Seit Jahresbeginn 2020 wurden dem Landesgesundheitsamt bislang 21 Hantavirus-Erkrankungen übermittelt. Das sind deutlich weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres mit 168 Fällen. Dennoch sollten die üblichen Schutzmaßnahmen getroffen werden.
Seit Beginn dieses Jahres wurden dem Landesgesundheitsamt (LGA) Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart bislang 21 Hantavirus-Erkrankungen übermittelt. Das sind deutlich weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres mit 168 Fällen. Das Jahr 2019 war neben 2017 (935 Fälle) und 2015 (497) ein weiteres starkes Hantavirus-Ausbruchsjahr mit insgesamt 833 an das LGA übermittelten Erkrankungen.
Im Herbst 2019 war der Fruchtertrag bei Buchen und Eichen in Baden-Württemberg sehr gering und die Nahrungsbedingungen für den Überträger des Hantavirus, die Rötelmäuse, somit eher schlecht. In den weiteren Wochen rechnet das LGA daher mit einem niedrigen Infektionsrisiko und somit deutlich weniger Erkrankungsfällen als 2019. Dennoch sollte auf die üblichen Schutzmaßnahmen nicht verzichtet werden.
Schwaches Hantavirusjahr wichtig für Mensch und Gesundheitssystem
„Eine Hantavirus-Erkrankung ist ernst zu nehmen, da es schwere Verläufe geben kann. Die Erkrankung beginnt meist ähnlich einer Grippe mit plötzlich einsetzenden hohen Fieber. Hinzu kommen Kopf- und Gliederschmerzen sowie Bauch- und Rückenschmerzen. In schweren Fällen kann es zu Blut im Urin und gar zu Nierenfunktionsstörungen kommen. Dann kann sogar eine Blutwäsche (Dialyse) erforderlich werden“, erläutere Gesundheitsminister Manne Lucha. „In der aktuellen Lage ist es gut zu wissen und gleichzeitig gut für unser Gesundheitssystem, dass wir für 2020 kein ausgeprägtes Hantavirusjahr erwarten“, erklärte der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer, in dessen Behörde das LGA angesiedelt ist.
In Baden-Württemberg treten Hantavirus-Infektionen regelmäßig auf. Immer wieder kommt es zu sogenannten Ausbruchsjahren. Die bislang stärkste Hantavirus-Epidemie wurde mit 1.797 registrierten Erkrankungen im Jahr 2012 beobachtet. Die Erkrankungszahlen zeigen große regionale Unterschiede. Die meisten Erkrankungen treten entlang der Schwäbischen Alb auf. Teile Oberschwabens, das Rheintal und der Südschwarzwald waren seltener oder kaum betroffen.
Für 2020 wird geringe Hantavirus-Aktivität im Land erwartet
„In Baden-Württemberg sind Hantaviren weit verbreitet, insbesondere in Regionen mit hohem Anteil an Buchenwäldern. Grund ist, dass dort Rötelmäuse, die Hantaviren über ihre Ausscheidungen übertragen, besonders gute Lebensbedingungen vorfinden. Sie ernähren sich bevorzugt von Bucheckern. Gute Nahrungsbedingungen im Herbst 2018 hatten das Überwintern von Rötelmäusen begünstigt, weshalb 2019 ein starkes Hantavirusjahr in Baden-Württemberg war. 2019 hingegen waren die Nahrungsbedingungen für Rötelmäuse schlecht, sodass wir für 2020 eine geringe Hantavirus-Aktivität im Land erwarten“, erklärte die Leiterin des Landesgesundheitsamts, Dr. Karlin Stark.
Der Mensch infiziert sich über das Einatmen der Krankheitserreger, die an die eingetrockneten Ausscheidungen der Rötelmäuse gebunden sind. Ein Infektionsrisiko besteht überall dort, wo Rötelmäuse vorkommen und Tätigkeiten ausgeübt werden, bei denen Staub aufgewirbelt wird. Bei Reinigungsarbeiten von Garagen, Kellern, Scheunen, Ställen et cetera seien Infektionen ebenso möglich wie Holzarbeiten in Wald und Garten. Daher sollten die zu reinigenden Flächen befeuchtet werden, um Staub zu binden. Das Tragen von Staubschutzmasken (beispielsweise aus dem Baumarkt) kann das Einatmen von erregerhaltigem Staub verhindern.
Hantavirus-Erkrankung
Der Name Hanta geht auf den Fluss Hantaan in Südkorea zurück, an dem in den 1950er-Jahren mehr als 3.000 amerikanische Soldaten während des Koreakrieges an einem ungewöhnlich starken Fieber mit anschließend häufigen Nierenversagen erkrankten. Eine Hantavirus-Erkrankung beginnt meist ähnlich wie eine Grippe mit plötzlich einsetzenden hohen Fieber. Hinzu kommen Kopf- und Gliederschmerzen sowie Bauchschmerzen. Bei einem Teil der Erkrankten entwickelt sich ein Nierenversagen, das dialysepflichtig werden kann, sich jedoch in der Regel zurückbildet.
Hantaviren sind weltweit verbreitet. Aufgrund der unterschiedlichen Verbreitung der jeweiligen Reservoirwirte sind die verschiedenen Hantavirus-Spezies ebenfalls geografisch unterschiedlich verteilt. In Deutschland sind nach Untersuchungen des Konsiliarlaboratoriums für Hantaviren und des Robert Koch Instituts (RKI) Infektionen mit dem Puumalavirus (vor allem im Süden und Westen des Landes) und einer Form des Dobrava-Belgrad-Virus (vor allem im Osten und Norden) vorherrschend.
Rötelmäuse übertragen Hantaviren
Hantaviren werden über Rötelmäuse verbreitet, die das Virus über Kot und Urin ausscheiden. Ihre wichtigste Nahrungsquelle sind Bucheckern. Nach trockenen Sommern sind Buchen besonders stark mit Bucheckern behangen. Diese sogenannte Buchenmast begünstigt die Vermehrung von Rötelmäusen. Die Vermeidung des Kontakts mit Ausscheidungen von Nagern ist die wichtigste Maßnahme einer Infektionsverhütung. Daneben ist die Bekämpfung von Nagetieren wichtig. Schutz- und Vorbeugemaßnahmen sollten eingehalten werden. Weitere Informationen gibt es im RKI-Merkblatt „Informationen zur Vermeidung von Hantavirus-Infektionen“.
Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg: Grafiken zum Hantavirus-Infektionsgeschehen 2019
Quelle:
Regierungspräsidium Stuttgart