Mit der Aktion „Einheitsbuddeln“ zum Tag der Deutschen Einheit sollen Millionen neuer Bäume gepflanzt werden – auch von Bürgerinnen und Bürgern. Wir haben mit dem Chef des Nationalparks Schwarzwald über die Aktion und die Bedeutung von Wald für den Klimaschutz gesprochen.
Die Feier zum Tag der Deutschen Einheit findet in diesem Jahr in Kiel statt. Das Land Schleswig-Holstein hat dies zum Anlass genommen die Aktion „Einheitsbuddeln“ ins Leben zu rufen. Dabei sollen zum 3. Oktober alle Bürgerinnen und Bürger Deutschlands einen Baum pflanzen – am besten als Tradition jedes Jahr. Dr. Wolfgang Schlund leitet den Nationalpark Schwarzwald. Im Interview spricht er darüber, was er von der Baumpflanzaktion hält und welche Bäume zu seinen Favoriten zählen.
Wie finden Sie die Aktion „Einheitsbuddeln“ zum Tag der Deutschen Einheit?
Dr. Wolfgang Schlund: Die Aktion „Einheitsbuddeln“ ist eine gute Idee, die Bedeutung von Bäumen und Wäldern im Hinblick auf Klimaschutz, Naturschutz, aber auch für das Wohlbefinden jedes Einzelnen in den öffentlichen Fokus zu stellen. Wichtig ist, dass dabei auch vermittelt wird, welche Baumarten wo gepflanzt werden sollen: nämlich heimische Baumarten auf den dazu passenden Böden und unter Berücksichtigung der dortigen klimatischen Bedingungen. Die Natur selbst zeigt uns das am besten auf. Deshalb ist neben dem Pflanzen von Bäumen der Schutz von großen Waldflächen, auf denen Bäume so keimen und wachsen können, wie es die Natur von sich aus vorsieht, ebenso wichtig.
Wie viele Bäume stehen etwa im Nationalpark Schwarzwald?
Schlund: Es sind circa vier Millionen. Bei dieser Schätzung sind Bäume ab einer Höhe von 15 Metern berücksichtigt. Die Zahl der Bäume ist um ein Vielfaches höher, wenn auch Keimlinge und junge Bäume mitgezählt werden.
Werden im Nationalpark Schwarzwald auch mal neue Bäume gepflanzt?
Schlund: Das vorrangige Ziel im Nationalpark ist, die Natur Natur sein zu lassen. Dem folgend werden in den Kernzonen weder Bäume gepflanzt, noch entnommen. Schließlich weiß die Natur selbst am besten, welche Bäume wo wachsen können, und das Samenpotential ist in unseren Wäldern immens. Auf kleinen Flächen der Managementzone, auf denen lange vor der Gründung des Nationalparks nicht standorttypische Bäume gepflanzt wurden, pflanzen wir gelegentlich Buchen und Tannen, die aus Samen stammen, die im Nationalpark gesammelt wurden.
Vor welchen Herausforderungen steht der Nationalpark Schwarzwald und die Gesundheit des Waldes aktuell und in Zukunft?
Schlund: Wenn es uns Menschen nicht gelingt, in naher Zukunft die menschengemachte Erderwärmung zu stoppen, dann wird sich die begonnene Veränderung der Wälder zunehmend fortsetzen. Daraus ergibt sich für uns im Nationalpark Schwarzwald keine Besorgnis um die Gesundheit unseres Waldes oder gar ein Handlungszwang. Der Wald selbst wird uns mit seiner Veränderung seinen Umgang mit den Klimaveränderungen aufzeigen. Wir werden zuschauen und daraus lernen.
Gibt es Bäume, die besser sind für den Klimaschutz als andere?
Schlund: Jeder Baum, der durch sein Wachstum CO2 aus der Luft entnimmt, den Kohlenstoff in seinem Holz bindet und Sauerstoff wieder freisetzt, ist gut für den Klimaschutz. Wenn er das möglichst lange und ungestört machen darf, umso besser. Denn altwerdende Bäume und Wälder leisten dann neben dem Klimaschutz noch eine wichtige Aufgabe im Naturschutz, in dem sie Lebensraum für viele einheimische Pilz-, Pflanzen- und Tierarten bieten. Und nicht zu vergessen: Gibt es etwas schöneres, als einen Spaziergang in einem wilden, urwüchsigen Wald?
Haben Sie einen Lieblingsbaum? Wenn ja, warum genau diesen?
Schlund: Der Nationalpark Schwarzwald ist ein Tannennationalpark. Dem zufolge sollte für mich als Leiter des Nationalparks die Tanne der Lieblingsbaum sein. Und in der Tat mag ich diesen imposanten, stattlichen Baum, der mehrere Hundert Jahre alt werden kann, Lebensraum für eine riesige Zahl von Insekten bietet und in seiner Mächtigkeit den Inbegriff des Schwarzwaldes darstellt. Mein Lieblingsbaum ist aber kleiner, auch zarter. Es ist die Birke. Und das schon seit meiner Kindheit, denn die alte Birke vor meinem Elternhaus hat mich durch meine Kindheit und Jugend begleitet und sicherlich so manches dazu beigetragen, dass ich so wurde, wie ich heute bin.
Die Natur Natur sein lassen
Es gibt in Deutschland viele Schutzgebiete, die unterschiedliche Schutzziele und Größen haben. Nationalparks gehören zu den sogenannten Großschutzgebieten und unterscheiden sich von anderen Schutzgebieten vor allem durch den sogenannten Prozessschutz. Das bedeutet, dass der Mensch auf bis zu 75 Prozent der Fläche, der Kernzone genannt wird, Natur Natur sein lässt. Er greift nicht mehr in die Naturentwicklung ein und wird zum bloßen Beobachter der natürlich ablaufenden Prozesse.
Nur auf etwa einem Viertel der Fläche eines Nationalparks dürfen dauerhaft Maßnahmen durchgeführt werden. Hier wird zum Schutz umliegender Wälder beispielsweise das Borkenkäfer- und Wildtiermanagement betrieben. Auch besondere ökologische Systeme, wie Moore und Grinden, gehören zu den Flächen, in denen der Mensch zum Zweck des Arten- und Biotopschutzes dauerhaft eingreift.
Der Nationalpark Schwarzwald ist der erste und bisher einzige Nationalpark Baden-Württembergs und besteht seit dem 1. Januar 2014. Der Park hat eine Gesamtfläche von 10.062 Hektar.
„Mein Baum fürs Land“
Schleswig-Holstein richtet in diesem Jahr die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit aus. Anlässlich des Feiertags hat das nördlichste Bundesland die Aktion „Einheitsbuddeln“ ins Leben gerufen. „Stell dir vor, am 3. Oktober würde jeder Mensch in Deutschland einen Baum pflanzen. 83 Millionen. Jedes Jahr. Ein neuer Wald. Für das Klima. Und für dich und deine Familie. Für unsere Zukunft“, lautet das Motto der Aktion.
In Baden-Württemberg wird die Baumpflanzaktion unter dem Namen „Mein Baum fürs Land“ beworben. Pflanztermine in verschiedenen Regionen des Landes sowie mögliche Pflanzorte finden Sie im bundesweiten Internetportal „Treffpunkt Wald“.
Reportage: Unterwegs im Nationalpark Schwarzwald