Das Land fördert drei Projekte zur Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch. Die Reduzierung von Tierversuchen ist ein wichtiges Tierschutzziel.
„Die Vermeidung von Tierversuchen ist ein wichtiges Anliegen im Sinne des Tierschutzes. Es ist unser erklärtes Ziel, die Zahl und die Belastung von Versuchstieren in Baden-Württemberg weiter zu verringern. Daher fördert die Landesregierung gezielt die Erforschung geeigneter Methoden sowie Projekte zur Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, am 20. Oktober 2023.
Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz fördert jährlich Arbeiten zur Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch. Die Forschungsprojekte müssen in Baden-Württemberg oder unter Beteiligung von Einrichtungen aus Baden-Württemberg durchgeführt werden. Baden-Württemberg ist ein wichtiger Standort der biomedizinischen Forschung. Dies bringt es auch mit sich, dass in vielen Forschungseinrichtungen Tierversuche durchgeführt werden. Jeder Versuchsantrag wird von den zuständigen Behörden begutachtet und nur bei Vorliegen der strengen rechtlichen Voraussetzungen genehmigt. „Wir stehen zu unserer Verantwortung, Alternativen zu entwickeln. Deshalb fördern wir gezielt die Entwicklung und Anwendung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch in Wissenschaft und Lehre“, so Minister Hauk.
In manchen Bereichen, beispielsweise in der angewandten medizinischen Forschung, gebe es noch keine ausreichenden Alternativen. Bestimmte Versuche, beispielsweise zur Prüfung der Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneistoffen, seien gesetzlich vorgeschrieben.
Die drei ausgewählten Projekte im Überblick
Zur diesjährigen Ausschreibung wurden unter Mitwirkung einer aus Vertreterinnen und Vertretern von Tierschutz und Wissenschaft besetzten Bewertungskommission drei Projekte ausgewählt, die eine Förderung erhalten:
- Projektleitung: Prof. Dr. Petra Kluger
- Fakultät Life Sciences der Hochschule Reutlingen
- Die Adipositas (Fettleibigkeit) stellt mittlerweile eine „Volkskrankheit“ in Industrie- und zunehmend auch Schwellenländern mit gravierenden ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen dar. Betroffene leiden unter einem zu hohen Körpergewicht, das maßgeblich durch zu viel Fettgewebe im Körper verursacht wird. Dies hat negative Auswirkungen auf den gesamten Organismus. Neben einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle oder Herzinfarkte zählen auch Depressionen, Unfruchtbarkeit, Typ-2-Diabetes oder Krebs zu den Folgeerkrankungen. Für die Erforschung von Adipositas, von deren Folgen sowie Behandlung werden Versuchstiere eingesetzt. Ziel des Projektes ist der Aufbau eines humanen in vitro 3D Fettgewebe-Modells aus Stammzellen von adipösen Spendern, das anstelle von Tierversuchen zur Testung von Wirkstoffen herangezogen werden kann.
- Projektleitung: Dr. Luigi Marongiu und Dr. Markus Burkard
- Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Hohenheim
- Mikroben spielen eine entscheidende Rolle in der Physiologie des Dickdarms. Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass die kommensalen Bakterien, die im Darmtrakt leben, für eine gesunde Konstitution unerlässlich sind. Eine Veränderung der Darmflora wird mit einer Vielzahl von Krankheiten in Verbindung gebracht, die von Typ-2-Diabetes bis hin zu Krebs reichen. Die experimentellen Belege für den Zusammenhang zwischen mikrobiellem Wachstum und menschlicher Gesundheit beruhen in erster Linie auf Tierversuchen. Zusätzlich werden Versuchstiere benötigt, um benötigte Reagenzien zu gewinnen. Das Projekt zielt darauf ab, Tierversuche durch sog. Kolonoide als Modelle für die Untersuchung der Kolon-Physiologie und -Pathologie zu ersetzen. Durch das neuartige Testmodell sollen ohne Tiere zu verwenden die bakteriell induzierte Pathogenese untersucht werden oder Reagenzien für Experimente bereitgestellt werden.
- Projektleitung: Andrew Clark
- Institut für Zellbiologie und Immunologie der Universität Stuttgart
- Die Organoid-Technologie wird heute in großem Umfang als In-vitro-Zellkulturmodell für verschiedene Gewebe verwendet. Bei Organoiden handelt es sich um im Labor gezüchtete Zellgruppen, die denen von Organen gleichen. Die Bezeichnung „Organoid“ bedeutet organartig. Organoide haben bereits viele Tierversuche ersetzt. Die Kultur der Organoide ist allerdings noch stark von Produkten tierischen Ursprungs abhängig. Besonders häufig wird dabei Matrigel (Corning) verwendet, für dessen Herstellung Mäuse verwendet werden. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines alternativen Kultursystems, welches frei von tierischen Produkten ist, zur Untersuchung der Funktion der Darmbarriere.
Minister Hauk dankt allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich beworben haben, ausdrücklich für ihr Engagement. Auch die Bewertungskommission, die die Anträge geprüft hat, habe ausgezeichnete Arbeit geleistet, so Minister Hauk.