Beim achten Spitzengespräch der Wohnraum-Allianz Baden-Württemberg wurde das neue Gutachten zur Feststellung angespannter Wohnungsmärkte vorgestellt. Es liefert wichtige Erkenntnisse für eine neue Verordnung zur Mietpreisbremse. Zudem befasste sich das Bündnis mit dem Thema Bürgerbeteiligung und der künftigen Wohnraumförderung.
Im Rahmen des achten Spitzengesprächs der Wohnraum-Allianz Baden-Württemberg unter Leitung von Wirtschafts- und Wohnungsbauministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut wurde das neue Gutachten zur Feststellung angespannter Wohnungsmärkte vorgestellt. Darüber hinaus befasste sich das Bündnis gemeinsam mit der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Gisela Erler mit dem Thema Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie sowie der konkreten Ausgestaltung des Programms „Wohnungsbau BW 2020/2021“. Die Wohnungsbauministerin stellte in diesem Rahmen zudem ihre Pläne zur weiteren Umsetzung ihrer Wohnraumoffensive vor.
Gutachten zur Feststellung angespannter Wohnungsmärkte
Das von der L-Bank in Auftrag gegebene Gutachten zur Identifizierung von Gebieten im Land mit angespannten Wohnungsmärkten wurde von der F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt erstellt. „Das Gutachten liefert wichtige Erkenntnisse für das anstehende Verordnungsverfahren zur Mietpreisbremse, das wir nun vorantreiben werden“, so die vorläufige Einschätzung der Ministerin. Damit liege nun neben einer umfassenden Auswertung des Datenmaterials aller Gemeinden in Baden-Württemberg zur Situation der Wohnungsmärkte eine gute Grundlage für die Festlegung der neuen Gebietskulisse vor.
Die Gutachter schlagen in Anknüpfung an die im Bürgerlichen Gesetzbuch beispielhaft genannten Kriterien zur Ermittlung angespannter Wohnungsmärkte fünf Indikatoren vor. Diese werden untereinander gleich gewichtet, wobei die Erfüllung von vier dieser fünf Indikatoren in einer Gemeinde zur Aufnahme in die von den Gutachtern befürwortete Gebietskulisse führt. Im Ergebnis wird eine Ausweitung der Gebietskulisse von bisher 68 auf künftig 88 Gemeinden vorgeschlagen. „Wir werden das Gutachten intensiv prüfen und auch in der nächsten Sitzung der Arbeitsgruppe ‚Miet- und Wohnungsrecht‘ Anfang November eingehend erörtern.“ Ziel sei es, die neue Verordnung möglichst zeitnah zu erlassen. „Es ist mir wichtig, dass bei der Mietpreisbremse Rechtssicherheit besteht“, erklärte die Ministerin.
Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie
Zudem befasste sich das Bündnis mit Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie. In der Sitzung war die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Gisela Erler zu Gast, die einen Vortrag zum Thema hielt.
Derzeit werden im Zuge der laufenden Evaluation der Gemeindeordnung durch das Innenministerium auch die Rahmenbedingungen für Bürgerbegehren über-prüft. Die Evaluationsergebnisse werden Ende des Jahres vorliegen.
Wohnraumförderung
Auch das Landeswohnraumförderprogramm „Wohnungsbau BW 2020/2021“ stand auf der heutigen Agenda. „Dank der konstruktiven Arbeit der Wohnraum-Allianz ist es uns gelungen, weitere Stellschrauben für eine nochmalige Attraktivitätssteigerung des Programms zu identifizieren“, betonte die Ministerin. Insbesondere hob sie die empfohlene Erhöhung der berücksichtigungsfähigen Baukosten von 3.000 auf 3.500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche als Festbetrag hervor. „Die Baukosten steigen seit vielen Jahren kontinuierlich an. Das müssen wir auch in unserem Förderprogramm abbilden.“ Die Ministerin informierte das Gremium darüber, dass das neue Programm nicht wie geplant zum Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten kann. Ein wesentlicher Grund dafür seien die sich hinziehenden Verhandlungen des Bundes mit den Ländern über den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung mit den Ländern, mit der das Verfahren zur Gewährung der ab 2020 vorgesehenen Finanzhilfen des Bundes geregelt werden soll.
Ein positives Zwischenfazit zog Hoffmeister-Kraut mit Blick auf das aktuelle laufende Förderprogramm: Nach neun von zwölf Monaten, Stichtag 30. September, seien von den zur Verfügung stehenden 250 Millionen 161 Millionen Euro belegt. Die Zahl der Anträge für neu gebaute Sozial-Mietwohnungen übertreffe bereits nach neun Monaten die Förderergebnisse aus den Jahren 2018 und 2017. „Trotz der positiven Entwicklung ist aber klar, dass die bisherigen Instrumente weiter ergänzt werden und die nächsten Schritte folgen müssen, um den Mangel an Wohnraum zu beseitigen. Denn die Lücke zwischen Angebot und Bedarf ist weiterhin groß.“
Kommunalfonds Wohnraumoffensive BW
Die Ministerin stellte der Wohnraum-Allianz ihre Pläne zur weiteren Umsetzung der Wohnraumoffensive BW vor. Ein wesentliches Element dieses Maßnahmenpakets ist die – auch von der Wohnraum-Allianz befürwortete – vor wenigen Tagen in Kraft gesetzte Förderlinie „Wohnungsbau BW - kommunal“. Sie richtet sich an Städte und Gemeinden im Land, die selbst Mietwohnraum schaffen wollen. „Mit der neuen Förderlinie unterstützen wir Kommunen noch stärker beim Aufbau eines kommunalen Mietwohnungsbestandes. Denn Zuwendungen direkt an Kommunen können nach EU-Recht weit höher ausfallen als an privatwirtschaftliche Unternehmen. So können wir den Gemeinden künftig eine deutlich attraktivere Förderung anbieten als dies bisher der Fall ist“, so die Ministerin.
Im Zuge der Novellierung des Landeswohnraumförderungsgesetzes sollen außerdem die rechtlichen Voraussetzungen für die weitere Förderlinie „Wohnungsbau BW - Mitarbeiterwohnen“ geschaffen werden. „Damit unterstützen wir Unter-nehmen dabei, dringend benötige Fachkräfte zu gewinnen“, erklärte Hoffmeister-Kraut.
Zudem unterrichtete die Ministerin die Wohnraum-Allianz darüber, dass ihr Ministerium derzeit das Kompetenzzentrum Wohnen BW bei der Landsiedlung Baden-Württemberg einrichte, das als zusätzliche Anlaufstelle der Vernetzung, der Information und der ergänzenden Förderung dienen soll. „Die Idee ist, dass von dort Impulse gesetzt werden für die Gewinnung von Flächen insbesondere durch die Einrichtung eines Grundstücksfonds, gute Planungspraxis, Innovationen im Bau und die Aktivierung bestehenden Wohnraums“, so die Ministerin. Bereits im November 2019 soll eine Anhörung der Mitglieder der Wohnraum-Allianz zum Kompetenzzentrum Wohnen BW stattfinden. In Kürze sei außerdem ein Workshop zu möglichen innovativen modellhaften Vorhaben geplant, von denen ausgewählte eine Förderung erhalten könnten.
Besichtigung genossenschaftlicher Wohnprojekte und Austausch
Anknüpfend an ihre Delegationsreise nach Zürich im Frühjahr 2019 besichtigte die Wohnraum-Allianz im Anschluss an das Spitzentreffen in Stuttgart-Giebel Bauprojekte zum genossenschaftlichen Wohnen und tauschte sich mit Vertretern von Genossenschaften zu Potentialen der Wohnraumschaffung durch Genossenschaften aus. „Genossenschaften sind auch für die Zukunft ein Erfolgsmodell, denn sie tragen wesentlich zu einem guten sozialen Klima in unserer Gesellschaft sowie gu-ten Wohnstandards und intakten Städten und Gemeinden bei“, so Hoffmeister-Kraut. Das nächste Spitzentreffen der Wohnraum-Allianz wird im Februar 2020 stattfinden.
Wirtschaftsministerium: Gutachten zur Feststellung der angespannten Wohnungsmärkte