylperoxid, sondern konnten auch weitere als umweltgefährdend, sensibilisierend oder augenreizend eingestufte Substanzen ausgetauscht werden. Weder Gefahrstoffkennzeichnung nach CLP-Verordnung (Classification, Labelling and Packaging) noch ein Sicherheitsdatenblatt sind notwendig. Da er nahezu keine VOC-Emissionen (Volatile Organic Compounds, flüchtige organische Verbindungen) abgibt und sämtliche Zertifikate wie das „Indoor Air Comfort Gold“ erlangt, ist er auch für die Anwendung in geschlossenen Räumen sehr gut geeignet. Fis V Zero lässt sich zudem ohne persönliche Schutzausrüstung handhaben. Die Kartusche und Mörtelreste können im normalen Restmüll entsorgt werden. Das ist besonders bei der Verwendung im Heimwerkerbereich von Vorteil. Mit seiner ETA-zertifizierten (European Technical Assessment) Tragfähigkeit von zum Beispiel 1.800 Kilogramm pro Befestigungspunkt (mit Gewindestange M12 in ungerissenem Beton, Verankerungstiefe 100 Millimeter) ist der Universalmörtel aber auch auf Profianwendungen ausgelegt, also beispielsweise für die Befestigung von Geländern oder nachträglichen Bewehrungsanschlüssen.
Kennzeichnungsfreiheit erleichtert Transport
Jede einzelne verwendete Kartusche des neuen Mörtels ersetzt eine Kartusche, die Gefahrstoffe beinhaltet und eine spezielle Entsorgung erfordert. Eine begleitende positive Umweltwirkung betrifft den Online-Handel: Der kennzeichnungsfreie Fis V Zero ist derzeit der einzige Universalmörtel, der nicht separat verpackt und verschickt werden muss, was Verpackungsmaterial und Transportwege einspart. „Nachhaltigkeit, Umwelt- und Produktsicherheit sind Themen, die uns schon lange bewegen. Dabei spielt die Kennzeichnungsfreiheit eine hervorgehobene Rolle. Die Neuentwicklung unseres Mörtels war komplex und erforderte Grundlagenforschung. Diese Herausforderung haben wir gemeistert“, so Christian Weinelt, Chemiker und Entwickler bei der Unternehmensgruppe Fischer. Der Injektionsmörtel befindet sich derzeit in der Einführungsphase und ist seit September 2021 in den nordischen Ländern sowie in Frankreich, Italien und weiteren europäischen Ländern in Heimwerkermärkten und im Fachhandel erhältlich. Die Vermarktung in Deutschland startet pünktlich mit der Verleihung des Umwelttechnikpreises im November 2021.
Die Kategorie „Mess-, Steuer- und Regeltechnik, Industrie 4.0“ des Umwelttechnikpreises Baden-Württemberg könnte diesmal umbenannt werden in „Landwirtschaft 4.0“. Denn es gewinnt das MultiRate, eine Dosier-Technologie für Pneumatik-Düngerstreuer der Rauch Landmaschinenfabrik. „Die Landwirtschaft steht unter gesellschaftlichem Druck. Deshalb freuen wir uns, dass es eine Landtechnik-Lösung, die Landwirtinnen und Landwirte beim ressourcensparenden Düngen unterstützt, beim Umwelttechnikpreis 2021 ganz nach vorn geschafft hat“, sagt Umweltministerin Thekla Walker. Während sich mit herkömmlichen Zweischeibendüngerstreuern lediglich über die komplette Arbeitsbreite dosieren lässt, funktioniert die Düngung mit MultiRate kleinräumig. Applikationszonen in sehr kleinen Rastern von einem bis 1,2 Metern werden damit präzise und nur mit der gewünschten Düngermenge ausgestreut. Bei ungefähr zwei Millionen Tonnen Dünger, die in Deutschland pro Jahr auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ausgebracht werden, ergibt sich ein großes Einsparpotenzial.
In den Acker hineinzoomen
Das MultiRate-Dosiersystem, das beispielsweise im Aero GT Pneumatik-Düngerstreuer mit 36 Metern Arbeitsbreite zum Einsatz kommt, verfügt über 30 CAN (Controller Area Network)-Bus gesteuerte Düngerauslassöffnungen. Jede wird einzeln über eine separate Dosierwelle mit innenliegendem, hoch effizientem Elektromotor und Planetenantriebseinheit geregelt. Hinzu kommen eine moderne Steuerung, Aktorik und Pflanzensensoren sowie GPS-Module. Damit lässt sich quasi in den Acker hineinzoomen: Erstmals können die Ausbringungsmenge und die Arbeitsbreite mit hoher Präzision abgestimmt und an den tatsächlichen Nährstoffbedarf angepasst werden. Beim Applikationskartenstreuen, beim Keilstreuen, beim Streuen an Feldgrenzen oder in Kurven, beim Biotopschutz und so weiter lässt sich die Ausbringungsmenge optimieren, was den Verbrauch und die Kosten reduziert.
Umwelt-, ressourcen- und grundwasserschonende Mineraldüngung
Die Möglichkeit, Düngerauslassöffnungen exakt anzusteuern sowie bestimmte Zonen und den Feldrand präzise auszusparen, spart nach Simulationen von Rauch Landmaschinen 20 bis 25 Prozent Dünger ein. Das trägt gleichzeitig zu weniger Energieverbrauch und Emissionen bei, denn für die Herstellung von einem Kilogramm Dünger wird etwa ein Liter Heizöl benötigt. „Unser Ziel ist eine umwelt-, ressourcen- und grundwasserschonende Mineraldüngung. Mit der Auflösung von einem Meter haben wir das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Sobald die notwendigen Daten über Agrarsatelliten, Kameradrohnen und Sensoren zur Verfügung stehen, wollen wir mit unserer Technik so detailliert ins Feld hineinzoomen, dass wir die einzelne Pflanze bedarfsgerecht ernähren können“, so Volker Stöcklin, verantwortlich für den Bereich Konstruktion und Entwicklung in der Geschäftsleitung bei Rauch Landmaschinen. Erhältlich sind die Maschinen mit der MultiRate-Technologie ab etwa Anfang November 2021.
Der Sonderpreis der Jury beim diesjährigen Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg geht an die Erwin Junker Maschinenfabrik GmbH aus Nordrach für das neue Maschinenkonzept Jumat. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich ein hochproduktives, energieeffizientes Verfahren zur Serienfertigung von Schneckenwellen, das in nur einer einzigen Maschine umgesetzt wurde. „Die Erwin Junker Maschinenfabrik hat nicht nur ein neues Schleifverfahren entwickelt, sondern einen umfassend neuen Ansatz, der Verbesserungen und Einsparungen in mehreren Dimensionen realisiert. Das hat die Jury dazu bewegt, den Sonderpreis an die Jumat zu vergeben“, sagt Umweltministerin Thekla Walker. Die darauf gefertigten Schneckenwellen kommen in verschiedenen Getrieben und Antrieben zum Einsatz. Deren Anwendung ist weit verbreitet und reicht von elektrisch angetriebenen Lenkungen für Autos über den allgemeinen Maschinenbau bis hin zu Antrieben, die in Krankenhausbetten oder Wohnmobilen verbaut sind. Einige Anwendungen sind so häufig, dass die Hersteller dafür pro Jahr mehrere Millionen Stück dieser Schneckenwellen produzieren.
Rein als Rohling, raus als Schneckenwelle
Das neue Verfahren ersetzt den Fertigungsprozess, bei dem die einzelne Schneckenwelle drei Maschinen durchlaufen muss (Fräsen, Rollieren oder Wirbeln, darauffolgend Glätten oder Finishen sowie abschließend Entgraten). Mit dem Durchlauf auf einer Maschine entfällt auch der entsprechende Handlingsaufwand. Aus einem Rohling, der bereits über eine Grundgeometrie und zwei Lagersitze verfügt, wird die Schnecke aus dem Vollen geschliffen, ohne auch nur einmal die Maschinentür öffnen zu müssen. Der Rohling wird über ein Beladesystem dem voll automatisierten Prozess zugeführt und in zwei Bearbeitungsgängen erst vor- und dann fertiggeschliffen. Anschließend wird das Werkstück weitertransportiert und entgratet, sodass am Ende eine fertige Schneckenwelle herauskommt. Wesentliche Innovationen, um das zu realisieren, sind eine neu entwickelte Werkzeuggeometrie und ein optimierter Vorschleifprozess, der die hauptsächliche Zerspanleistung übernimmt und mit sehr hohen Vorschubgeschwindigkeiten arbeitet.
Einsparungen in vielen Dimensionen
Konkret können im Herstellungsprozess der Jumat etwa 40 Prozent an Energie und materiellen Ressourcen eingespart werden. In der Produktion kommen zu extrem langen Werkzeugstandzeiten ein reduzierter Platzbedarf, um mindestens 50 Prozent verkürzte Taktzeiten und um etwa 25 Prozent verringerte Energieverbräuche – wobei sich die Produktionsprozesse und damit auch die Auswirkungen stark unterscheiden können. „Wir haben das eher konservativ berechnet. Die Werte haben sich aber als realistisch erwiesen. Die ersten Kundenanwendungen, die wir 2021 begleiten durften, haben unsere Prognosen zum Teil deutlich übertroffen“, so Joachim Himmelsbach, CTO bei Junker. Erhältlich ist das neue Maschinenmodell seit Anfang 2021.
Die Gewinner des ersten Preises erhalten jeweils 9.000 Euro Preisgeld, die Gewinner eines zweiten Preises 7.000 Euro und die Gewinner eines dritten Preises 5.000 Euro. Der Sonderpreis ist ebenfalls mit 9.000 Euro dotiert.
Die weiteren Preisträger Platz zwei und drei sowie die Nominierten
- Platz 2: M10 Industries AG – Innovative Solarzellen-Verschaltungsanlage zur Herstellung hocheffizienter Matrixmodule im industriellen Maßstab (Freiburg): Die neue Technik ermöglicht eine abstandsfreie Anordnung der Solarzellen. Optisch ansprechend, vielseitig verwendbar, unempfindlicher gegen Teilverschattung.
- Platz 3: Voith SE & Co. KG – Elektrischer Voith Schneider Propeller (eVSP) (Heidenheim an der Brenz): Neuer Schiffsantrieb mit höherem Wirkungsgrad und reduzierten Geräuschen und Vibrationen.
Nominiert waren:
- HOBART GmbH – CLIMATE-PLUS Energiesparsystem mit Abwasserwärme-Rückgewinnung (Offenburg): Moderne Bandspülmaschine für den Großküchenbereich mit erhöhter Energieeffizienz durch Wärmerückgewinnung.
- Goldhofer Aktiengesellschaft – „PHOENIX“ E - Stangenloser Flugzeugschlepper mit Hochvolt-Batterie-Technologie (Memmingen): Leistungsfähiger vollelektrischer Flugzeugschlepper, ausgestattet mit einer leistungsfähigen Li-Ionen-Hochvoltbatterie (700 Volt). Effizienzgewinn und Kohlenstoffdioxid(CO2)-Einsparpotenzial durch Ersatz von Diesel durch Strom.
- John Deere Walldorf GmbH & Co. KG – John Deere Raupentraktor 8RX mit elektrischem Antrieb (Walldorf): Neues innovatives eAutoPowr-Getriebe ersetzt die hydraulische Komponente durch einen elektrischen Antrieb. Auskopplung von 100 kW Leistung für den Antrieb eines Anhängers möglich, womit schwere Anhänger und Geräte „leichter“ über das Feld gezogen werden. Dadurch ist eine Einsparung von bis 20 Prozent Kraftstoff und der Einsatz leichterer Traktoren möglich.
- Platz 2: ElringKlinger AG – InnoCap (Dettingen/Erms): Zelldeckel für Lithium-Ionen-Zellen mit höherer Zuverlässigkeit, verbesserter Recyclingfähigkeit und Materialeinsparung bei der Produktion.
- Platz 3: Papierfabrik Palm GmbH & Co. KG – PALM Ultralight Corrugated Case Material (ulCCM) – Wellpappenrohpapier mit 60 Gramm pro Quadratmeter (g/m²) Flächengewicht (Aalen): Wellpappenrohpapier aus 100 Prozent Altpapier mit einem Flächengewicht von 60 g/m² statt üblicherweise 70 g/m². Deutlich weniger Material, Energie, Hilfsstoffe und Wasser erforderlich.
Nominiert waren:
- Dürr AG – Lösungsmittelrückgewinnung Sorpt.X LC (Bietigheim-Bissingen): Lösemittel- und Wärmerückgewinnung bei der Elektroden-Fertigung für Lithium-Ionen-Batterien. Minimale Emissionen des organischen Lösemittels.
- Fiber Engineering GmbH – Biogener Pflanzentopf (Karlsruhe): Biobasierter Pflanztopf frei von Kunststoff. Der Pflanztopf erfüllt die gleichen Aufgaben wie die üblicherweise verwendeten Plastiktöpfe, wird aber zusammen mit der Pflanze vergraben und verbleibt im Boden, wo er rückstandsfrei verrottet.
- IFUTEC GmbH Ingenieurbüro für Umformtechnik – Ressourceneffizientes Fertigungssystem zur flexiblen Umformung metallischer Hochleistungskomponenten (Karlsbad): Neues Fertigungsverfahren auf Basis des Elektrostauchens für eine flexible Umformung komplexer Geometrien, das auch die wirtschaftliche Bearbeitung kleinerer Serien ermöglicht. Konsequenter Verzicht auf umweltbedenkliche Schmierstoffe bzw. Zusatzstoffe. Sehr effiziente Rohstoffausnutzung und verbesserte Energieeffizienz.
- Platz 2: Daimler Buses – Mercedes-Benz eCitaro (mit Festkörperbatterie) (Neu-Ulm): Batterieelektrisch betriebene Stadtbusse, bei denen eine Feststoffbatterie zum Einsatz kommt. Die Feststoffbatterie zeichnet sich durch eine hohe Nachhaltigkeit aus, da sie ohne Cobalt, Nickel und Magnesium auskommt.
- Platz 3: Probst GmbH – Verlegemaschine VM-301-GREENLINE (Erdmannhausen): Vollelektrisch angetriebene Pflaster-Verlegemaschine ermöglicht einen emissionsfreien und geräuscharmen Betrieb von bis zu acht Stunden in sensiblen Bereichen wie Innenstädten. Keinerlei Feinstaubproblematik.
Nominiert waren:
- EKPO Fuel Cell Technologies GmbH – PEMFC-Stackmodul NM5-EVO (Dettingen/Erms): Niedertemperatur-Brennstoffzelle mit hervorragenden Leistungs- und Lebensdauercharakteristiken. Vielseitige Anwendungsmöglichkeiten (Personenkraftwagen, Busse, Lastkraftwagen, Railway, Marine, stationär).
- Reinsicht GmbH – Ökologischer Industrieklebstoff BFD 2.0 im dreidimensionalen (3D)-Druck für den Einsatz in der Großserienfertigung (Gerlingen): Herstellung von Sandkernen für den Metallguss mittels 3-D-Druck und einem anorganischen, ökologischen Klebstoff. Ersetzt organische Binder und verursacht keinerlei schädliche Emissionen. Ermöglicht die Kreislaufführung eines Großteils des eingesetzten Sandes.
Platz 2: unbesetzt
Platz 3 (doppelt vergeben):
- NIVUS GmbH – Partikelkonzentrationsmessung (PKM) (Eppingen): Partikelkonzentrationsmessung mit neuer Sensortechnologie zur Detektion von Feststoffkonzentration- und Größenverteilung in Regen- und Abwasser, ermöglicht eine effiziente Regelung und Steuerung von Kläranlagen und Regenbehandlungsbauwerken.
- LEGIO Group - LEGIO.tools GmbH – LEGIO.logic (Walddorfhäslach): Optosensorisches Messgerät zur Online-Trinkwasseranalyse. Kontinuierliche mikroskopische Untersuchung des Trinkwassers und Fernüberwachung. Früherkennung von Veränderungen, gezieltes Eingreifen möglich.
Nominiert waren:
- Dürr AG – DIGITAL INTELLIGENCE BY DÜRR für Anlagen der Umwelttechnik (Bietigheim-Bissingen): Internet of Things (IoT)-Ready Paket für Bestands- und Neuanlagen in der Umwelttechnik ermöglicht die Ferndiagnose und -beratung durch Dürr-Experten (digitale Kommunikation) und vermeidet Ausfallzeiten. Spart zudem Reisezeit und Reisekosten.
- Sautter Industrietechnik GmbH & Co.KG – Sica (Kenzingen): Energieautarke und drahtlose Funksensoren für Strom, Temperatur, Luftfeuchte, CO2-Konzentration für die Fernüberwachung. Die Sensoren benötigen keine Batterie und keinen Stromanschluss dank einer patentierten extrem energieeffizienten Funktechnik und einer energetischen Selbstversorgung.
Der Umwelttechnikpreis
Der Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg wird alle zwei Jahre für hervorragende Produkte verliehen. Das Preisgeld beträgt 100.000 Euro und wird auf vier Kategorien und einen Sonderpreis der Jury verteilt. Die Kategorien sind
- Energieeffizienz
- Materialeffizienz
- Emissionsminderung, Aufbereitung und Abtrennung
- Mess-, Steuer- und Regeltechnik, Industrie 4.0
Der Sonderpreis der Jury orientiert sich an aktuellen umweltpolitischen Herausforderungen und technischen Erfordernissen.
Teilnahmeberechtigt für den Umwelttechnikreis sind Unternehmen mit Sitz oder einer Niederlassung in Baden-Württemberg. Ausgezeichnet werden Produkte, die einen bedeutenden Beitrag zur Ressourceneffizienz und Umweltschonung leisten und kurz vor der Markteinführung stehen oder nicht länger als zwei Jahre am Markt sind.
Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft: Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg