Wissenschaftsministerin Theresia Bauer ist auf Sommertour zum Thema Klimaschutz und Energiewende in Wissenschaft und Forschung in Baden-Württemberg. Sie besucht Hochschulen und Projekte in Biberach, Reutlingen, Freiburg und Ulm.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer stellt ihre diesjährige Sommertour unter das Thema Klimaschutz und Energiewende. In der Woche vom 5. bis 9. September 2022 besucht sie Hochschulen und Projekte in Biberach, Reutlingen, Freiburg und Ulm. Die Ministerin informiert sich unter anderem über den klimaneutralen Campus, Klimaschutzkonzepte und Forschungsprojekte, tauscht sich zur Reduktion von klimaschädlichen Narkosegasen im Krankenhaus aus, besucht das Reallabor „Klimaneutrales Reutlingen“ und das Klimalabor in Freiburg und trifft den ersten vom Land geförderten Klimaschutzmanager an der Hochschule Biberach.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hat am Montag, 5. September 2022, in Ulm ihre Sommertour zu dem Themen Klimaschutz und Energiewende gestartet: „Unsere Hochschulen und Universitätskliniken sind Pioniere für den Klimaschutz. Sie haben neue Möglichkeiten der Reduzierung von Narkosegasen entwickelt, wodurch bis zu 35 Prozent der Kohlenstoffdioxid(CO2)-Emissionen in Krankenhäusern einspart werden kann“, sagte Theresia Bauer in Ulm. „An den Hochschulen und Universitätskliniken entstehen stetig innovative Ideen, auf die unsere Gesellschaft dringend angewiesen ist, um die Energiewende schneller zu schaffen und die großen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.“
Einsparung klimaschädlicher Narkosegase
Im neuen Trainingshospital TTU zeigten Ärztinnen und Ärzte des Uniklinikums Ulm der Ministerin, wie klimaschädliche Narkosegase durch klimafreundlichere Alternativen eingespart werden können. Das Lehrgebäude der Medizinischen Fakultät verfügt über Simulationsräume, in denen die Behandlung von Patientinnen und Patienten realitätsnah und authentisch dargestellt werden kann. „Unser Ziel ist es, Emissionen zu senken bei gleichzeitiger maximaler Sicherheit für unsere Patientinnen und Patienten“, sagte Professor Dr. Udo X. Kaisers, Leitender Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Uniklinikums.
Einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz könnte eine neuartige, erstmals an der Universität Ulm umgesetzte Destillationsanlage leisten: Die so genannte Multiple Trennwandkolonne halbiert den Energieverbrauch bei der Destillation, einem Schlüsselprozess der Chemischen Industrie. „Durch ihre Forschung trägt die Universität Ulm zur Lösung großer gesellschaftlicher Herausforderungen bei – insbesondere zur Bewältigung der Energiewende. Mit dem bundesweit einzigen Batterie-Exzellenzcluster und starken Partnern wie dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung hat sich die Ulmer Wissenschaftsstadt zu einem weltweit führenden Zentrum der Energieforschung entwickelt“, betonte Professor Michael Weber, Präsident der Universität Ulm. Gemeinsam mit der Ministerin besuchte er zudem Beispiele für nachhaltigen Universitätsbau wie das neue Barbara Mez-Starck-Haus.
Klimaschutz- und Nachhaltigkeitskonzepte für das Industrie- und Gewerbegebiet Donautal
Über den Uni-Campus hinaus entwickeln Ulmer Forschende in Zusammenarbeit mit Arbeitgebern, Beschäftigten sowie weiteren Partnern Klimaschutz- und Nachhaltigkeitskonzepte für das Industrie- und Gewerbegebiet Donautal – und zwar in den Bereichen Energie, Mobilität, Bildung sowie Infrastruktur. Das Wissenschaftsministerium fördert das Reallabor „Klima Connect Industriegebiet Donautal“ (KliConn), das ebenfalls bei der Sommertour vorgestellt wurde, mit rund einer Million Euro.
Die Wissenschaftsministerin informierte sich zudem an der Universität Ulm über die Biodiversitäts- und Resilienzforschung. Anhand des sprechenden Baums „Berti“ im Botanischen Garten verdeutlichten Uni-Biologen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur. Außerdem wurden Projekte aus der Bienenforschung vorgestellt.
„Beim Klimaschutz brauchen wir nicht nur ambitionierte Ziele, sondern viele wache Augen und kreative Köpfe, die Chancen erkennen und schnelle Lösungen vorschlagen, damit wir auch im Alltag rasch große Schritte in Richtung Klimaschutz gehen. Die Ulmer Wissenschaftler an der Universität und am Uniklinikum sind hier schon einen großen Schritt voraus“, sagte Theresia Bauer.
Ihre Sommertour zum Thema Klimaschutz und Energiewende in Wissenschaft und Forschung führte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer am Dienstag, 6. September 2022, nach Reutlingen. Hier informierte sie sich an der Hochschule und bei der Stadtverwaltung über das Reallabor „Klimaneutraler Konzern Stadt Reutlingen“.
„Klimagerechte Mobilität und Stadtentwicklung oder der schonende Verbrauch von Ressourcen sind von größter Relevanz für unsere Gesellschaft. Sie spielen daher auch in der Forschung eine essentielle Rolle“, sagte Ministerin Theresia Bauer am Dienstag in Reutlingen. „Die Reallabore als baden-württembergisches Erfolgsmodell können hier einen wichtigen Beitrag leisten. Mit dem Ziel der Klimaneutralität bis spätestens zum Jahr 2040 leistet die Hochschule Reutlingen zusammen mit der Stadt Reutlingen einen wichtigen Beitrag zu einer klimafreundlichen Zukunft.“
Sechs Millionen Euro für fünf Reallabore
Mit der Förderung von fünf Reallaboren Klima führte das Wissenschaftsministerium im letzten Jahr die Förderung von Reallaboren „made in BW“ mit insgesamt sechs Millionen Euro über eine erstmalige Laufzeit von drei Jahren fort. „Unser Ziel ist es, die Kooperation und den Austausch von Hochschulen mit Partnern aus lokaler Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft zu stärken. Gemeinsam und unter wissenschaftlichem Blinkwinkel sollen sie umsetzbare Lösungen erarbeiten, um Klimaneutralität voranzubringen“, sagte die Ministerin.
Oberbürgermeister Thomas Keck betonte: „Das Erreichen von Klimaneutralität ist eine große Herausforderung, bei deren Bewältigung wir keine Zeit zu verlieren haben. Das Meistern dieser Herausforderung wird uns gelingen, wenn wir uns dieser Aufgabe gemeinsam stellen. Wenn Verwaltungen, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenarbeiten und gemeinsam Lösungen entwickeln. Wenn wir unsere Expertisen bündeln, Synergieeffekte nutzen, Erfahrungen austauschen und voneinander lernen. Wenn wir Erkenntnisse der Forschung bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in der Praxis nutzen und Erkenntnisse aus der Praxis in die Forschung integrieren. Das Reallabor ermöglicht uns das und ist darum ein zentraler Baustein in der Reutlinger Klimaschutzstrategie.“
„An der Hochschule Reutlingen lehren und forschen wir intensiv zu den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Uns ist es wichtig, als verlässlicher Partner an der Seite der Stadt Reutlingen zu stehen und diese mit unseren besten Köpfen aus Wissenschaft und Forschung zu unterstützen“, sagte Prof. Dr. Hendrik Brumme, Präsident der Hochschule Reutlingen.
Reallabor „Klimaneutraler Konzern Stadt Reutlingen“
Die Stadt Reutlingen strebt bis zum Jahr 2040 Klimaneutralität an. Im Klima-RT-LAB soll der dafür erforderliche Transformationsprozess erforscht, begleitet und unterstützt werden. Bezogen auf die vier Handlungsfelder Energieversorgung, Gebäude und Betriebe, Mobilität sowie Organisieren und Handeln fokussiert das Vorhaben die Forschungsfragen: Wie sollte der Transformationspfad gestaltet werden, auf dem Städte Klimaneutralität erreichen und wie vollzieht sich der dazu notwendige Institutionalisierungsprozess vor dem Hintergrund der Vielzahl und Diversität der beteiligten Akteure in einem typischen kommunalen Feld?
Reallabore „made in BW“
Reallabore sind ein Erfolgsmodell, das das Ministerium seit 2015 unterstützt. Mit Akteuren aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem ergebnisoffenen Prozess an zukunftsfähigen und nachhaltigen Lösungen. Mit der Förderlinie „Reallabor Klima“ werden fünf Reallabore der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, des Karlsruher Institut für Technologie (KIT), der Hochschule Reutlingen, der Universität Stuttgart und der Universität Ulm gefördert. Sie entwickeln übergreifende Klimaschutzstrategien und -maßnahmen in städtischen und ländlichen Regionen, darunter Energie- und Mobilitätskonzepte sowie innovative Konzepte zur Gebäudenutzung und -planung und beziehen dabei unterschiedliche Akteure in den wissenschaftlichen Prozess ein.
Im Rahmen ihrer Sommertour 2022 war Wissenschaftsministerin Theresia Bauer am Donnerstag, 8. September 2022, zu Gast an der Hochschule Biberach (HBC). Die HBC gilt als Vorreiter und Vorbild beim Thema Klimaschutz und Energiewende. „Das außerordentliche Engagement der Hochschule Biberach wird sich auf den gesamten nicht-universitären Hochschulbereich positiv auswirken, damit wir das angestrebte Ziel einer nettotreibhausneutralen Landesverwaltung bis zum Jahr 2030 erreichen können“, sagte Theresia Bauer in Biberach.
Die HBC hat frühzeitig im Rahmen eines vom Bund geförderten Projektes ein wegweisendes Energie- und Klimaschutzkonzept für die Hochschule entwickelt und war damit Pilothochschule in Baden-Württemberg. In Zusammenarbeit mit dem Land wurde der gesamte Immobilienbestand untersucht und unter Berücksichtigung der strategischen Immobilienentwicklung ein möglichst rasch wirksames Maßnahmenpaket geschnürt. Vorgesehen sind unter anderem die Sanierungen von Gebäudehüllen, eine Umstellung der Wärmeversorgung auf klimaneutrale Energiequellen sowie Photovoltaik-Anlagen auf allen verfügbaren Dachflächen. Das Land beabsichtigt, bereits im kommenden Haushalt 2023/24 einen ersten Bauabschnitt im Umfang von 19 Millionen Euro zu realisieren.
Eigene Klimaschutzmanagerin an der Hochschule Biberach
Voraussetzung für die Förderung von Personalmittel war die Einstellung einer Klimaschutzmanagerin oder eines Klimaschutzmanagers. An der Hochschule Biberach ist bereits seit zwei Jahren Frau Lisa Meyering in dieser Funktion tätig.
Seit diesem Jahr bekommen alle nicht-universitären Hochschulen in Baden-Württemberg zusätzlich vom Wissenschaftsministerium personelle Unterstützung für die Aufgaben des Klimaschutzes zur Seite gestellt. Von neun Standorten aus sollen alle Hochschulen betreut werden. Für die Hochschule Biberach ist hierfür Herr Hartmut Gräter zuständig, der seit Anfang Mai von der Leithochschule Ravensburg-Weingarten aus auch für die Pädagogische Hochschule Weingarten, die Hochschule Albstadt-Sigmaringen, die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Ravensburg und die Hochschule Ulm tätig ist.
Professor Dr. André Bleicher, Rektor der Hochschule Biberach, sagte: „Als Pilothochschule arbeiten wir mit einem integrativen Ansatz, der verschiedene Struktur- und Akteursebenen adressiert. Das meint zunächst den Campus, also die Gebäude der Hochschule, und neue Lehr- und Organisationsformen. Darüber hinaus suchen wir Wege einer nachhaltigen Mobilität und entwickeln den Campus als einen Ort, an dem Studierende gerne ihre Zeit verbringen. Der klimaneutrale Campus soll gerade nicht von Entbehrung gekennzeichnet sein, sondern von veränderten Verhaltensweisen und Möglichkeiten. Innerhalb und außerhalb der Hochschule wollen wir Formate schaffen, in denen der Campus der Zukunft erlebt und entwickelt werden kann.“
Haupteinsparpotenzial bei der Gebäudetechnik
Das größte Potential für Energieeinsparmöglichkeiten liegt zweifelsohne in der Gebäudetechnik. Im wissenschaftlich begleitenden Pilotprojekt „Energiemanagement und Zählerinfrastruktur“ wird durch automatisierte und digitale Zählerstanderfassung eine Echtzeitüberwachung des Gebäudebetriebs ermöglicht, so dass Abweichungen („Energiefresser“ oder Leckagen) rasch erkannt und abgestellt werden können. Das vielversprechende Projekt befindet sich in der Endphase und wird unter der Federführung des Finanzministeriums aus dem Haushalt des Wissenschaftsministeriums mitfinanziert. Geplant ist, ab Mitte 2023 ein Ausrollen auf weitere Hochschulen durch Nachrüstung mit den digitalen Zählern und der erforderlichen Softwarekomponenten. Das Projekt lässt erhebliche Einsparpotentiale im Gebäudebetrieb erwarten.
Die Zukunft-Umwelt-Gesellschaft (ZUG GmbH) fördert innovative Klimaschutzkonzepte in den Bereichen Kommunen, Unternehmen, Bildung. Sie wurde zum 1. Januar 2022 vom Bundesumweltministerium (BMUV) gegründet. Die Hochschule Biberach beantragte bereits im Jahr 2018 erstmalig diese Bundesprogrammmittel. Die Bundesförderung aus diesem Programm wurde erstmalig an einer Hochschule des Landes umgesetzt. Zwischenzeitlich konnten auf Anregung der HBC zwölf weitere nicht-universitäre Hochschulen (Heilbronn, Esslingen, Hochschule der Medien Stuttgart, Pforzheim, Reutlingen, Nürtingen-Geislingen, Offenburg, Albstadt-Sigmaringen, Furtwangen, Ravensburg-Weingarten, Rottenburg sowie Konstanz) für diese Bundesförderung gewonnen und in ein Konsortium „integriertes Klimaschutzkonzept“ zusammengeführt werden.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hat zum Abschluss ihrer Sommertour zu den Themen Klimaschutz und Energiewende am Freitag, 9. September 2022, Freiburg besucht. Neben einer Visite im Klimalabor der Universität Freiburg auf dem Campus Flugplatz standen auch die Meteorologische Station der Universität Freiburg sowie ein Besuch des Bionischen Pavillons im Botanischen Garten auf dem Programm der Ministerin.
Zusammenspiel von Klima und Natur genau untersuchen
„Die Universität Freiburg ist ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, das Zusammenspiel von Klima und Natur genauer zu untersuchen. Es ist wichtig, dass wir dieses so empfindliche Ökosystem und seine gegenseitigen Auswirkungen aufeinander besser verstehen. Nur so können wir weitere Schritte und Maßnahmen für den Klimaschutz einleiten und vor allem präventiv handeln“, sagte Theresia Bauer in Freiburg.
„Die Universität Freiburg ist sich bewusst, wo ihre Aufträge auch in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit liegen: in der Forschung, in der Lehre, im Transfer von Wissen in die Gesellschaft, Politik und Wirtschaft und als Institution“, erklärte Rektorin Prof. Dr. Kerstin Krieglstein. „Bei unseren Ideen und Forschungsprojekten können wir stets auf die Unterstützung des Landes setzen, sodass wir unter anderem das gesamtgesellschaftlich wichtige Thema Energiewende hier gut verankert haben.“
Klimaanpassung von Wäldern vorantreiben
Die Wissenschaftsministerin informierte sich zusammen mit der Landtagsabgeordneten Nadine Saint-Cast im Klimalabor der Fakultät für Umwelt und natürliche Ressourcen über die Forschung an Bäumen. Dort wird untersucht, wie diese auf Stress-Situationen wie Hitze und Dürre reagieren - und wie Bäume dies untereinander kommunizieren. Durch diese Forschungsansätze können Kipppunkte im Waldökosystem bestimmt und die Klimaanpassung von Wäldern vorangetrieben werden.
In der Meteorologischen Station der Universität Freiburg auf dem Chemiehochhaus werden Effekte von Umwelt- und Klimaveränderungen auf das Wetter in der Stadt Freiburg und im städtischen Umland untersucht. Ziel ist beispielsweise, das Risiko für Wetterextreme wie Starkregen oder Hochwasser im Voraus zu berechnen – und dadurch entstehende Schäden durch natürliche Maßnahmen wie Bäume oder Dachbegrünung zu verhindern.
Forscherinnen und Forscher beschäftigen sich im Botanischen Garten mit seinem Platanenpavillon und bionischen Pavillon mit der Frage der Nachhaltigkeit – genauer mit der Frage, wie Naturphänomene und -materialien für technische Lösungen eingesetzt und genutzt werden können. Dazu gehört beispielsweise der Lotuseffekt, der eine abperlende Wirkung erzielt. Auch die Eigenschaften der Rinde des Mammutbaums beschäftigen die Forscherinnen und Forscher.
„Es ist beeindruckend zu sehen, wie kreativ und innovativ sich unsere Hochschulen, Universitäten und Universitätskliniken im Land den Herausforderungen des Klimawandels und der Energiewende stellen – und wie viele Ideen sich davon bereits in der Umsetzung finden und einen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft schaffen“, bilanzierte Theresia Bauer ihre Sommertour.