Das erste Bewerbungs- und Auswahlverfahren für die Landarztquote steht vor dem erfolgreichen Abschluss. Alle Bewerberinnen und Bewerber werden in den nächsten Wochen über den Erfolg ihrer Bewerbung informiert. Das Land setzt sich mit vielfältigen Maßnahmen gegen den Ärztemangel im ländlichen Raum ein.
Wenn im Herbst die Studienanfänger ihr erstes Semester aufnehmen werden, sind in diesem Jahr erstmalig auch Medizinstudierende nach der Landarztquote unter ihnen. Nach dem Landarztgesetz können 75 Medizinstudienplätze pro Jahr an Bewerbende vergeben werden, die sich für eine spätere Tätigkeit als Landärztin oder Landarzt verpflichten.
In der vergangenen Woche konnten nun die Auswahlgespräche des zweistufigen Bewerbungs- und Auswahlverfahrens beendet werden. Von rund 450 eingegangenen Bewerbungen wurden 171 Bewerberinnen und Bewerber vom zuständigen Landesgesundheitsamt zu den Auswahlgesprächen eingeladen. Die Auswahlgespräche wurden per Videokonferenz vor einer Auswahlkommission geführt. Zuständig für die Umsetzung der Landarztquote und das Bewerbungsverfahren ist das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart.
Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber
Gesundheits- und Sozialminister Manne Lucha zeigte sich über das Ergebnis der Auswahlgespräche erfreut: „Die Auswahlgespräche haben die sehr guten Referenzen der Bewerberinnen und Bewerber bestätigt. Wir haben die Möglichkeit hochqualifizierte Personen als künftige Landärztinnen und Landärzte zu gewinnen. Die ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber haben allesamt gemein, dass sie neben beeindruckenden Referenzen und Vorerfahrungen eine fachlich hochqualifiziert besetzte Auswahlkommission, bestehend aus Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern, Vertreterinnen und Vertretern aus der hausärztlichen Versorgung sowie Personen mit ärztlicher Sachkunde, von sich überzeugen konnten. Besonders hervorzuheben ist, dass alle Bewerberinnen und Bewerber sich sehr motiviert und engagiert gezeigt haben. Wir sehen hier viel Potential und sind überzeugt, dass die ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber zu sehr guten Hausärztinnen und Hausärzten ausgebildet werden.“
Regierungspräsident Wolfgang Reimer sagte dazu: „Wir brauchen auch in den nächsten Jahrzehnten gute und engagierte Ärztinnen und Ärzte auf dem Land. Wir kommen der wichtigen Aufgabe zur Umsetzung der Landarztquote sehr gerne nach. Mit dem Landesgesundheitsamt verfügt das Regierungspräsidium Stuttgart über die notwendigen fachlichen Voraussetzungen.“
Alle Bewerberinnen und Bewerber werden in den nächsten Wochen durch das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg Rückmeldung über den Erfolg ihrer Bewerbung erhalten.
Zusätzliche Studienplätze für mehr Hausärzte im ländlichen Raum
Die Landarztquote ist eine Vorabquote im Rahmen der Zulassung zum Studium der Humanmedizin in Baden-Württemberg und beruht auf dem Gesetz zur Unterstützung der Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Bereichen des öffentlichen Bedarfs in Baden-Württemberg (Landarztgesetz), das der Landtag von Baden-Württemberg am 4. Februar 2021 beschlossen hat. Ziel des Gesetzes ist die Unterstützung der Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in unterversorgten und von Unterversorgung bedrohten Gebieten in Baden-Württemberg.
Das Land hat neben der Vorabquote nach dem Landarztgesetz bereits eine Vielzahl von wirksamen Maßnahmen gestartet, um die ärztliche Versorgung auf dem Land auch in der Zukunft zu sichern.
Maßnahmen gegen Ärztemangel auf dem Land
- Mit dem Förderprogramm „Landärzte“ des Sozialministeriums engagiert sich Baden-Württemberg seit 2012 für die Sicherstellung einer zukunftsfähigen ambulanten medizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Diese Fördermaßnahme wirkt sofort und greift die Versorgungslage nach der jeweils aktuellen Bedarfsplanung auf. Das Programm richtet sich an Ärztinnen und Ärzte, die gezielt im ländlichen Raum eine hausärztliche Tätigkeit übernehmen wollen. Mittlerweile wurden mit insgesamt knapp 3,8 Millionen Euro verschiedene Projekte von Praxisübernahmen oder Neueinrichtungen von Hausarztpraxen wie auch Anstellungen von Ärztinnen oder Ärzten zur Verbesserung oder Erhaltung der hausärztlichen Versorgung gefördert. Mittlerweile bekamen 187 Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte jeweils bis zu 30.000 Euro, wenn sie sich in einer ländlichen und förderfähigen Gemeinde niedergelassen haben. In 2020 und 2021 wurden bereits 66 Förderanträge (2020: 50, 2021: 16) in einem Gesamtwert von 1,405 Millionen Euro bewilligt (2020: 1,045 Mio. Euro, 2021: 360.000 Euro).
- Auch mit der Strategie zur Digitalisierung in Medizin und Pflege unterstützt das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration mit Förderaufrufen Projekte und Initiativen zur Verbesserung der medizinischen und pflegerischen Versorgung im Land. Insbesondere telemedizinische Projekte wie docdirekt können dazu beitragen, eine medizinische Versorgung in den ländlichen oder strukturschwächeren Regionen zu unterstützen.
- Bereits zum Wintersemester 2020/21 hat das Land an den Medizinischen Fakultäten der Universitäten das neue Neigungsprofil „Ländliche Hausarztmedizin“ („Landarzt-Track“) eingeführt, das allen Studierenden offensteht und Zugänge zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Studium ermöglicht. Die Studierenden können in jedem Semester spezielle, inhaltlich aufeinander abgestimmte Ausbildungsmodule wählen. Dies motiviert für eine Tätigkeit im Ländlichen Raum. In den Kursen werden die Studierenden auch mit regionalen Akteuren wie etwa Hausärztinnen und Hausärzten, regionalen ambulanten und stationären Versorgungszentren sowie Gemeinden, Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie Landrätinnen und Landräten zusammengebracht.
- Zur besseren Abstimmung der akademischen Ausbildung mit den konkreten Anforderungen aus der Versorgung werden auch neue Strukturen der regionalen Vernetzung etabliert:
Eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie mit Beteiligung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration und des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat hierfür ein Konzept für die Etablierung von „Regionen für ärztliche Ausbildung“ sowie die verstärkte Einbindung besonders leistungsfähiger Kooperationspartner vorgelegt. Die Arbeitsgruppe umfasste die Medizinischen Fakultäten Baden-Württembergs, Expertinnen und Experten aus dem Fachbereich Allgemeinmedizin, Studierendenvertreter, Vertreterinnen und Vertreter der Versorgungsseite (zum Beispiel Krankenhäuser, niedergelassene Ärzteschaft), des Öffentlichen Gesundheitsdiensts und des Berufsrechts (Landesärztekammer) sowie der Kommunalen Landesverbände.
Als Koordinatoren für die „Regionen für ärztliche Ausbildung“ fungieren dabei die Medizinischen Fakultäten in Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Tübingen und Ulm, die für ihre jeweilige Region besondere Verantwortung übernehmen.
Über diese regionalen Strukturen wird auch die Vernetzung mit den akademischen Lehrkrankenhäusern und Lehrpraxen als regionalen Partnern weiter gestärkt: Leistungsstarke Lehrkrankenhäuser sollen zusätzliche Aufgaben in der medizinischen Aus-, Fort- und Weiterbildung übernehmen.
- Die Medizinischen Fakultäten nutzen die neuen gesetzlichen Vorgaben zur Studierendenauswahl mit Blick auf die verstärkte Profilbildung Allgemeinmedizin / regionale Versorgung und stimmen Auswahl und Profilangebote aufeinander ab. Die Medizinischen Fakultäten führen Absolventenstatistiken, die auch Aussagen darüber erlauben, wie viele ihrer Absolventinnen und Absolventen eine Tätigkeit in ländlichen Regionen Baden-Württembergs aufnehmen.
- Die vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst vorangebrachte Akademisierung der Gesundheitsfachberufe wird die Versorgung der Menschen im ländlichen Raum ebenfalls qualitativ verbessern, indem das Fachkräftepotenzial in allen Regionen des Landes erweitert wird.
- Auch über den Kabinettsausschuss Ländlicher Raum fördert das Land ein auf die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung ausgerichtetes Projekt des baden-württembergischen Gemeindetags, des Hausärzteverbands und Genossenschaftsverbands. Mit dem Projekt soll modellhaft erprobt werden, medizinische Versorgungszentren in Form von Genossenschaften zu gründen, um sich beispielsweise Arbeit und Praxisräume zu teilen und auch bürokratische Lasten zu verringern.
- Mit dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) hat das Land ein umfassendes Förderangebot für die strukturelle Entwicklung ländlich geprägter Dörfer, Gemeinden und Städte geschaffen. Lebendige Ortskerne zu erhalten, zeitgemäßes Leben und Wohnen zu ermöglichen, eine wohnortnahe Versorgung zu sichern sowie zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen sind hierbei die zentralen Ziele. Zu den Einrichtungen der Grundversorgung können auch Ärztinnen und Ärzte zählen. So können Landärztinnen und Landärzte über das ELR bei der Umsetzung investiver Maßnahmen in und an den Praxisräumlichkeiten gefördert werden.