Das baden-württembergische Ausbildungsbündnis will die Ausbildungschancen von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss weiter verbessern. Dazu wollen die Bündnispartner ihre Angebote ausbauen. Insgesamt ist die Ausbildungssituation im Land stabil.
Die Partner des baden-württembergischen Ausbildungsbündnisses haben bei einem Spitzengespräch zur Ausbildungssituation im Rahmen ihrer Bilanz eine Erklärung zu den Chancen von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss vorgestellt. Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut, die das Spitzengespräch leitete: „Jugendliche mit Hauptschulabschluss stellen ein Viertel aller neuen Auszubildenden. Sie haben nach wie vor Chancen auf einen Ausbildungsplatz, gerade auch angesichts der vielen unbesetzten Ausbildungsplätze. Dennoch könnten ihre Chancen weiter verbessert werden. Schulen und Betriebe müssen noch mehr dafür tun, um Jugendlichen mit Hauptschulabschluss den Weg in eine Ausbildung zu ebnen.“
Bündnispartner wollen ihre Angebote ausbauen
Die Bündnispartner haben sich deshalb auf sieben Aktivitäten verständigt. Unter anderem sollen die Berufsorientierungsmaßnahmen von Schulen mit hohen Übergangsquoten beispielgebend für andere Schulen sein. Die Bündnispartner wollen bei den Unternehmen dafür werben, dass diese in ihrer Personalentwicklung die Stärken von Hauptschulabgängern mehr als bisher berücksichtigen. Denn die Betriebe können davon profitieren, dass mit dieser Zielgruppe Mitarbeiter gewonnen werden können, die sich in der Regel frühzeitig und langfristig an den Betrieb binden. „Wir wollen auch das bestehende gute Instrumentarium an Unterstützungsmöglichkeiten beim Übergang und während der Ausbildung, wie zum Beispiel ausbildungsbegleitende Hilfen und die assistierte Ausbildung, noch bekannter machen“, so die Ministerin.
Integration durch Berufsausbildung
Die Zahl der neuen Ausbildungsverträge mit Auszubildenden aus den acht Hauptasylherkunftsländern plus Gambia ist zum Start des Ausbildungsjahres im Herbst 2017 deutlich angestiegen auf 2.285 (Vorjahr knapp 1.000). „Dies ist besonders erfreulich, weil eine Berufsausbildung der beste Weg zur Integration der Geflüchteten in die Gesellschaft ist“, betonte Hoffmeister-Kraut. Sie danke allen Partnern des Ausbildungsbündnisses für ihre großen Anstrengungen, die zu dieser Entwicklung geführt haben. Die Flüchtlinge verteilen sich in etwa gleich auf die Bereiche Handwerk (1.109) und Industrie und Handel (1.177). Die Herkunftsländer mit den meisten Ausbildungsverträgen sind Afghanistan (602), Syrien (599), Gambia (470) und Irak (181).
Die aktuelle Situation am Ausbildungsmarkt
Zur aktuellen Ausbildungsmarktsituation hat die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit ihre Ausbildungsbilanz 2017 vorgelegt:
- Die Zahl der Bewerber/-innen ist mit 67.401 leicht gestiegen (+2,7 Prozent).
- Zahl der gemeldeten Berufsausbildungsstellen: 79.120; damit erneut angestiegen (+0,7 Prozent).
- 978 Bewerber/-innen (-2,8 Prozent) bleiben vollständig unversorgt.
- 8.577 Bewerber/-innen haben eine Alternative angenommen, suchen aber weiterhin nach einem Ausbildungsplatz.
- 7.659 Berufsausbildungsstellen blieben unbesetzt.
- Bewerber aus früheren Schulabschlussjahrgängen („Altbewerber/-innen“) sind um 6,6 Prozent auf 25.620 gestiegen.
- 51,4 Prozent der Bewerber/-innen mündeten in eine Berufsausbildung ein.
- Die Anzahl von Bewerbern mit Fluchthintergrund ist um 2.221 auf 3.566 angestiegen, davon haben 46 Prozent eine Ausbildung begonnen.
- 3.841 Bewerber/-innen sind 25 Jahre und älter.
- 22 Prozent der Bewerber/-innen verfügten über einen Hauptschulabschluss.
- Analog aller Bewerber/-innen mündete ebenso jede/-r zweiter Bewerber/-in mit Hauptschulabschluss in eine Berufsausbildung ein (51 Prozent).
„Der Ausbildungsmarkt in Baden-Württemberg ist grundlegend unverändert gut. Für junge Menschen im Land ergeben sich weiterhin gute Aussichten, einen Ausbildungsplatz im Wunschberuf zu bekommen. Jedoch hängen die individuellen Chancen stark von der Region, den Berufswünschen und der Qualifikation ab“, sagte Christian Rauch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit.
Übergang von Schule in Ausbildung bestmöglich gestalten
„Mit Blick auf die Jugendlichen gibt es noch eine hohe Zahl insbesondere an Hauptschülern, deren Verbleib nicht bekannt ist. Unabhängig von einer wünschenswerten datentechnischen Lösung gilt es, Informationen von Schule und Berufsberatung im Sinne der Transparenz auf der lokalen Ebene noch besser miteinander zu verknüpfen. So kann rechtzeitig gegengesteuert werden“, erläuterte Christian Rauch.
Volker Schebesta, Staatssekretär im Kultusministerium Baden-Württemberg, betonte: „Über die Verankerung des Faches Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung in den neuen Bildungsplänen hinaus unternehmen wir große Anstrengungen, die berufliche Orientierung der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Besonders Absolventinnen und Absolventen mit Hauptschulabschluss erhalten umfassende Orientierungsangebote zum Berufseinstieg. Diese gilt es weiter auszubauen.“
„Damit der Übergang von der Schule in die Ausbildung für Absolventen mit Hauptschulabschluss bestmöglich gelingen kann, brauchen wir eine hervorragende Berufsorientierung an unseren Schulen und verbindliche Kompetenzmindeststandards, auf die sich Schülerinnen und Schüler, Eltern und Ausbildungsbetriebe sicher verlassen können. Die Wirtschaft versteht sich dabei als Partner der Schulen und der Bildungspolitik, beispielsweise im Rahmen des gemeinsamen SCHULEWIRTSCHAFT-Netzwerkes. Auf dieser Grundlage ist es dann die Aufgabe der Betriebe, sich die Potenziale der Hauptschulabsolventen zur Fachkräftesicherung zu erschließen. Damit verbunden ist die Aufgabe, sicherzustellen und deutlich zu machen, dass die duale Ausbildung und die spätere Berufstätigkeit in der Breite der Berufe und Branchen den jungen Menschen viel zu bieten hat“, so Karl Schäuble, Vizepräsident der Arbeitgeber Baden-Württemberg.
„Hauptschulabsolventen werden beim Übergang in Ausbildung offensichtlich benachteiligt. Daher müssen die Ausbildungsbetriebe ihre bisherige ‚Rosinenpickerei‘ beenden und auch Absolventen der Hauptschule Chancen auf eine Ausbildung eröffnen“, sagte Gabriele Frenzer-Wolf, stellvertretende DGB-Landesvorsitzende.
„Die duale Ausbildung bleibt weiterhin attraktiv, denn die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber ist nochmals gestiegen“, so Gabriele Frenzer-Wolf zu den Zahlen der Arbeitsagenturen. Das Angebot der Betriebe habe den letzten Höchststand noch nicht wieder erreicht. „Mit einer besseren Ausbildungsqualität und guter Arbeit können auch Branchen mit vielen unbesetzten Ausbildungsplätzen Jugendliche für sich gewinnen“, Frenzer-Wolf weiter.