Der Künstler Marcel van Eeden erhält den mit 25.000 Euro dotierten Hans-Thoma-Preis 2023. Mit dem Preis würdigt das Land das Schaffen eines herausragenden Künstlers, der einen Schwerpunkt des künstlerischen Schaffens in Baden-Württemberg hat oder hier geboren ist.
Der mit 25.000 Euro dotierte Hans-Thoma-Preis 2023 des Landes Baden-Württemberg geht an den international renommierten Zeichner Marcel van Eeden. Der Rektor der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe erhält den Staatspreis des Landes für Bildende Kunst am 13. August 2023 in der Hans-Thoma-Stadt Bernau im Schwarzwald. Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe organisiert zum Anlass der Preisverleihung im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst eine Ausstellung mit Werken des Künstlers im Hans-Thoma-Kunstmuseum in Bernau.
Kunststaatssekretär Arne Braun sagte: „Erstmals hat die Jury den Begriff der ‚Landeskinder‘ erweitert und den Hans-Thoma-Preis einem niederländischen Künstler zuerkannt, der sich im besten Sinne grenzüberschreitend für die zeitgenössische Kunst und den künstlerischen Nachwuchs in Baden-Württemberg einsetzt. Ich freue mich sehr, unseren wichtigsten Preis für Bildende Kunst diesem Ausnahmekünstler mit internationaler Strahlkraft verleihen zu können.“
Die Jury sprach den Hans-Thoma-Preis 2023 einem Künstler zu, der „in der zeitgenössischen Kunstszene eine ganz eigene Stimme hat. Bekannt wurde Marcel van Eeden als stringenter wie poetischer Malerzeichner, der seit geraumer Zeit ein klares Konzept verfolgt und doch immer wieder neu erfindet: er unterwandert einen unkritischen Glauben an historische Faktizität, indem er ihm die enorme Suggestionskraft der Bilder entgegensetzt – ruhig, überzeugend und von meisterhafter Zeichenkunst.“
Seit mehr als 30 Jahren Künstler
Seit mehr als 30 Jahren lässt sich Marcel van Eeden von Fotografien, Illustrierten, Werbematerialien und Postkarten zu seinen charakteristischen tiefschwarzen Kohlezeichnungen anregen. Entstanden zunächst eher Einzelbilder, die er zwischen 2001 und 2007 täglich auf seinem Blog veröffentlichte, entwickelte Marcel van Eeden mit der Zeit bildmächtige Serien mit narrativem Gehalt, die an ästhetische Elemente des film noir oder der Graphic Novel anknüpften. Auch die Textbausteine, die er sukzessiv mit einbaut, stammen aus der Zeit vor seinem Geburtsjahr 1965, so dass sich aus völlig disparaten Quellen plausible und doch fiktive Beziehungen zwischen Wort und Bild ergeben, die Marcel van Eeden bisweilen noch um fiktionale Charaktere ergänzt. In subtiler Weise stellt Marcel van Eeden die Authentizität von historischen Dokumenten und unsere Schlussfolgerungen daraus in Frage. Durch die Konzentration von Marcel van Eeden auf die faktisch unendlich große Zeitspanne vor seiner Geburt nimmt er auch seine eigene Existenz als einen nur marginalen Teil des Zeitstromes wahr.
Jüngst bewegte sich Marcel van Eeden auch auf dem Gebiet der Fotografie, wobei ihn insbesondere malerische Techniken wie der Gummidruck faszinieren. Das Mitte des 19. Jahrhunderts erfundene Unikatverfahren, das sich erst bei den Kunstfotografen um 1900 behaupten konnte, gilt heute als technisch überholt. Marcel van Eeden schätzt am Gummidruck jedoch die Chance, Malerei, Zeichnung und Fotografie in einem einzigen Bild miteinander zu verbinden. Seinem Konzept der disparaten Zeitebenen fügt er so erstmals die fotografische Gegenwart hinzu, ohne die vermeintliche Objektivierung von Räumen oder Zeitebenen durch die Kamera zuzulassen.
1965 in Den Haag geboren
Der 1965 in Den Haag geborene Künstler studierte von 1989 bis 1993 an der Koninklijke Academie van Beeldende Kunsten seiner Heimatstadt. Als freischaffender Künstler lebte Marcel van Eeden lange in Berlin, folgte jedoch einem Ruf nach Karlsruhe: seit 2014 ist Marcel van Eeden Professor für Malerei/Grafik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, die er seit dem 1. Oktober 2021 auch leitet. Er lebt und arbeitet in Karlsruhe, Zürich und Den Haag.
Arbeiten von Marcel van Eeden befinden sich in zahlreichen Sammlungen in Deutschland, darunter in der Hamburger Kunsthalle, der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe oder dem Kupferstichkabinett der Sammlungen Preußischer Kulturbesitz, Berlin, darüber hinaus auch in hochrangigen internationalen Häusern für Gegenwartskunst, etwa im Centre Pompidou, Paris, im Museum of Modern Art, New York, im Walker Art Center, Minneapolis, im Magazin 3, Stockholm, im Stedelijk Museum, Amsterdam, oder im Louisiana Museum of Modern Art im dänischen Humblebæk.
Wichtige Einzelausstellungen und Beteiligungen hatte Marcel van Eeden auf der vierten Berlin Biennale (2006), im Institut Mathildenhöhe, Darmstadt (2012), im Tel Aviv Museum of Art (2014), auf der Manifesta 11, Zürich (2016), in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe (2019 und 2020) sowie – ganz aktuell – im Van Gogh Museum, Amsterdam (2022) und in der Städtischen Galerie, Karlsruhe.
Der Hans-Thoma-Preis wurde als Kunstpreis des Landes Baden-Württemberg 1949 zu Ehren des Malers, Akademie- und Galeriedirektors Hans Thoma (1839 bis 1924) ins Leben gerufen. Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben und würdigt das Schaffen einer herausragenden Künstlerpersönlichkeit, die einen Schwerpunkt des künstlerischen Schaffens in Baden-Württemberg hat oder hier geboren ist. Er ist mit 25.000 Euro dotiert und geht mit einer Ausstellung im Hans-Thoma-Kunstmuseum in Bernau im Schwarzwald einher, die von der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe für das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst organisiert wird.
Mitglieder der vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg einberufenen Jury unter Vorsitz der damaligen Staatssekretärin und heutigen Ministerin Petra Olschowski waren: Dr. Christine Litz (Museum für Neue Kunst), Dr. Simone Schimpf (Neues Museum – Staatliches Museum für Kunst und Design Nürnberg), Johann Holten (Kunsthalle Mannheim), Dr. Reinhard Spieler (Sprengel Museum Hannover) und Dr. Leonie Beiersdorf (Staatliche Kunsthalle Karlsruhe). Alexander Schönemann, Bürgermeister der Gemeinde Bernau, und Margret Köpfer, Direktorin des Hans-Thoma-Kunstmuseums, nahmen mit beratender Stimme teil.