In Block 2 des abgeschalteten Kernkraftwerk Philippsburg wurde eine undichte Stelle an einer Rohrleitung gemeldet. Das Ereignis hat keine oder eine sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung.
Im endgültig abgeschalteten Block 2 des Kernkraftwerks Philippsburg ist am Donnerstag, 26. März 2020, eine undichte Stelle an einer Rohrleitung des Systems zur Behandlung radioaktiver Abwässer erkannt worden. Die Leckage trat während der Reinigung einer Zentrifugenanlage auf. Das austretende Wasser wurde durch einen Ablauf in den Gebäudesumpf geleitet, von wo aus es wieder in die Abwasserbehandlung gelangt. In dem als Sperrbereich gekennzeichneten Raum trat keine Kontamination oberhalb der Nachweisgrenze auf.
Einstufung durch den Genehmigungsinhaber: Meldekategorie N (Normalmeldung), INES 0 (keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung).
Maßnahmen
Maßnahmen des Genehmigungsinhabers: Der Betreiber hat den Reinigungsbetrieb der Zentrifugenanlage gestoppt und eine Wanne zum Auffangen der Leckage aufgestellt. Anschließend wurde der betroffene Systemabschnitt freigeschaltet und der betroffene Raumbereich gereinigt. Am folgenden Tag hat der Betreiber vergleichbare Rohrleitungen der Abwasseraufbereitung visuell geprüft. Dabei wurden keine weiteren Befunde festgestellt. Der Betreiber plant, das Rohrleitungsstück herauszutrennen und die Schadensursache zu ermitteln.
Die Rohrleitung, an der die undichte Stelle auftrat, gehört zu einer Zentrifugenanlage, durch die Schwebstoffe aus radioaktiv belasteten Abwässern entfernt werden. Die Leitung wird bei den üblichen Betriebsweisen des Systems nicht durchströmt. Während der Reinigung des Systems lief lediglich schwach kontaminiertes Wasser durch die Leitung. Dabei entstand eine kleine Leckage. Die dabei ausgetretene Aktivität war so gering, dass es zu keiner messbaren Kontamination kam. Der Raum, in dem die Leckage aufgetreten ist, enthält keine sicherheitstechnisch wichtigen Komponenten, die durch austretendes Wasser in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Da er als Sperrbereich gekennzeichnet ist, darf er nur nach Kontrolle durch Mitarbeiter des Strahlenschutzes betreten werden. Daher wäre auch im Falle des Austritts von stärker radioaktiv belastetem Wasser keine Kontaminationsverschleppung oder Kontamination von Personen zu befürchten. Die sicherheitstechnische Bedeutung ist somit gering. Es ergaben sich keine Auswirkungen auf Personen und die Umwelt.
Meldestufen
Die für die kerntechnische Sicherheit bedeutsamen Ereignisse sind den atomrechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder nach den bundeseinheitlichen Kriterien der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (AtSMV) zu melden. Ziel des Meldeverfahrens ist, den Sicherheitsstand der Kernkraftwerke zu überwachen, dem Auftreten ähnlicher Fehler in anderen Kernkraftwerken vorzubeugen und die gewonnenen Erkenntnisse in sicherheitstechnische Verbesserungen einfließen zu lassen.
Die meldepflichtigen Ereignisse sind unterschiedlichen Kategorien zugeordnet (Erläuterungen zu den Meldekriterien für meldepflichtige Ereignisse):
- Kategorie S (Unverzügliche Meldung): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde unverzüglich gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kürzester Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Vorkommnisse, die akute sicherheitstechnische Mängel aufzeigen.
- Kategorie E (Meldung innerhalb von 24 Stunden): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde binnen 24 Stunden gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kurzer Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Ereignisse, deren Ursache aus Sicherheitsgründen in kurzer Frist geklärt und gegebenenfalls in angemessener Zeit behoben werden muss. In der Regel handelt es sich dabei um sicherheitstechnisch potentiell – aber nicht unmittelbar – signifikante Ereignisse.
- Kategorie N (Meldung bis zum fünften Werktag): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde innerhalb von 5 Werktagen gemeldet werden müssen, um eventuelle sicherheitstechnische Schwachstellen frühzeitig erkennen zu können. Dies sind in der Regel Ereignisse von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung, die über routinemäßige betriebstechnische Einzelereignisse bei vorschriftsmäßigem Anlagenzustand und -betrieb hinausgehen. Unverfügbarkeiten von Komponenten/Systemen, die durch im Betriebshandbuch spezifizierte Prozeduren temporär beabsichtigt herbeigeführt werden, sind nicht meldepflichtig, wenn dies auch in der Sicherheitsspezifikation des Betriebshandbuches entsprechend berücksichtigt ist.
Internationale Bewertungsskala INES
Internationale Bewertungsskala INES:Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Betreibern der Kernkraftwerke und dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit werden meldepflichtige Ereignisse in Kernkraftwerken auch nach der Bewertungsskala International Nuclear and Radiological Event Scale (INES) der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der Nuklearenergie-Agentur (NEA) der OECD bewertet. Sie hat eine rasche und für die Öffentlichkeit verständliche Bewertung eines Ereignisses zum Ziel.
Die Skala umfasst sieben Stufen:
- Störung
- Störfall
- ernster Störfall
- Unfall mit örtlich begrenzten Auswirkungen
- Unfall mit weitergehenden Auswirkungen
- schwerer Unfall
- katastrophaler Unfall
Meldepflichtige Ereignisse, die nach dem INES-Handbuch nicht in die Skala (1 bis 7) einzuordnen sind, werden unabhängig von der sicherheitstechnischen Bedeutung nach nationaler Beurteilung der „Stufe 0” zugeordnet.