Forschung

Neue Dokumentationsstelle für Rechtsextremismus eingerichtet

Lesezeit: 5 Minuten
  • Teilen
  •  
Ein Unterstützer der NPD nimmt an einer NPD-Kundgebung teil (Quelle: dpa).

Das Land richtet beim Generallandesarchiv Karlsruhe eine Dokumentationsstelle für Rechtsextremismus ein. Perspektivisch wird sich die Einrichtung mit jeglicher Form von politischem Extremismus und Terrorismus beschäftigen.

Politisch motivierte Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund haben in jüngster Zeit erheblich zugenommen. Dabei haben Rechtsextremisten besonders schwere Gewaltverbrechen wie Tötungsdelikte verübt. Auch als Konsequenz aus dem Untersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) des Landtags richtet das Land beim Generallandesarchiv Karlsruhe eine Dokumentationsstelle ein, die künftig Informationen über rechtsextremistische Strukturen und Netzwerke sammeln und der Öffentlichkeit und Forschung zugänglich machen soll.

Der Verfassungsschutzbericht des Bundes vom 9. Juli 2020 sieht rechtsextremistische, rassistische und antisemitische Straftaten als „die größte Bedrohung für die Sicherheit in Deutschland“ an. Auch der Landesverfassungsschutz verzeichnet eine stetige Zunahme rechtsextremistischer und rechtsterroristischer Gefährdungen und Radikalisierungsprozesse bis hin zur Bereitschaft zu töten.

„Das Land Baden-Württemberg stellt sich im Sinne einer wehrhaften Demokratie dieser Herausforderung für die freiheitliche und rechtsstaatliche Gesellschaftsordnung. Als eine Konsequenz aus dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags hat das Wissenschaftsministerium das Generallandesarchiv Karlsruhe beauftragt, eine Dokumentationsstelle für Rechtsextremismus aufzubauen, die nun ihre wertvolle Arbeit aufnimmt“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer.

Maegerle-Sammlung als Grundlage

Kern der neuen Dokumentationsstelle ist die Sammlung des renommierten Journalisten Anton Maegerle, die dieser dem Generallandesarchiv geschenkt hat. Mit rund 2.500 Ordnern, einer umfangreichen Datenbank und einer großen Zahl von Publikationen und Zeitschriften aus dem rechten politischen Spektrum gilt sie als größte Sammlung ihrer Art in Deutschland.

„Anton Maegerle hat das Phänomen der Neuen Rechten und des diskursorientierten Rechtsextremismus schon früh in den Blick genommen – lange bevor diese Phänomene in der Medienöffentlichkeit richtig wahrgenommen wurden. Dass er sein umfangreiches Archiv nun dem Land schenkt und damit Vertrauen in uns setzt, ehrt uns außerordentlich und ist zugleich Auftrag: Wir stehen in der Verantwortung, aus den Aufzeichnungen Erkenntnisse über die Funktionsweise von Extremismus und mögliche Gegenmaßnahmen zu gewinnen. Für eine solche Forschung in Baden- Württemberg bildet die Maegerle-Sammlung eine wichtige Basis“, betonte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer.

Entscheidungen transparent machen und Unterlagen dauerhaft sichern

Professor Gerald Maier, Präsident des Landesarchivs Baden-Württemberg, betont: „Die Dokumentationsstelle fügt sich hervorragend in das Selbstverständnis des Landesarchivs ein. Auch sie soll Entscheidungen transparent machen und Unterlagen dauerhaft sichern, was zu unseren Kernkompetenzen zählt.“

Der Journalist, der nach massiven Drohungen unter dem Namen „Anton Maegerle“ publiziert und öffentliche Auftritte meidet, hat seine Sammlung seit den frühen 1980er Jahren zusammengetragen. Maegerle, der in der Presse als einer der „wichtigsten Nazi- Jäger dieses Landes“ bezeichnet wurde, erhielt zahlreiche Preise, darunter 2007 und 2020 den von der Journalistenvereinigung „Netzwerk Recherche“ gestifteten „Leuchtturm-Preis“.

Die Dokumentationsstelle wird sich perspektivisch mit jeglicher Form von politischem Extremismus und Terrorismus beschäftigen. Da der Ausgangspunkt die umfangreiche Maegerle-Sammlung ist, liegt der Fokus zunächst auf dem Rechtsextremismus. Daher wird die Dokumentationsstelle vorerst Materialien und Wissen zum Thema Rechtsextremismus sammeln, auswerten und zur Verfügung stellen. Sie hat darüber hinaus die Aufgabe, die Entwicklungen des Rechtsextremismus zu erforschen und diese zur Prävention pädagogisch zu vermitteln, um auch der „Verrohung der Sprache“ und der Anschlussfähigkeit von „Konsensverschiebungen im öffentlichen Diskurs“ entgegenzutreten. Diesem Bereich kommt besondere Bedeutung zu. So wird auch das Internet zunehmend für rassistische Hetze, Hasskommentare und Gewaltaufrufe missbraucht.

Zwei Fachtagungen des Generallandesarchivs in den Jahren 2020 und 2021 werden extremistische Strukturen in der Gesellschaft diskutieren und die neue Dokumentationsstelle in der Wissenschaftslandschaft vernetzen.

Landesarchiv Baden-Württemberg: Generallandesarchiv Karlsruhe

Weitere Meldungen

Ein Feuerwehrmann löscht letzte Glutnester auf dem Waldboden (Quelle: dpa).
Forst

Vorsicht vor hoher Waldbrandgefahr

Eine Frau schreibt das Wort „Dialekt“ auf eine Tafel (Bild: © Daniel Karmann/dpa)
Ländlicher Raum

Auf Zeitreise mit neuem Podcast „DialektLand BW“

Jazz-Musiker auf der Bühne
Kunst und Kultur

Jazz-Preis Baden-Württemberg für Samuel Restle

Vor nächtlichem Himmel ist ein gelbes Schild mit der Aufschrift „Waffen verboten“ zu sehen. Zudem befinden sich auf dem Schild durchgestrichene Piktogramme von einer Schusswaffe, einem Messer, einem Schlagstock und einer Reizgasdose.
Sicherheit

Verbot von Waffen und Messern im ÖPNV

von links nach rechts: Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek, Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Dr. Hans-Eckhard Sommer und Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges
Justiz

Mehr Rückführungen in 2024 auf Westbalkan

Landtagsgebäude von Baden-Württemberg in Stuttgart.
Wahlen

Landtagswahl 2026 findet am 8. März statt

Foto einer Broschüre mit dem Titel "Mundarten bewahren und stärken. Dialektstrategie für Baden-Württemberg".
Tradition

Neue Dialektstrategie für Baden-Württemberg

Gewinnerinnen und Gewinner des Schulradeln 2024 auf dem gewonnenen Rad-Aktionstag
Schulradeln

1.000 Jugendliche feiern Schulradeln-Sieg in Ladenburg

Gruppenbild mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie Ehrengästen von Jugend debattiert
Schule

Finalisten des Wettbewerbs „Jugend debattiert“ stehen fest

Mit einem digitalen Lasergeschwindigkeitsmessgerät wird der Verkehr auf der Autobahn A5 bei Müllheim überwacht. (Foto: dpa)
Polizei

Europaweite Kontrollen gegen Raser

Im Rosengarten im Park der Villa Reitzenstein spielt eine Band vor Publikum.
Parköffnungen

Kulturprogramm 2025 im Park der Villa Reitzenstein

Balingen: Ein Motorradfahrer fährt an einer Kurvenleittafel aus Kunststoff vorbei. (Foto: © dpa)
Polizei

Kontrollen zum Start der Motorradsaison 2025

Jugendliche mit Abstimmungskarten in einem Saal
Jugendliche

Erfolgreicher Jugendkongress auf der Bodensee-Konferenz

Die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Barbara Bosch (links), und Prof. Dr. Bernd Kühlmuß (rechts) mit der Urkunde.
Auszeichnung

Bundesverdienstkreuz für Prof. Dr. Bernd Kühlmuß

Schüler einer Grundschule melden sich im Unterricht (Bild: © dpa).
Bildung

Zusammenarbeit mit Hector Kinderakademien wird fortgeführt