Im Kernkraftwerk Neckarwestheim, Block II, kam es zu einer Schutzabschaltung einer betrieblich eingestuften Nebenkühlwasserpumpe. Die Ursache lag bei einer fehlerhaften Erdschlussüberwachung. Das Ereignis hat keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung.
Im September 2018 kam es im Block II des Kernkraftwerks Neckarwestheim zur Schutzabschaltung einer betrieblich eingestuften Nebenkühlwasserpumpe. Bei der Ursachenforschung hat der Betreiber des Kraftwerks festgestellt, dass die gerichtete Erdschlussüberwachung fehlerhaft konfiguriert war.
Einstufung durch den Kraftwerksbetreiber: Meldekategorie N (Normalmeldung); INES 0 (keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung).
Maßnahmen des Kraftwerksbetreibers
Der Betreiber hat alle anderen Schutzgeräte gleichen Typs mit gerichteter Erdschlussüberwachung überprüft. Bei all diesen 21 Geräten lag der gleiche Fehler vor.
Die gerichtete Erdschlussüberwachung ist eine vorgelagerte Einrichtung, die dazu dient, Schäden an der Isolation von Wicklungen in Elektromotoren oder Transformatoren zu erkennen, bevor es zu schwerwiegenderen Beschädigungen der Geräte kommt. Die nachgelagerten Schutzeinrichtungen (Überlastschutz, Kurzschlussschutz) waren von der fehlerhaften Konfiguration nicht betroffen.
Die fehlerhaft konfigurierten Schutzgeräte sind sowohl in betrieblichen Systemen als auch im Sicherheitssystem eingesetzt. Eine Abschaltung von Komponenten im Fehlerfall war über die Überlast- und Kurzschlusserkennung jederzeit gegeben. Die konkrete sicherheitstechnische Bedeutung des Ereignisses ist daher gering.
Eine übergeordnete Bedeutung ergibt sich aus der Tatsache, dass mehrere Schutzgeräte falsch konfiguriert waren und die Prüfroutine, mit denen sie getestet wurden, den Fehler nicht entdeckt hat. Dies deutet auf einen Mangel in der Qualitätssicherung hin. Es ergaben sich keine Auswirkungen auf den Betrieb der Anlage, Personen und die Umgebung.
Meldekategorien
Die für die kerntechnische Sicherheit bedeutsamen Ereignisse sind den atomrechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder nach den bundeseinheitlichen Kriterien der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (AtSMV) zu melden. Ziel des Meldeverfahrens ist, den Sicherheitsstand der Kernkraftwerke zu überwachen, dem Auftreten ähnlicher Fehler in anderen Kernkraftwerken vorzubeugen und die gewonnenen Erkenntnisse in sicherheitstechnische Verbesserungen einfließen zu lassen.
Die meldepflichtigen Ereignisse sind unterschiedlichen Kategorien zugeordnet (Erläuterungen zu den Meldekriterien für meldepflichtige Ereignisse):
- Kategorie S (Unverzügliche Meldung): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde unverzüglich gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kürzester Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Vorkommnisse, die akute sicherheitstechnische Mängel aufzeigen.
- Kategorie E (Meldung innerhalb von 24 Stunden): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde binnen 24 Stunden gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kurzer Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Ereignisse, deren Ursache aus Sicherheitsgründen in kurzer Frist geklärt und gegebenenfalls in angemessener Zeit behoben werden muss. In der Regel handelt es sich dabei um sicherheitstechnisch potentiell – aber nicht unmittelbar – signifikante Ereignisse.
- Kategorie N (Meldung bis zum fünften Werktag): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde innerhalb von fünf Werktagen gemeldet werden müssen, um eventuelle sicherheitstechnische Schwachstellen frühzeitig erkennen zu können. Dies sind in der Regel Ereignisse von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung, die über routinemäßige betriebstechnische Einzelereignisse bei vorschriftsmäßigem Anlagenzustand und -betrieb hinausgehen. Unverfügbarkeiten von Komponenten/Systemen, die durch im Betriebshandbuch spezifizierte Prozeduren temporär beabsichtigt herbeigeführt werden, sind nicht meldepflichtig, wenn dies auch in der Sicherheitsspezifikation des Betriebshandbuches entsprechend berücksichtigt ist.
Internationale Bewertungsskala INES
Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Betreibern der Kernkraftwerke und dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit werden meldepflichtige Ereignisse in Kernkraftwerken auch nach der Bewertungsskala INES (International Nuclear and Radiological Event Scale) der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der Nuklearenergie-Agentur (NEA) der OECD bewertet. Sie hat eine rasche und für die Öffentlichkeit verständliche Bewertung eines Ereignisses zum Ziel.
Die Skala umfasst sieben Stufen:
- Störung
- Störfall
- ernster Störfall
- Unfall mit örtlich begrenzten Auswirkungen
- Unfall mit weitergehenden Auswirkungen
- schwerer Unfall
- katastrophaler Unfall
Meldepflichtige Ereignisse, die nach dem INES-Handbuch nicht in die Skala (1 bis 7) einzuordnen sind, werden unabhängig von der sicherheitstechnischen Bedeutung nach nationaler Beurteilung der „Stufe 0” zugeordnet.