Der Tübinger Mathematiker und Mediziner Dr. Hamid Reza Noori hat den Ursula M. Händel-Tierschutzpreis der Deutschen Forschungsgemeinschaft erhalten. In zwei öffentlichen Datenbanken hat Noori mit seinem Team Erkenntnisse aus mehreren Jahrzehnten neurobiologischer Forschung an Ratten zusammengestellt und eine standardisierte, systematische Analysemethode entwickelt.
In den letzten Jahrzehnten haben sich die Lebenswissenschaften immer mehr zu Datenwissenschaften entwickelt. Nicht nur bei der Analyse von Genom, Transkriptom, Proteom und Metabolom werden riesige Datenmengen produziert, auch moderne Bildgebungs- und hochauflösende Mikroskopietechniken generieren in erster Linie Unmengen an Daten, die visualisiert, analysiert, verwaltet und kuratiert werden müssen. Dies gilt auch für die Neurowissenschaften, wo beispielsweise jährlich hunderttausende Studien über die chemischen Vorgänge im Gehirn von Ratten veröffentlicht werden.
Ansätze aus Mathematik, Datamining und Maschinellem Lernen
Der Tübinger Mathematiker und Mediziner Dr. Hamid Reza Noori hat sich mit seinem Team diesem Datenberg gestellt. In zwei öffentlichen Datenbanken haben sie die Erkenntnisse aus mehreren Jahrzehnten neurobiologischer Forschung an Ratten zusammengestellt und eine standardisierte, systematische Analysemethode entwickelt, die neue Ansätze aus Mathematik, Datamining und Maschinellem Lernen nutzt, um aus den vorhandenen Daten so viele Informationen wie möglich zu generieren. Beides soll Forscherinnen und Forschern weltweit helfen, neuroanatomische und neuropharmakologische Fragestellungen zu bearbeiten. Forschungsfragen können so in silico, also durch Analyse bereits vorliegender Datensätze, beantwortet und neue Versuche damit stringenter geplant werden.
Dafür wird Herrn Dr. Noori in Berlin der Ursula M. Händel-Tierschutzpreis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) verliehen.
Angesichts der ungeheuren Komplexität, mit der die Zellen im Gehirn miteinander verknüpft sind, sind Neurowissenschaftler besonders stark auf Untersuchungen lebender Versuchstiere angewiesen. Ein verantwortungsvoller Umgang auch mit den so gewonnenen Daten ist daher wesentlich.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer: „Die biomedizinische Forschung insgesamt wird auf absehbare Zeit nicht gänzlich auf Tierversuche verzichten können. Daher brauchen wir engagierte Forscher wie Herrn Dr. Noori, die Methoden entwickeln, die es erlauben, Tierversuche zu verbessern und zu vermeiden und damit die Anzahl benötigter Tiere zu reduzieren. Die Arbeit von Herrn Dr. Noori ist ein beeindruckendes Beispiel für das große Potenzial, das die Nutzbarmachung von Big Data unter Einsatz von Methoden der künstlichen Intelligenz auch für den Tierschutz in der Forschung hat. Ich gratuliere ihm sehr herzlich zu dieser Anerkennung, die belegt, dass es möglich ist, wissenschaftliche Qualität mit den Belangen des Tierschutzes zu verbinden.“
Weitere Informationen
Der Ursula M. Händel-Tierschutzpreis der DFG ist der wichtigste wissenschaftliche Tierschutzpreis Deutschlands. Vergeben wird der Preis an Lebenswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die durch ihre Arbeiten zu den Zielen der Vermeidung von Schmerzen oder Leiden von Tieren beitragen. Für die Verleihung des Preises ist neben dem Tierschutzaspekt die wissenschaftliche Qualität der zu Grunde gelegten wissenschaftlichen Arbeiten ausschlaggebend. 2018 gibt es zwei Preisträger, neben Herrn Dr. Noori wird auch die Toxikologin Prof. Dr. Ellen Fritsche vom Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ausgezeichnet.
PD Dr. Dr. Hamid Reza Noori leitet seit 2016 die unabhängige Forschungsgruppe „Neuronale Konvergenz“ am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen. Seine Doktortitel erhielt Herr Dr. Noori in Mathematik und Physik von den Universitäten Heidelberg und Kaiserslautern und die Venia Legendi von der medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg. Seine Forschungsarbeiten sind an der Schnittstelle zwischen den experimentellen und theoretischen Neurowissenschaften angesiedelt und zielen darauf ab, den Zusammenhang zwischen Gehirnprozessen und Verhalten besser zu verstehen.