Der Hans-Thoma-Preis wird in Landespreis für Bildende Kunst Baden-Württemberg umbenannt. Thomas Ansichten standen im Widerspruch zum Kunstpreis, der gerade innovative Positionen auszeichnet. Verliehen werden soll der Preis weiterhin in Bernau im Schwarzwald.
Der „Hans-Thoma-Preis für Bildende Kunst“ heißt künftig „Landespreis für Bildende Kunst Baden-Württemberg“. Gewürdigt werden laut Satzung des Preises Künstlerinnen und Künstler, „deren Schaffen einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der neueren Kunst darstellt“. Der traditionsreiche und mit 25.000 Euro dotierte Kunstpreis wird alle zwei Jahre verliehen, turnusmäßig das nächste Mal im Jahr 2025. Ort der Verleihung bleibt Bernau im Schwarzwald, über die Zusammensetzung der Jury wird im Laufe des Jahres entschieden und die Gemeinde wird weiterhin in der Jury vertreten sein, wie Kunstministerin Petra Olschowski und Staatssekretär Arne Braun am 29. Februar 2024 in Stuttgart mitteilten.
Thoma verkörperte ein völkisch, antimodernes Weltbild
Kunstministerin Petra Olschowski sagte: „Hans Thoma war ein bedeutender Künstler und eine wichtige Persönlichkeit im kulturellen Gedächtnis unseres Landes. Allerdings ist durch die Recherchen der vergangenen Jahre immer deutlicher geworden, dass er auch Ansichten vertrat, die im Widerspruch zur Ausrichtung unseres Preises stehen: Er verkörperte ein völkisch, antimodernes Weltbild. Bei öffentlichen Debatten vertrat Hans Thoma zeitweise Positionen zugunsten reaktionärer Kreise, die sich gegen französische Einflüsse in der deutschen Kunst aussprachen, und er äußerte sich auch antisemitisch. Dies steht im Widerspruch zum Kunstpreis des Landes Baden-Württemberg, der gerade innovative Positionen auszeichnet.“
Im Nachgang zur Verleihung des Preises im August 2023 an Prof. Marcel van Eeden, Rektor der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, der sich kritisch mit Thoma auseinandersetzte, führte Kunststaatssekretär Arne Braun zahlreiche Gespräche. „Bei der Frage der Umbenennung des Preises war ausschlaggebend, dass sich Hans Thoma mehrfach antisemitisch geäußert hat, und dass er antimoderne Einstellungen vertrat“, bilanzierte Arne Braun. „Es geht nicht darum, die Leistungen von Hans Thoma als Maler und seine Bedeutung für die Kunstgeschichte zu schmälern oder seinen Stellenwert für das kulturelle Gedächtnis der Region in Abrede zu stellen. Diese stehen außer Frage. Dass die Preisverleihung auch weiterhin in Bernau stattfindet, verstehen wir als einen Beitrag zur Förderung des Ländlichen Raums, die uns kulturpolitisch sehr wichtig ist: Durch die Preisverleihung gerät die Bedeutung des ländlichen Raums für den Reichtum und die Vielfalt der Kulturlandschaft in den Blick.“
Preisverleihung weiterhin in Bernau
Der Bürgermeister der Gemeinde Bernau, Alexander Schönemann, begrüßte die Entscheidung des Landes, den Kunstpreis weiterhin in Bernau zu verleihen: „Dies ist ein wichtiges Zeichen, nicht nur für Bernau als Ursprungsort und Heimat des Landespreises, sondern für die gesamte südbadische Region und unseren Ländlichen Raum. In Bernau begegnen sich seit Jahrzehnten Tradition und internationale Kunst. Dies macht den besonderen Reiz der Preisverleihung in Bernau aus.“ Schönemann kündigte zudem an, dass anlässlich des 100. Todestages von Hans Thoma und des Jubiläums zum 75-jährigen Bestehen des Kunstmuseums in Bernau eine Neukonzeption der Dauerausstellung vorgenommen werden soll, die auch eine Einordnung dieser neuen Thematik beinhalte. Er bedankte sich bei Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger, der Direktorin des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg, das das Kunstmuseum dabei unterstützen wird.
Eine 2022 veröffentlichte, vom Wissenschaftsministerium in Auftrag gegebene Studie von Prof. Dr. Frank Engehausen, Universität Heidelberg, zur Geschichte des Hans-Thoma-Preises hat bereits dargelegt, dass sich Thoma in späteren Jahren in völkischen Kreisen bewegte und sich auch antisemitisch geäußert hat.
Die Arbeiten von Marcel van Eeden haben nun weitere Belege für Thomas völkische beziehungsweise antisemitische Einstellung erbracht. Sie beleuchten auch seinen Umgang mit ausgewiesen antisemitisch eingestellten Personen wie Julius Langbehn und dem Kreis um Cosima Wagner, dem Kunsthistoriker Henry Thode und dem Schriftsteller Houston Stewart Chamberlain, rassistischer Verfechter des Antisemitismus in Deutschland
Wissenschaftliche Aufarbeitung und Veranstaltungen angekündigt
Einen Beitrag zur wissenschaftlichen Aufarbeitung leisten mehrere Veranstaltungen der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Direktor Prof. Dr. Frédéric Bußmann sagte: „Wir werden im Mai 2024 eine öffentliche Veranstaltung speziell zu Hans Thoma gemeinsam mit dem Haus der Geschichte Baden-Württembergs ausrichten, im September folgt dann eine Kabinettausstellung zu Hans Thoma als Direktor der Kunsthalle und dessen Erwerbungspolitik.“ Hans Thoma war von 1899 bis 1919 Direktor der Kunsthalle Karlsruhe. „Anfang 2025 haben wir zudem ein wissenschaftliches Symposium zum Umgang mit schwierigem Erbe, wie etwa völkischen Kunstwerken, in Ausstellungen geplant“, so Bußmann weiter.
Aktuell werden die Hans-Thoma-Bestände in der Badischen Landesbibliothek aufbereitet und digitalisiert, damit sie für die Forschung in geeigneter Form zur Verfügung stehen. Gefördert wird das Vorhaben von der Stiftung Kulturgut des Landes Baden-Württemberg.