Kultusministerin Susanne Eisenmann ist gestern in Berlin zur neuen Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) gewählt worden. In Abstimmung mit den anderen Bundesländern wurde auf Vorschlag Baden-Württembergs als Schwerpunktthema für das Präsidentschaftsjahr 2017 die berufliche Bildung festgelegt.
„Die berufliche Bildung genießt in Deutschland und auch international ein außerordentlich hohes Ansehen“, sagte die künftige KMK-Präsidentin anlässlich ihrer Wahl. Die Kompetenz beruflich qualifizierter Schülerinnen und Schüler werde anerkannt. Gemeinsame Aufgabe von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sei es, die Leistungsfähigkeit und Qualität der beruflichen Bildung angesichts demografischer und technologischer Herausforderungen zu sichern und weiterzuentwickeln. „Konkrete Handlungsfelder sehe ich vor allem an den Schnittstellen unseres Bildungswesens. Die Übergänge, Ab- und Anschlüsse müssen wir genauer in den Blick nehmen“, sagte Eisenmann. Am Ende der Präsidentschaft 2017 soll ein KMK-Beschluss „Bilanz und Perspektiven zur beruflichen Orientierung an Schulen“ stehen.
Die Ministerin wies darauf hin, dass die berufliche Bildung vor großen Herausforderungen steht. Eine der größten Aufgaben sei die zunehmende Digitalisierung. Diese sei für die Arbeitswelt – und damit auch für die berufliche Bildung – eine große Chance und Herausforderung zugleich. „Den rasanten Entwicklungsschub in den Unternehmen müssen wir auch an den Schulen aufgreifen und die künftigen Fachkräfte gut auf diese Veränderungen vorbereiten. Hier müssen wir handeln, um die Erfolgsgeschichte der beruflichen Bildung in Deutschland auch in Zukunft fortschreiben zu können“, sagte Eisenmann. In Baden-Württemberg geschieht dies unter anderem in den sogenannten Lernfabriken an beruflichen Schulen. Dort werden die Schülerinnen und Schüler an die Bedienung von Anlagen auf der Basis realer Industriestandards herangeführt und so auf die Anforderungen der Industrie 4.0 vorbereitet.
Eisenmann hob hervor, dass die berufliche Orientierung in der Schule eine immens wichtige Rolle spielt. Mit dem neuen Bildungsplan 2016 sei diese in Baden-Württemberg zum einen im Fach Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung verankert worden. Zum anderen gebe es nun die Leitperspektive Berufliche Orientierung für alle Fächer und Klassen. „Je früher und intensiver wir Schülerinnen und Schüler bei ihrem individuellen Berufswahlprozess unterstützen, desto besser gelingt ihnen der Schritt von der Schule in eine Ausbildung, ein Studium oder in den Beruf“, sagte sie. Falsche Vorstellungen von der Berufswelt oder den eigenen Fähigkeiten und Interessen seien oft Gründe für Startschwierigkeiten oder gar Ausbildungsabbrüche. „Deshalb müssen Schülerinnen und Schüler früh und kontinuierlich dabei unterstützt werden, ihre Kompetenzen, Potenziale und Interessen zu reflektieren, um sich selbstverantwortlich für einen Berufsweg entscheiden zu können“, so Eisenmann. Dies gelte vor allem auch im Hinblick darauf, die Zahl der Studienabbrüche zu reduzieren. „Es muss zukünftig besser gelingen, auch bei leistungsstarken Jugendlichen die duale Berufsausbildung als attraktive und zukunftsfähige Alternative zum Studium in den Blick zu rücken“, sagte Eisenmann.
Von großer Bedeutung ist für die Ministerin auch der Umgang mit der zunehmenden Heterogenität, die gerade im beruflichen Schulwesen schon lange zum Alltag gehört. Durch die Integration geflüchteter Kinder und Jugendlicher habe diese Aufgabe nochmals eine neue Dimension erhalten. „Wir wollen jeden einzelnen jungen Menschen erreichen und ihn optimal auf den Weg ins Arbeitsleben begleiten. Doch trotz vieler Anstrengungen der Länder in den vergangenen Jahren ist der direkte Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung für manche Jugendliche immer noch mit großen Schwierigkeiten verbunden“, sagte Eisenmann.
Während des Präsidentschaftsjahres lädt Dr. Susanne Eisenmann Ende Mai 2017 zu einem Bildungskongress nach Stuttgart ein. Das Thema lautet „Berufliche Bildung – Analysen, Trends und Perspektiven“. Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka wird einen Impulsvortrag halten. Es werden innovative Praxisbeispiele aus vier Bundesländern vorgestellt. Eine Podiumsdiskussion rundet das Programm ab.
Die KMK-Präsidentschaftsübergabe findet am 30. Januar 2017 in Berlin statt.
Die Kultusministerkonferenz der Länder
In der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (kurz: Kultusministerkonferenz) arbeiten die für Bildung und Erziehung, Hochschulen und Forschung sowie kulturelle Angelegenheiten zuständigen Ministerinnen und Minister beziehungsweise Senatorinnen und Senatoren der Länder seit 1948 zusammen.