Antisemitismus

Leitfaden für die Verfolgung antisemitisch motivierter Straftaten vorgestellt

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Ein Zaun steht vor der Synagoge der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Stuttgart. (Bild: Sebastian Gollnow / dpa)

Das Justizministerium hat einen Leitfaden für die Verfolgung antisemitisch motivierter Straftaten vorgestellt.

Die Zahl antisemitisch motivierter Straftaten in Deutschland und auch in Baden-Württemberg steigt. Anfeindungen von Jüdinnen und Juden – nicht nur im virtuellen Raum und in den sozialen Medien – haben in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen. Die Justiz in Baden-Württemberg tritt dem entschieden entgegen.

Um die Staatsanwaltschaften bei der Aufdeckung und Verfolgung antisemitisch motivierter Straftaten bestmöglich zu unterstützen, haben die Antisemitismusbeauftragten der Generalstaatsanwaltschaften Karlsruhe und Stuttgart nun einen Leitfaden „Verfolgung antisemitisch motivierter Straftaten in Baden-Württemberg“ erarbeitet. Darauf wies die Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges gemeinsam mit den beiden Generalstaatsanwälten des Landes, Achim Brauneisen (Stuttgart) und Peter Häberle (Karlsruhe), hin.

Ministerin Gentges sagte: „In den Anstrengungen bei der Bekämpfung des Antisemitismus in jeglicher Erscheinungsform dürfen wir nicht nachlassen. Ebenso gilt es stetig zu überprüfen, ob wirklich alles getan wird, was möglich ist, um ein weiteres Anwachsen des Antisemitismus zu verhindern.“

Sammlung von Indikatoren für ein antisemitisches Tatmotiv

Mit dem Leitfaden wird die Bekämpfung des Antisemitismus als wichtiger Handlungsschwerpunkt der Strafverfolgung deutlich. Dieser soll künftig den Strafverfolgern dabei helfen, eine judenfeindliche Motivation bei Straftaten noch besser zu erkennen. Nur wenn antisemitisch motivierte Taten auch als solche identifiziert werden, kann die Justiz darauf mit allen gebotenen staatlichen Mitteln und mit hoher Priorität reagieren. Der Leitfaden stellt hierzu in einer umfangreichen Sammlung Indikatoren für eine mögliche antisemitische Tatmotivation zusammen.

Daneben dokumentiert der Leitfaden auch Standards, die bei den strafrechtlichen Ermittlungen in Bezug auf antisemitisch motivierte Straftaten zu beachten sind. „Insgesamt stellt der Leitfaden somit eine umfassende Zusammenstellung der für die Bekämpfung dieses bedeutenden Kriminalitätsbereichs relevanten Faktoren dar“, führte Generalstaatsanwalt Peter Häberle aus. Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen betonte: „Mit dem Leitfaden wollen wir auch ein Zeichen setzen; wir stehen gegen jede Form von Hass und Anfeindungen an der Seite der Jüdinnen und Juden!“

Wichtiges Werkzeug, um antisemitische Straftaten besser zu erkennen

Der Beauftragte der Landesregierung gegen Antisemitismus, Dr. Michael Blume, begrüßte die Veröffentlichung des Leitfadens: „Die digitale Radikalisierung bewirkt einen Anstieg von Antisemitismus in unserem Land, daher danke ich gemeinsam mit den jüdischen Gemeinden für die Veröffentlichung des Leitfadens. Dadurch erhält die Justiz ein profundes Werkzeug, um antisemitische Straftaten besser als solche zu erkennen. Es braucht einen wehrhaften Rechtsstaat um unsere gemeinsame Zukunft zu beschützen.“ 

Nach der seit dem Jahr 2018 geführten, bundeseinheitlichen Statistik „Hasskriminalität“ stellt sich die Entwicklung der Fallzahlen aller antisemitisch motivierten Straftaten in Baden-Württemberg wie folgt dar:

Jahr 2018 2019 2020
Anzahl 132 206 325

Volksverhetzung und Gewaltdarstellung mit größtem Anteil

Innerhalb dieser absoluten Zahlen nehmen durchgängig Straftaten der Volksverhetzung beziehungsweise der Gewaltdarstellung den größten Anteil ein (2018: 70, 2019: 112, 2020: 173). Die Fallzahl der antisemitisch motivierten Beleidigungsdelikte hat sich von sieben im Jahr 2018 auf 19 im Jahr 2020 – wenn noch auf niedrigerem Niveau – nahezu verdreifacht.

Auf Anregung des damaligen Justizministers Guido Wolf wurden bei den Generalstaatsanwaltschaften Karlsruhe und Stuttgart zum 1. Juli 2019 jeweils Antisemitismusbeauftragte bestellt. Diese wirken zum einen auf eine einheitliche staatsanwaltschaftliche Strafverfolgungspraxis in diesem Deliktsbereich hin und nehmen die Aufgaben einer zentralen Fortbildungs- und Koordinierungsstelle für die staatsanwaltschaftliche Praxis wahr. Zum anderen stehen die Beauftragten jüdischen Einrichtungen und Behörden im In- und Ausland beispielsweise den Israelitischen Religionsgemeinschaften Baden und Württemberg sowie dem Beauftragten der Landesregierung gegen Antisemitismus als zentrale Ansprechpartner für Fragen der strafrechtlichen Verfolgung antisemitisch motivierter Straftaten zur Verfügung. Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe ist Oberstaatsanwältin Ilona Finger. Bei der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart übt Oberstaatsanwalt Florian Steinberg dieses Amt aus.

Demokratiezentrum Baden-Württemberg: Meldestelle Antisemitismus

Weitere Meldungen

Bevölkerungsschutz Auszeichnung
Bevölkerungsschutz

35 ehrenamtsfreundliche Arbeitgeber ausgezeichnet

Polizeikräfte bei einem Einsatz im Fußballstadion.
Polizei

Polizeipräsidium Stuttgart sichert friedliches Europa League-Spiel

Richter im Landgericht Stuttgart
Justiz

Neues KI-Tool für die Justiz

Eine junge Frau mit gelbem Pullover hält ein Smartphone in der Hand.
Digitalisierung

Ausweis auf dem Handy ab 2. Januar 2027

Weg im ländlichen Raum
Flurneuordnung

Ländliche Wege in zwölf Kommunen modernisiert

Fachliteratur zum Thema „Recht“ ist an einem Stand beim Deutschen Anwaltstag in Stuttgart zu sehen. (Bild: dpa)
Studium

Jura-Bachelor an allen Universitäten im Land möglich

Die Schüler Johannes (l.) und Felix (r.), ein Junge mit Down-Syndrom, sitzen in der Gemeinschaftsschule Gebhardschule in Konstanz an einem Klassentisch beim Malen. (Foto: © dpa)
Inklusion

Land fördert Inklusionsprojekte für Kinder und Jugendliche

Eine ausländische Schülerin füllt während eines Deutschkurses ein Arbeitsblatt aus. (Foto: © dpa)
Schule

Sprachbildung an Schulen wird intensiviert und verbindlich

Eine muslimische Einwanderin sitzt mit anderen Personen am Tisch und schaut sich während des Englischunterrichts Blätter mit Grammatikaufgaben an.
Integration

Baden-Württemberg erneuert Pakt für Integration

Eine Hand greift nach einem digitalen Paragrafen
Justiz

Land schließt Einführung der eAkte in der Justiz ab

Kabinettssitzung in der Villa Reitzenstein in Stuttgart
Landesregierung

Bericht aus dem Kabinett vom 9. Dezember 2025

Ein Schild mit der Aufschrift „Flüchtlingserstaufnahmestelle“, im Hintergrund ein Fahrzeug an einer Einfahrt.
Migration

Kabinett billigt Pläne für Landeserstaufnahme in Stuttgart-Weilimdorf

Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges im kindgerechten Vernehmungszimmer am Amtsgericht Karlsruhe
Justiz

Kindgerechtes Vernehmungszimmer vorgestellt

Paragrafen-Symbole an Türgriffen (Foto: dpa)
Justiz

eVerwaltungsakte landesweit eingeführt

#einervonuns
Polizei

Polizeibeamter verstirbt nach schwerem Verkehrsunfall in Titisee-Neustadt