Bei einem Gespräch am Freitag hat Minister Winfried Hermann den Oberbürgermeistern und Bürgermeistern der hauptsächlich betroffenen Städte Filderstadt, Stuttgart und Leinfelden-Echterdingen sowie der Gemeinde Neuhausen auf den Fildern die Gründe für diesen Entschluss erläutert und eine Zwischenlösung für den Radverkehr präsentiert.
Zeitliche Kollision mit der betriebstechnischen Sanierung des Tunnels
Hauptgrund für den Entschluss ist die zeitliche Kollision des angedachten Tunnelumbaus für den Radverkehr mit der betriebstechnischen Sanierung. Die Flughafen Stuttgart GmbH, die für die Sanierung zuständig ist, benötigt die Entscheidung über die zukünftige Verkehrsführung im Tunnel bis zum Herbst 2024. Zu diesem Zeitpunkt ist aber erst mit der Verkehrsprognose 2040 des Bundes zu rechnen. Verkehrsminister Winfried Hermann sagte: „Die Verkehrsprognose 2040 bildet die Grundlage für die Verkehrsuntersuchung zum Flughafentunnel und hätte nach den ursprünglichen Absichten des Bundes schon früher vorliegen sollen. Die Prognosedaten müssen noch in das konkrete Verkehrsmodell zum Flughafentunnel eingearbeitet werden, erst danach kann die förmliche Beteiligung der Kommunen stattfinden. Unter diesen Gegebenheiten sind die Zeitschienen der beiden Vorhaben nicht mehr in Einklang zu bringen.“
Verknüpfung mit dem Ausbau der Bundesstraße 27
Stattdessen ist nun geplant, die radverkehrsfreundliche Verkehrsführung im Flughafentunnel mit dem sechs-streifigen Ausbau der Bundesstraße 27 zwischen Leinfelden-Echterdingen Süd und Leinfelden-Echterdingen Nord zu verknüpfen. Dieser wird voraussichtlich bis Anfang der 2030er Jahre umgesetzt sein. Minister Hermann erläuterte: „Der sechs-streifige Ausbau der B 27 wird zu einer erheblichen Verkehrsentlastung in Bernhausen und im Flughafentunnel führen. Damit entstehen auch für die Radfahrerinnen und Radfahrer der Region echte Chancen auf bessere Bedingungen, zum Beispiel durch die mögliche Freigabe des Tunnels für den Radverkehr. Ich rechne außerdem fest damit, dass bis dahin schon weitere, relevante Abschnitte des Radschnellwegs in Richtung Stuttgart und innerhalb Filderstadt fertiggestellt sein werden.“ Bis es so weit ist, soll die östliche Umfahrung des Flughafengeländes für den Radverkehr attraktiver gestaltet werden. Hierfür sucht das Land den Schulterschluss mit den beteiligten Städten und Gemeinden.
Oberbürgermeister Christoph Traub von Filderstadt sagte: „Ich bin sehr froh, dass der heutige Termin zeitlich sehr kurz auf die Vor-Ort-Beradelung vom Mai folgte. Es war mir von Beginn der öffentlichen Diskussion an wichtig, dass die fristgebundene Tunnelsanierung und die wünschenswerte Verbesserung für den Fuß- und Radverkehr im richtigen Kontext und richtigen Verhältnis dargestellt werden. Das ist nun erfolgt. Dafür bin ich Herrn Verkehrsminister Hermann dankbar. Dass der Tunnel für Kraftfahrzeuge in beiden Richtungen befahrbar bleibt, halte ich für richtig. Hervorzuheben ist die dennoch in Aussicht gestellte Verbesserung für die Radverbindung in Nord-Süd-Richtung.“
Dr. Clemens Maier, Bürgermeister des Referates Sicherheit, Ordnung und Sport der Stadt Stuttgart, machte deutlich: „Eine auch nur teilweise Sperrung des Flughafentunnels nur auf der Basis einer fundierten Verkehrsprognose anzugehen, ist der richtige Weg. Eine Verschiebung der bisherigen Planungen und eine schnellstmögliche Sanierung des Tunnels für die bisherige Nutzung ist deshalb sinnvoll. Dass für den Radverkehr eine bestmögliche Alternativroute hergestellt werden soll, begrüßen wir ausdrücklich!“
„Ich begrüße es, dass diese Überlegungen nun vom Tisch sind und eine vorübergehende Lösung für den Radverkehr gesucht wird“, sagt Otto Ruppaner. Der Oberbürgermeister von Leinfelden-Echterdingen betont, dass der Stadt Lösungen für den Radverkehr durchaus wichtig sind. Diese dürften aber nicht vollkommen unverhältnismäßig sein. „Und das wäre bei dieser Maßnahme der Fall gewesen“, so der Rathauschef. Durch den zumindest einstweiligen Verzicht auf die Sperrung des Tunnels für den Kraftfahrzeug-Verkehr käme es auch nicht zur befürchteten Mehrbelastung im Osten von Echterdingen.
Umfahrung für Radfahrende wird optimiert
Mit der Zwischenlösung wird der Betriebssicherheit des Tunnels Rechnung getragen, die einen hohen Stellenwert hat. Gleichzeitig wird auf die Radfahrerinnen und Radfahrer Rücksicht genommen und die östliche Umfahrung für ihre Zwecke zeitnah optimiert. Sobald die Verkehrsprognose des Bundes für das Jahr 2040 vorliegt, wird die Verkehrsuntersuchung fortgesetzt und im Anschluss werden die Kommunen angehört.
Stuttgarter Flughafentunnel
Beim damaligen Bau des Stuttgarter Flughafentunnels sind die Belange des Fuß- und Radverkehrs wenig berücksichtigt worden. Das macht es heute schwer, eine für alle Verkehrsarten angemessene Lösung zu finden. Die Gesamtlänge des Stuttgarter Flughafentunnels beträgt 509 Meter und teilt sich in einen alten und einen neuen Abschnitt auf. Kritisch ist vor allem der 385 Meter lange alte Abschnitt aus den 1960er Jahren. Hier weist der Gehweg nur eine Breite von rund einem Meter auf. Anfang der 2000er Jahre ist die Fahrbahn aus Verkehrssicherheitsgründen für den Radverkehr gesperrt worden. Der Fuß- und Radverkehr findet bis heute gemeinsam auf diesem schmalen Gehweg statt.
Alle Untersuchungen, die Situation für den Fuß- und Radverkehr zu verbessern, haben bislang nicht zum Erfolg geführt. Zuletzt scheiterte aus Kostengründen die Option, einen eigenständigen Tunnel für den Rad- und Fußverkehr unter dem Flughafengelände hindurchzuführen. Aufgrund der anstehenden Sanierung des Flughafentunnels entstand der Gedanke, Synergieeffekte zu nutzen und die Verkehre im Flughafentunnel zugunsten des Radverkehrs neu zu sortieren. Aufgrund der unterschiedlichen Zeitschienen der beiden Vorhaben ist das nun allerdings nicht mehr möglich.