Verkehrsminister Winfried Hermann sagte: „Damit das Land seine Klimaziele im Verkehrssektor erreicht, muss auch auf der Schiene der Dieselantrieb möglichst bald der Vergangenheit angehören. Da der Bau von Oberleitungen lange dauert und teilweise sehr teuer ist, sind auf manchen Bahnstrecken Züge mit alternativen Antrieben das Mittel der Wahl. Hierzu hat die Studie wertvolle Erkenntnisse geliefert.“
Elektrischer Antrieb und alternative Antriebe im Vergleich
Die Frage Elektrifizierung mit einer Oberleitung oder Fahrzeuge mit alternativen Antrieben wurde im Zuge der an eine Bietergemeinschaft aus TransportTechnologie-Consult Karlsruhe GmbH (TTK), komobile GmbH aus Wien und weiteren Partnern vergebenen Studie für 16 Streckenabschnitte in Baden-Württemberg gestellt. Einerseits handelt sich dabei um Strecken, die im Elektrifizierungskonzept des Landes der Kategorie 3 „Langfristiger Bedarf/fahrzeugseitige Lösungen“ zugeordnet sind. Andererseits haben die Gutachter auch Strecken der Kategorie 2 „Vordringlicher Bedarf / Lückenschluss“ geprüft, für welche kein konkretes Elektrifizierungsprojekt bestehen. Untersucht wurde konkret der Einsatz der folgenden Antriebstechnologien:
- Batterie-Hybrid-Züge (BEMU = battery-electric multiple unit) werden vom Strom aus einer Batterie angetrieben, die auf Streckenabschnitten mit Oberleitung wieder aufgeladen wird.
- Wasserstoff-Hybrid-Züge (HEMU = hydrogen-electric multiple unit) werden vom Strom aus einer Brennstoffzelle angetrieben, die den Strom aus Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt.
- konventionelle elektrische Züge (EMU = electric multiple unit) werden vom Strom aus der Oberleitung angetrieben.
Je nach Antriebstechnologie ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an die Infrastruktur. So bedarf der Einsatz klassischer elektrisch betriebener Züge einer Elektrifizierung der gesamten Strecke mit einer Oberleitung. Für den Einsatz von Batterie-Hybrid-Züge dagegen ist nur die Elektrifizierung einzelner Streckenabschnitte nötig. Für den Betrieb von Wasserstoff-Hybrid-Zügen wäre eine entsprechende Tankstelleninfrastruktur beziehungsweise Produktionsstandorte für grünen Wasserstoff zu errichten.
Wasserstoff-Hybrid-Züge konnten nicht überzeugen
Für die verschiedenen Antriebstechnologien wurden Infrastrukturszenarien entwickelt, die anfallenden Kosten ermittelt und mögliche streckenspezifische Synergieeffekte untersucht. Daneben wurden auch fahrzeugtechnische Parameter wie Produktionskosten, Instandhaltungsaufwände, der Energiebedarf der Fahrzeuge sowie die Kohlenstoffdioxid(CO2)-Emissionen untersucht und in der Bewertung berücksichtigt.
Maßgebend für die Bewertung waren volkswirtschaftliche Gesichtspunkte, aber auch ergänzende strategische Aspekte, wie beispielsweise der Lückenschluss zwischen bestehende Strecken mit Oberleitung, mögliche Funktion im Güterverkehr beziehungsweise die Option für Umleitungsverkehre. Diese sind ebenfalls in die finale Empfehlung eingeflossen.
Bereits jetzt lässt sich feststellen, dass der Betrieb mit Wasserstoff-Hybrid-Zügen in naher Zukunft aufgrund diverser betrieblicher und wirtschaftlicher Gründe nicht weiter in Betracht gezogen wird. Im direkten Vergleich konnte sich diese Technologie auf keiner der untersuchten Strecken in Baden-Württemberg – auch aufgrund der Eigenschaften der Infrastruktur und des Betriebs – durchsetzen.
Empfehlungen des Gutachtens für die untersuchten Teilnetze
- Strecke: Pforzheim-Horb
- Nicht elektrifiziert: Pforzheim-Brötzingen-Hochdorf
- Empfehlung: Einsatz von Batterie-Hybrid-Zügen
- Begründung des Gutachters: Deutliche Kostenvorteile für den Einsatz von Batterie-Hybrid-Zügen. Gegen eine Elektrifizierung der Gesamtstrecke sprechen eine eingeschränkte Nutzbarkeit im Schienengüterverkehr und eine große Zahl an Tunneln und anderer Gewerke, deren Elektrifizierung mit hohem zeitlichen und wirtschaftlichen Aufwand verbunden wäre.
- Strecken: Ulm-Sigmaringen, Sigmaringen-Tuttlingen, Herbertingen-Aulendorf
- Nicht elektrifiziert: Ulm-Sigmaringen, Sigmaringen-Tuttlingen, Herbertingen-Aulendorf
- Empfehlung: Einsatz von Batterie-Hybrid-Zügen
- Begründung des Gutachters: Deutliche Kostenvorteile für den Einsatz von Batterie-Hybrid-Zügen. Für die Gesamtstrecke wäre der Aufwand für den Bau einer Oberleitung sehr hoch.