Die Landesregierung macht mit der kulturpolitischen Landeskonzeption „Baden-Württemberg und seine Kelten“ die historische Bedeutung der Kelten für Baden-Württemberg an zahlreichen Fundstätten und Museen im Land sichtbar und erfahrbar. Zentraler Bestandteil der Konzeption soll die Heuneburg als Kulturdenkmal sein. Sie soll zu einer musealen und touristischen Erlebniswelt ausgebaut werden.
Der Ministerrat hat den Startschuss zur Entwicklung einer landesweiten kulturpolitischen Konzeption mit dem Titel „Baden-Württemberg und seine Kelten“ gegeben. Sie soll die historische Bedeutung der Kelten für Baden-Württemberg an zahlreichen Fundstätten und Museen im Land sichtbar und erfahrbar machen. Zentraler Bestandteil der Konzeption soll die Heuneburg als Kulturdenkmal sein. Sie soll zu einer musealen und touristischen Erlebniswelt ausgebaut werden.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann: „Das Keltische stellt in gewisser Weise die erste paneuropäische Kulturgemeinschaft nördlich der Alpen dar. Die Spuren sind in Baden-Württemberg an vielen Stellen sichtbar, in den Museen des Landes genauso wie an zahlreichen Fundstätten. Die besondere historische Beziehung des heutigen Baden-Württemberg zu den Kelten soll im Land sichtbarer und für die Menschen emotional erfahrbar gemacht werden.“
Kunststaatssekretärin Petra Olschowski ergänzt: „Wir wollen die verschiedenen Keltenstätten gemeinsam mit den jeweiligen Partnern weiterentwickeln und in ein kulturpolitisches Gesamtkonzept integrieren. Neben Heuneburg und Heidengraben prüfen wir hierzu auch andere wichtige Orte in Baden-Württemberg.“
Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst wird eine Arbeitsgruppe aus den beteiligten Ministerien und Landeseinrichtungen einsetzen. Diese Arbeitsgruppe wird sich sehr schnell mit der Frage beschäftigen, welche Kelten-Fundorte im Land Entwicklungspotential im Sinne der Keltenkonzeption haben.
Heuneburg eine der wichtigsten Keltenfundsstätten in Europa
Als eine der wichtigsten Keltenfundstätten in ganz Europa ist die Heuneburg sichtbares Symbol der Kelten und ihrer Bedeutung für den Südwesten. In der Mitte Europas gelegen, gab es im 7. Jahrhundert vor Christus wohl nur wenige vergleichbare Orte. In den Historien des griechischen Geschichtsschreibers Herodot lokalisiert er eine an der Donau gelegene Stadt namens Pyrene. Ist die Heuneburg mit der legendären Stadt identisch, wäre sie damit die älteste historisch erwähnte Stadt nördlich der Alpen. In ihrer Blütezeit zwischen 650 und 450 vor Christus hatte sie eine zentrale Bedeutung für Handel und Kultur der Kelten in Mittel- und Nordeuropa. Mehrere tausend Menschen sollen dort zur Hochzeit gelebt haben, eine für die damalige Zeit spektakuläre Größe.
„Wie die archäologischen Fundstätten, sollen auch die Museen im Land in die Keltenkonzeption eingebunden werden“, erläutert Staatssekretärin Olschowski, „allen voran das Landesmuseum Württemberg in Stuttgart mit seiner großartigen Kelten-Sammlung und das Archäologische Landesmuseum.“
Jahrelanges ehrenamtliches Engagement gewürdigt
Gleichzeitig sei es der Landesregierung sehr wichtig, auch die jeweiligen Regionen einzubinden, so Ministerpräsident Kretschmann: „Die Keltenkonzeption bietet auch die Chance einer gezielten kulturellen Förderung des ländlichen Raums.“ Ministerpräsident Kretschmann würdigt außerdem das ehrenamtliche Engagement, das hier vor Ort über viele Jahre erbracht worden ist. „Dieser Einsatz verdient hohen Respekt. Und wir zählen darauf, dass die zahlreichen Aktiven, soweit möglich, auch künftig tatkräftig mitwirken, wenn es darum geht, das kulturelle Erbe der Kelten erlebbar und erfahrbar zu machen.“
Publikumswirksame Inszenierung für breites Interesse
Es handele sich dabei um ein Projekt der gesamten Landesregierung, betonte der Ministerpräsident. Zur Vernetzung der wichtigen Keltenstätten in Baden-Württemberg gehörten auch ein landesweites Tourismus-Konzept und eine überzeugende Werbekampagne. Darüber hinaus gelte es, schulische und außerschulische Vermittlungsangebote zu den Kelten in Baden-Württemberg zu entwickeln, für Kinder, Erwachsene, Familien und Kulturinteressierte aus aller Welt.
Um ein möglichst breites Interesse zu wecken, soll das archäologisch kulturgeschichtliche Kernthema der Kelten publikumswirksam inszeniert und um interaktive und handlungsorientierte Angebote erweitert werden. Regelmäßige Sonderveranstaltungen sollen dazu beitragen, dass die verschiedenen Orte miteinander vernetzt werden und für die Besucherinnen und Besucher auf Dauer attraktiv sind. Insbesondere die Angebote rund um das Geländedenkmal Heuneburg sollen auch auf den Wander- und Radtourismus entlang der Donau hin abgestimmt werden. In der sie umgebenden keltischen Kulturlandschaft sollen Gastronomie, Übernachtungsmöglichkeiten und Dienstleistungen auf das erweiterte Vermittlungs- und Erlebnisangebot hin angepasst werden.
Hervorgehen soll die neue Erlebniswelt Heuneburg aus den derzeit zwei Museumsstandorten vor Ort, dem landeseigenen Freilichtmuseum und dem kommunalen Museum in Herbertingen. Die unmittelbar an die Heuneburg angrenzende Staatsdomäne Talhof eignet sich grundsätzlich für die Realisierung dieses Projekts.
Im Jahr 2020 sollen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg die Trägerschaft für die Heuneburg übernehmen, so die Staatssekretärin. Das Landesamt für Denkmalpflege bleibe für die wissenschaftliche Betreuung und die Grabungen fachlich verantwortlich. Welche Kosten aus der neuen Keltenkonzeption entstehen würden, lasse sich derzeit noch nicht abschätzen. Dies hänge davon ab, wie viele Fund- und Ausstellungsstätten in welchem Umfang letztlich weiterentwickelt würden. Für den Ausbau und Betrieb der Erlebniswelt auf der Heuneburg werde zusätzlich von einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag auszugehen sein.
Wissenschaftliche Forschung und Publikumsnähe verbinden
„Der Blick auf die faszinierende Lebenswelt der Kelten eröffnet gerade in der heutigen Zeit eine wirkungsmächtige Erzählung unserer Kulturgeschichte, die einen starken Ankerpunkt im europäischen Selbstverständnis darstellt“, sagt Olschowski. „Diese Geschichte, die viele Themen unserer Zeit spiegelt – wie Mobilität, Zuwanderung, Einheit in Vielfalt –, aus heutiger Perspektive zu ergründen und zu erzählen, kann ein spannender Baustein eines offenen, pluralen und nationenübergreifenden Identitätsgedankens sein.“
Entscheidend sei es dabei, sowohl der wissenschaftlichen Forschung als auch einer publikumsnahen Vermittlung gleichermaßen Raum zu geben und beides stärker als bisher miteinander zu verbinden.
Überblick keltischer Stätten in Baden-Württemberg
Nachfolgend ein Überblick der Landesdenkmalpflege über bedeutende keltische Stätten in Baden-Württemberg, deren Eignung für eine mögliche Einbindung in eine Gesamtkonzeption „Banden-Württemberg und seine Kelten“ untersucht wird:
- Die Heuneburg bei Herbertingen, mit den zugehörigen Denkmalen im Umfeld
- Hohenasperg und Umland mit Eberdingen-Hochdorf
- Der Heidengraben
- Der Ipf bei Bopfingen und sein Umfeld
- Magdalenenberg mit Franziskanermuseum in Villingen-Schwenningen
- Breisach mit Umland
- Heiligenberg bei Heidelberg
- Nagold
- Rosenstein-Mittelberg-Hochberg-Massiv bei Heubach
- Oppidum Finsterlohr bei Creglingen
- Keltisch-germanische Siedlungslandschaft mittleres Taubertal bei Lauda-Königshofen
- Oppidum Tarodunum bei Kirchzarten
- Keltisches Bergbaugebiet und Befestigung bei Neuenbürg
- Kappel am Rhein
- Oppidum Jestetten-Altenburg
- Frührömisches Militärlager Küssaberg-Dangstetten
Kelten und Keltisches in Baden-Württemberg
Die Kelten sind die erste historisch erwähnte Kulturgruppe nördlich der Alpen und stehen damit am Anfang der (Schrift-) Geschichte Mitteleuropas. In Baden-Württemberg liegen einige der bedeutendsten Fundstätten.
Die keltischen Kulturen bildeten sich im 7. und 6. Jahrhundert vor Christus im Raum zwischen Burgund und Württemberg heraus und verbreiteten sich von hier aus über nahezu ganz Europa. Sie bestimmten die Geschichte Südwestdeutschlands bis ins 1. Jahrhundert vor Christus.
Zwischen 70 und 50 vor Christus kam die keltische Kultur im Gebiet des heutigen Baden-Württembergs weitestgehend zum Erliegen, einerseits bedingt durch die Einwanderung germanischer Gruppen (Sueben) von Nordosten, andererseits durch die Expansion des Römischen Imperiums bis zum Rhein. Erst im 1. und 2. Jahrhundert nach Christus dürfte es im Schutz des römischen Militärs zu einer dichteren Wiederbesiedlung der Regionen zwischen Rhein und Neckar gekommen sein, wobei die historischen und archäologischen Quellen dafür sprechen, dass es sich bei diesen Siedlern nicht um Italiker beziehungsweise Römer, sondern ganz überwiegend um Gallier, also romanisierte Kelten aus den Gebieten westlich des Rheins handelte.