Erstmals hat das Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg die Daten der Vollerhebung des Unterrichtsausfalls an den öffentlichen Schulen im Land erhoben. Im Vergleich zur letzten Erhebung im Februar ist die Zahl der krankheitsbedingten Ausfälle zurückgegangen. Krankheit bleibt jedoch nach wie vor der häufigste Ausfallgrund.
Das Kultusministerium hat zum vierten Mal eine Vollerhebung des Unterrichtsausfalls an den öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg durchgeführt. Ausgewertet wurden die Daten dabei erstmals vom Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW). Die Rückmeldequote der rund 4.500 Schulen lag bei 100 Prozent, untersucht wurde die Unterrichtssituation in der Woche vom 3. bis zum 8. Juni. Insgesamt sind in dieser Woche 4,5 Prozent aller Stunden des Pflichtunterrichts ausgefallen (Februar 2019: 4,4 Prozent). Im Vergleich zum Februar ist zwar die Zahl der krankheitsbedingten Ausfälle zurückgegangen, Krankheit bleibt jedoch nach wie vor der häufigste Ausfallgrund. „Im Juni finden erwartungsgemäß vermehrt außerunterrichtliche Veranstaltungen statt. Das wirkt sich auf den Unterrichtsausfall aus. Außerdem schlagen Korrekturzeiten beim Abitur sowie verschiedene Prüfungen an beruflichen Schulen zu Buche, die ebenfalls in diesen Zeitraum fallen“, erklärt Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann.
Krankheit weiterhin wichtigster Abwesenheitsgrund
So ist ein Anteil von 34,7 Prozent der in der Erhebungswoche nicht planmäßig erteilten Stunden darauf zurückzuführen, dass die Lehrkraft erkrankt war. Als Grund für die Abwesenheit von Lehrerinnen und Lehrern nehmen außerunterrichtliche Veranstaltungen im Juni mit 25,6 Prozent den zweiten Platz ein. Ein weiterer Grund für den Ausfall von Planstunden in der untersuchten Woche ist die Betreuung und Korrektur von Prüfungen. Entsprechend ist eine Prüfungsteilnahme bei der aktuellen Erhebung für 8,0 Prozent der Ausfälle von Planstunden die Ursache. Weitere Gründe für die Abwesenheit der regulären Lehrkraft waren Mutterschutz bzw. Elternzeit mit 8,8 Prozent und Fortbildungen mit 8,2 Prozent.
Grundschulen mit den geringsten Ausfallquoten
Die geringsten Ausfallquoten weisen die Grundschulen auf. Nur 1,0 Prozent der geplanten Stunden sind dort ausgefallen. Den zweitniedrigsten Unterrichtsausfall ver-zeichnen die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit Förderschwerpunkt Lernen. Dort beträgt der Unterrichtsausfall 2,0 Prozent. Den höchsten Unterrichtsausfall weisen wie schon bei der vorherigen Vollerhebung die Gymnasien mit 7,4 Prozent auf, gefolgt von den beruflichen Schulen mit 6,4 Prozent. Bei den Gymnasien und den beruflichen Schulen wirkt sich besonders aus, dass die Erhebung in einem Zeitraum stattgefunden hat, in dem Prüfungen geschrieben bzw. korrigiert wurden. So fanden an den beruflichen Schulen in der betreffenden Woche diverse Prüfungen, zum Beispiel in den hauswirtschaftlichen, landwirtschaftlichen und sozialpädagogischen Ausbildungsberufen, statt. Da die letzte schriftliche Abiturprüfung in diesem Jahr am 10. Mai geschrieben wurde, haben Gymnasiallehrkräfte im Erhebungszeitraum außerdem zum Teil Freistellungen zur Korrektur von Abiturprüfungen erhalten.
Bei den Haupt- und Werkrealschulen lag der Unterrichtsausfall bei 4,3 Prozent, bei den Realschulen bei 4,9 Prozent. Die Gemeinschaftsschulen verzeichneten in der abgefragten Juniwoche einen Unterrichtsausfall von 3,2 Prozent.
Vertretung hauptsächlich durch Fachunterricht
Zum ersten Mal hat das IBBW im Auftrag des Kultusministeriums bei der vorliegenden Vollerhebung außerdem den Vertretungsunterricht genauer unter die Lupe genommen. „Um den Unterrichtsausfall einordnen zu können, wollen wir wissen, was passiert, wenn Unterricht vertreten wird. Dass rund 63 Prozent der Vertretungsstunden als Fachunterricht im gleichen oder in einem anderen Fach gehalten werden, ist ein guter Wert, den wir aber noch weiter verbessern wollen“, sagt Kultusministerin Eisenmann. In 43,8 Prozent der Fälle werden Vertretungsstunden als Fachunterricht im gleichen Fach und in 18,6 Prozent der Fälle als Fachunterricht in einem anderen Fach gehalten.
Aus organisatorischer Sicht wurde Vertretung vor allem durch Gruppen- und Klassen-zusammenlegungen (24,5 Prozent), durch Mehrarbeitsunterricht (23,7 Prozent) und den Einsatz von Vertretungslehrkräften (21,5 Prozent) geleistet. „Es spricht sehr für unsere Lehrkräfte, dass sie im Vertretungsfall für Kolleginnen und Kollegen einspringen und verhindern, dass Unterricht ausfällt. Dies ist sehr wichtig und dafür möchte ich mich herzlich bedanken“, sagt Kultusministerin Eisenmann.
Ergebnisse als Grundlage für Handeln der Schulaufsicht
Die Ergebnisse der Vollerhebungen stehen den Schulaufsichtsbehörden zur Unterstützung und Beratung der Schulen zur Verfügung. „Auf der Grundlage dieser Datenbasis sind die Schulaufsichtsbehörden angehalten, gemeinsam mit den Schulen Wege zu finden, den Unterrichtsausfall dort zu minimieren, wo es möglich ist“, sagt die Kultusministerin. So biete es sich an, dass die Schulaufsicht Vertretungskonzepte an den Schulen analysiert, Best Practice-Beispiele sammelt und anhand derer Schulen bei der Verbesserung der eigenen Vertretungskonzepte unterstützt. „Unterschiedliche Rahmenbedingungen, wie etwa im Februar die Grippewelle und bei der aktuellen Vollerhebung die Vielzahl außerunterrichtlicher Veranstaltungen in der betreffenden Kalenderwoche, wirken sich auf das Ergebnis und auf den Unterrichtsausfall unterschiedlich aus“, so Eisenmann. Es sei deswegen notwendig, die Ergebnisse unbedingt differenziert zu betrachten.