Im Rahmen des Innovationswettbewerbs „Klimaneutrale Produktion mittels Industrie 4.0-Lösungen“ wurden zehn Projekte bewilligt und mit rund 3,3 Millionen Euro Fördervolumen unterstützt. Damit sollen vor allem kleinen und mittleren Unternehmen bei der Umsetzung der digitalen Transformation geholfen werden.
„Für kleine und mittlere Unternehmen stellt die digitale Transformation eine große Herausforderung dar. Dabei ermöglicht gerade die Umsetzung von Maßnahmen der digitalen Transformation eine spürbare Steigerung der Ressourceneffizienz in verarbeitenden Unternehmen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz“, sagte Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus am 30. Dezember 2022 in Stuttgart. „Deshalb unternehmen wir sehr viel, damit dieser digitale Transformationsprozess auch für unseren Mittelstand eine Erfolgsgeschichte wird.“
Mit Hilfe digital unterstützter und automatisierter Produktionsprozesse und -systeme aus dem Industrie-4.0-Spektrum können signifikante Potenziale für den Klima- und Umweltschutz erschlossen werden, insbesondere bei Ressourcen-, Material- und Energieeffizienz, Abfallvermeidung und Treibhausgasverringerung. Das Wirtschaftsministerium setzt hier den Hebel an: Um Unternehmen bei der Ressourceneffizienz zu unterstützen, hatte das Wirtschaftsministerium im April 2022 einen Innovationswettbewerb für klimaneutrale Produktion mittels Industrie-4.0-Lösungen ausgerufen.
Zehn Projekte werden mit 3,3 Millionen Euro gefördert
Innerhalb der Antragsfrist wurden zehn Projektanträge eingereicht, die alle für eine Förderung ausgewählt und nun auch vollständig bewilligt wurden. Die Vorhaben erhalten in Summe Fördermittel in Höhe von circa 3,3 Millionen Euro. Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut sagte: „Die Projekte bearbeiten vielseitige Aspekte der Ressourceneffizienz und stellen wichtige Bausteine auf dem Weg zu einer klimaneutralen Produktion dar. Dabei sind die betrachteten Bereiche und Branchen sehr unterschiedlich, was uns zeigt, dass es nahezu überall Effizienzpotenziale gibt, die auch gehoben werden können.“
Die bewilligten Entwicklungsprojekte reichen von der Erstellung einer energiesparenden Lagersteuerung mit gewichtsreduzierten Lagerfahrzeugen für Hochregallager (Projekt „eLLa Light“) über die Digitalisierung von Bioraffineriekonzepten für die Nutzung von biogenen Seitenströmen der Bierindustrie („DigiBioRaff“) bis hin zur Untersuchung eines Ansatzes zur ressourcenschonenden smarten Produktentstehung eines federbasierten mechanischen Energiespeichers („FeMecEs4.0“). Die im Rahmen der Projekte entwickelten Lösungen sollen auch anderen Unternehmen als Vorlage dienen.
Der Wettbewerb „Klimaneutrale Produktion mittels Industrie 4.0-Lösungen“
Innerhalb des Innovationswettbewerbs „Klimaneutrale Produktion mittels Industrie 4.0-Lösungen“ konnten einzelbetriebliche Vorhaben maximal 250.000 Euro an Fördermitteln erhalten, Konsortialvorhaben bis zu 500.000 Euro. Der maximale Fördersatz an Unternehmen richtet sich an der Größe der antragstellenden Unternehmen aus, wobei ausschließlich Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe mit Sitz, Niederlassung oder Betriebsstätte in Baden-Württemberg und, einschließlich verbundener Unternehmen und/oder Partnerunternehmen, weniger als 3.000 Beschäftigten, sowie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Hochschuleinrichtungen mit Sitz beziehungsweise Standort der durchführenden Einrichtung in Baden-Württemberg antragsberechtigt waren.
Liste aller geförderten Projekte
- Projekttitel: Ausschussreduzierte Produktion von Brennstoffzellenstapeln durch bildgebende Qualitätskontrolle der Bipolarplatten
- Projektpartner: Advent Technologies GmbH, 77855 Achern, Optovis Tech UG, Fraunhofer ICT
- Kurzbeschreibung: Bipolarplatten sind wesentliche Komponenten von Brennstoffzellenstapeln. Sie leiten den Strom von Zelle zu Zelle und übertragen den Anpressdruck auf Elektroden und Dichtungen. Zudem sind sie mit Kanalstrukturen versehen, durch die die gasförmigen Reaktanden über die Elektrodenfläche verteilt werden. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, ist eine hohe Maßhaltigkeit der Bipolarplatten erforderlich. Das Vorhaben zielt darauf ab, den Ausschuss von beeinträchtigten, aber verwendbaren Bipolarplatten zu reduzieren.
- Fördersumme: 399.366 Euro
- Projekttitel: FeMecEs4.0 – Ansatz zur ressourcenschonenden smarten Produktentstehung eines federbasierten mechanischen Energiespeichers
- Projektpartner: Fraunhofer IAO, Haller-Jauch GmbH, 78056 Villingen-Schwenningen
- Kurzbeschreibung: Ziel des Vorhabens ist es, negative ökologische und soziale Auswirkungen bestimmter Produkte über den gesamten Entstehungsprozess zu reduzieren, indem ein innovativer ganzheitlicher Ansatz vorgeschlagen wird: Ressourcenintensive Produktkomponenten wie Akkus und Batterien werden als Energiespeicher ersetzt und die Produktion notwendiger Komponenten unter Einsatz von Industrie 4.0-Lösungen ressourcenschonender gestaltet. Dazu wird das Potenzial moderner Federtechnologie untersucht: Gespeicherte mechanische Energie wird bei Bedarf in elektrische Energie umgewandelt. Dazu soll eine Produkt- und Produktionsentwicklung von der Produktidee bis zur Fertigung eines funktionsfähigen Prototyps durchgeführt werden.
- Fördersumme: 495.495 Euro
- Projekttitel: Monitoring of BTEX compounds in compressed air supported by predictive analysis – MOCCA+
- Projektpartner: CS instruments GmbH & Co. KG, 78052 VS-Tannheim, Fraunhofer IPM
- Kurzbeschreibung: In der Lebensmittelindustrie oder der Pharmazie muss zu jeder Zeit sichergestellt sein, insbesondere wenn es sich um bereits gasförmige organische Substanzen wie BTEX (Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol) handelt, dass regulierte Grenzwerte eingehalten werden. Ziel des Projektes ist die Entwicklung einer hochempfindlichen Messtechnik für die smarte Online-Überwachung der Reinheit von Druckluft (zweikanaliger, photoakustischer Gassensor zur Überwachung des CH4- und Toluol-Gehalts). Die Messtechnik ermöglicht eine vorausschauende Wartung, minimiert somit Ausfälle der Produktion und maximiert Filterstandzeiten.
- Fördersumme: 499.735 Euro
- Projekttitel: Brennstoffzellenproduktion mittels Wasserstoff und Industrie 4.0-Lösung
- Projektpartner: Unicorn Engineering GmbH, 73525 Schwäbisch Gmünd
- Kurzbeschreibung: In dem Vorhaben soll eine Brennstoffzellenproduktion aufgebaut werden, die für jeden Zuverlässigkeitstest mit grünem Wasserstoff betrieben wird und sich selber mit den produzierten Stacks elektrisch und thermisch versorgen soll. Jedes stationäre Brennstoffzellensystem benötigt derzeit einen End-of-line-Test, der rund zwei Stunden dauert. Dabei erzeugt man sehr viel elektrische Energie (30 Kilowattstunden (kWh) bei 15 kW über zwei Stunden). Diese Energie ist CO2-neutral, da die Brennstoffzellen ausschließlich mit „grünem“ Wasserstoff betrieben werden sollen, der durch Elektrolyseure erzeugt wurde. Die Energie „verpuffen“ zu lassen wäre aus vielerlei Gründen nicht sinnvoll, weshalb man sie am besten dort einsetzt wo sie gebraucht wird: in der Produktion selbst, bei weiterem Überschuss im Gebäude und bei noch weiterem Überschuss zur Erzeugung von Wasserstoff. Die elektrische Energie kann in Batteriespeichern gepuffert werden, damit man während eines Wechsels des Brennstoffzellensystems die Anlagentechnik weiterbetreiben kann.
- Fördersumme: 243.390 Euro
- Projekttitel: Digitalisierung von Bioraffineriekonzepten für die kaskadische Nutzung von biogenen Seitenströmen der Bierindustrie (DigiBioRaff)
- Projektpartner: Frenvi UG, 78163 Mannheim, Hochschule Biberach
- Kurzbeschreibung: In dem Projekt soll eine optimierte, auf Reststoffen basierende Mikroalgenkultivierung gemeinsam mit einem Prozess zur Herstellung von essbarem Besteck und einem Brauereiprozess zu einem gewinnbringenden Bioraffineriekonzept verwoben werden. Der Fokus liegt auf einem neuen ressourcenoptimierten, digital und technologisch unterstützten Wertschöpfungsprozess im Biermarkt, der bei erfolgreicher Umsetzung als Leuchtturmprojekt für „Circular Bioeconomy“ auf Basis intelligenter IKT-Unterstützung auch in anderen Bereichen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie angewendet werden könnte. Die von beiden Partnern jeweils entwickelten Produktionstechnologien bieten bei entsprechender digitaler Flankierung die Chance, den Biertreber (Abfallprodukt der Bierindustrie) mit Primärstoffqualitäten in die höchste Kaskadenstufe der menschlichen Nahrungskette zu reintegrieren und somit die Materialressource optimal zu nutzen. Als neue Anwendungsprodukte entstehen essbares Besteck/Geschirrlösungen und Nahrungsergänzungsmittel (hochwertiges Protein).
- Fördersumme: 262.820 Euro
- Projekttitel: Entwicklung einer neuen Industrie 4.0-fähigen Strömungsschleifmaschine
- Projektpartner: 4MI GmbH, 79429 Malsburg-Marzell
- Kurzbeschreibung: Das Strömungsschleifen oder auch Abrasive Flow Machining (AFM) ist ein Verfahren zur Feinbearbeitung von innenliegenden Werkstückoberflächen und -kanten. Hierbei wird ein hochviskoses Trägermedium mit einer geeigneten Schleifkörnung versetzt, wodurch nahezu alle Werkstückbereiche erreicht werden können und zahlreiche Formelemente bearbeitet werden können. Im Projekt soll eine neue Steuerung implementiert, neue Komponenten integriert, ein neues Maschinenprogramm und ein neues Sensorkonzept entwickelt werden. Auf Basis dieser Entwicklungen soll dann eine komplett neue Industrie-4.0-fähige Strömungsschleifanlage entwickelt werden. Abgerundet wird das Projekt mit ersten Transferuntersuchungen zur Einbindung von Werkzeugen des Machine-Learning und der künstlichen Intelligenz.
- Fördersumme: 211.469 Euro
- Projekttitel: Nachhaltige Produktion von Kunststoffprofilen
- Projektpartner: Protektorwerk Florenz Maisch GmbH & Co. KG, 76571 Gaggenau
- Kurzbeschreibung: Im geplanten Vorhaben soll der energie- und materialintensive Fertigungsprozess der Extrusion von Bauprofilen durch neuartige Maßnahmen aus den Erkenntnissen von Industrie-4.0-Lösungen nachhaltig und klimaneutral optimiert werden. Darüber hinaus soll erarbeitet werden, ob durch den Einsatz von Faserverstärkungen die Menge von erforderlichem Rohmaterial, ohne Funktionsverlust der Profile hinsichtlich Einsatz und Verarbeitung reduziert und damit die Materialeffizienz gesteigert werden kann
- Fördersumme: 101.187 Euro
- Projekttitel: Entwicklung einer energiesparenden Lagersteuerung mit gewichtsreduzierten Lagerfahrzeugen (eLLa Light)
- Projektpartner: Gebhardt Fördertechnik GmbH, 74889 Sinsheim, Uni Stuttgart, Institut für Fördertechnik und Logistik
- Kurzbeschreibung: Durch Wiederanlaufprobleme werden in der industriellen Intralogistik-Praxis Regalförderzeuge und Fördertechnik nie vollständig abgeschaltet. Durch die Entwicklung einer energiesparenden Lagersteuerung mit Deep-SleepModus (= energieoptimierter Stand-By-Modus), basierend auf einem echtzeitfähigen energiesparenden KI-gestützten Materialflussrechner mit gewichtsreduzierten Lagerfahrzeugen aus 3D-Druck-Leichtbauteilen, soll den Defiziten des Stands der Technik entgegengewirkt und eine künftige klimaneutrale Produktion im Sinne der Industrie 4.0 ermöglicht werden.
- Fördersumme: 391.427 Euro
- Projekttitel: Digitalisierung des Schnellschmiedeprozesses als Voraussetzung zur integrierten Wärmebehandlung
- Projektpartner: VHW Metallpresswerk GmbH, 78549 Spaichingen
- Kurzbeschreibung: Gesenkschmieden ist ein Verfahren der Umformtechnik (Druckumformung), das im Falle von Stahl bei Temperaturen von circa 1.250 Grad Celsius durchgeführt wird. Es ist ein spanloses Formgebungsverfahren und erfordert hohe Presskräfte und damit höchst kapitalintensive Werkzeugmaschinen. Innerhalb des Gesenkschmiedens gibt es eine Nischenanwendung, die für hohe Losgrößen eine attraktive Wirtschaftlichkeit hat, weil sie fast abfallfrei mit hohen Stückleistungen arbeitet: Schnellschmiedepressen. Durch Chargenwechsel an der Presse sind Stillstände unvermeidbar, um jeweils eine optimale Einstellung herauszufinden. Mittels der Digitalisierung können Rezepte aus vorangegangenen Stahlchargen in der Maschinensteuerung hinterlegt werden. Ziel des Projektes ist es, durch den Einsatz von Digitalisierung den Energie- und Werkstoffeinsatz zu reduzieren, damit die CO2-Emissionen zu senken sowie die Fertigung effizienter und reproduzierbarer zu machen.
- Fördersumme: 148.548 Euro
- Projekttitel: COREZOPTI - Prozess CO2-Rechner und Ressourceneffizienzoptimierungstool für die Zerspanung
- Projektpartner: Kern GmbH & Co. KG, Maier Werkzeugmaschinen GmbH & Co. KG, 72329 Hechingen, Mesa Parts GmbH, Institut für Werkzeugmaschinen (IfW) der Uni Stuttgart, Institut für Produktionstechnik (wbk) des KIT, Hochschule Furtwangen Campus Tuttlingen
- Partner ohne Förderung: Verein Zukunftsorientierte Zerspanung e.V., FMI Verband der deutschen Drehteileindustrie
- Kurzbeschreibung: Zur Treibhausgasreduzierung wird innerhalb des geplanten Projektes ein Prozess-CO2-Rechner für die Zerspanung entwickelt. Dieses Tool zeichnet sich durch die Nutzung digitaler Sensor- und Maschinendaten nach den Prinzipien Industrie 4.0 sowie einem modularen Simulationsaufbau aus. Damit können zusätzlich zur CO2-Entstehung mithilfe einer modellbasierten Simulation Optimierungspotenziale hinsichtlich einer möglichen CO2-Einsparung in der Produktion aufgezeigt werden. Zerspanende Unternehmen können mit diesem Berechnungs- beziehungsweise Simulationstool ihren prozessbasierten CO2-Fußabdruck erheblich reduzieren. Als Alleinstellungsmerkmal können CO2-bezogene Prozesssimulationen und Optimierungen durchgeführt werden. Durch den modularisierten Aufbau kann der Rechner um weitere Daten, Detaillierungsgrade und auch Prozessschritte erweitert werden, was die Basis für eine langfristig gewünschte Betrachtung der gesamten Prozesskette darstellt.
- Fördersumme: 499.526 Euro