Vom 15. Oktober an wird die Landeshauptstadt Stuttgart bei schadstoffträchtigen Wetterlagen erneut Feinstaubalarm ausrufen. Ziel ist es, die Grenzwerte für Feinstaub und andere Luftschadstoffe durch eine freiwillige Änderung des Mobilitätsverhaltens und den Verzicht auf den Betrieb sogenannter Komfortkamine einzuhalten.
„Es geht um unsere Gesundheit, unsere Umwelt und um eine lebenswerte Stadt. Feinstaub und Stickoxide aus dem Autoverkehr tragen nachweislich zu Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislauf-Systems bei und sie können sogar Lungenkrebs oder Herzinfarkte hervorrufen. Nicht nur die Politik, sondern alle haben die Verantwortung, unsere Umwelt und unsere Gesundheit zu schützen. Deshalb sollten möglichst viele Autofahrer auf den ÖPNV umsteigen, oder aber Fahrgemeinschaften bilden. Wer neben seiner Zentralheizung einen Kaminofen oder einen offenen Kamin hat, sollte diesen an den Alarmtagen nicht in Betrieb nehmen, um dadurch die Feinstaubbelastung zu senken“, erklärte Winfried Hermann.
Um für die Pendler den Umstieg vom Auto auf Busse und Bahnen attraktiv zu machen, gilt an den Feinstaubalarm-Tagen im VVS der halbe Fahrpreis. Das vom Land, von der Stadt Stuttgart und vom Verband Region Stuttgart gemeinsam finanzierte Feinstaubticket kann während des Feinstaubalarms zum Kinderpreis über die VVS-App, am Automaten oder beim Busfahrer gekauft werden. Hinzukommen zahlreiche zusätzliche Angebote wie eine neue Stadtbahnlinie, längere S-Bahnzüge, kürzere Takte, zusätzliche Verstärkerzüge und Vergünstigungen der Mobilitätspartner.
Die Öffentlichkeit wird frühzeitig über soziale Medien, das Internet, Radiospots, Verkehrsnachrichten, Banner an den Brücken über den Zufahrtsstraßen sowie durch Faltblätter und Broschüren informiert. „Keiner soll sagen können, er habe nichts vom Feinstaubalarm mitbekommen. Beim ersten Feinstaubalarm waren zwar auch viele informiert, aber nur zwischen fünf und sieben Prozent der Autofahrer waren dem Appell zum Umstieg gefolgt. Nun gibt es die Chance, dass es deutlich mehr werden. Und es können alle durch die Nutzung der vielfältigen umweltverträglichen Mobilitätsangebote dazu beitragen, dass es gelingt, die Luftbelastung durch Schadstoffe zu senken“, bekräftigte Minister Hermann.
Er fügte hinzu: „Damit wir dauerhaft die Grenzwerte für Luftschadstoffe – vor allem auch für Stickoxide – einhalten, bleibt die blaue Plakette als wirksamstes Instrument auf der Agenda.“ Eine Bundesratsinitiative zur Einführung der Plakette werde derzeit vorbereitet. Außerdem werde das Land eine Verordnung erlassen, die den Betrieb sogenannter Komfortkamine, die nicht zwingend als Heizung gebraucht werden, an Tagen mit Feinstaubalarm ab dem 01. Januar 2017 untersagt. Denn die Emissionen aus Kleinfeuerungsanlagen mit Festbrennstoffen sind nach dem Autoverkehr die zweitgrößte Ursache für die Luftbelastung mit Feinstaub.
EU-Verfahren und Verwaltungsklagen auf Einhaltung der Grenzwerte
Die EU-Kommission hat vor dem Hintergrund der zu häufigen Überschreitungen der Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide gegen die Bundesrepublik Deutschland Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Verbleiben die Schadstoffwerte zu häufig über den festgelegten Grenzwerten, wäre der nächste Schritt eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Im Falle einer Verurteilung kann der EuGH Sanktionen wie zum Beispiel Zwangsgelder für jeden Überschreitungstag verhängen.
Außerdem hat das Land nach Klagen von betroffenen Bürgern und der Deutschen Umwelthilfe vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart einem Vergleich zugestimmt, demzufolge in der Landeshauptstadt bei Nichteinhaltung der Grenzwerte von 2018 an einschneidende Verkehrsbeschränkungen notwendig werden, um für saubere Luft zu sorgen.
Landesverordnung zu Beschränkungen bei Komfortkaminen
In Stuttgart tragen etwa 20 000 Kaminöfen und offene Kamine zur Luftverschmutzung mit Feinstaub bei. Sie stehen unter den Verursachern der Feinstaubbelastung nach dem Verkehr an zweiter Stelle. An Tagen mit Feinstaubalarm soll der Betrieb dieser „Kleinfeuerungsanlagen“, sofern eine andere Heizung vorhanden ist, untersagt werden. Dies sieht eine Verordnung vor, die die Landesregierung derzeit vorbereitet. Sie soll am 01. Januar 2017 in Kraft treten.