Energie

Gemeinsamer Beschluss zu energie- und industriepolitischen Themen

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von links nach rechts: Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin des Saarlandes, Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, Boris Rhein, Ministerpräsident von Hessen, und Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, sitzen in der Landesvertretung Baden-Württemberg mit Mitarbeitern zusammen.

Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und des Saarlandes haben sich in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg in Berlin zu energie- und industriepolitischen Fragen beraten und einen gemeinsamen Beschluss gefasst.

Gespräch der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland zu energie- und industriepolitischen Themen am 12. Mai 2023 in Berlin

Gemeinsamer Beschluss

Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland fassen folgenden Beschluss:

  1. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland unterstützen das Ziel des Bundes, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Der Bund hat bereits weitreichende Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien auf den Weg gebracht. Dazu gehören die Gesetzespakete, mit denen zum Beispiel deutliche Erleichterungen für den Windenergieausbau, Vereinfachungen der immissionsschutzrechtlichen Regelungen oder Standardisierungen im Naturschutz erreicht wurden.
     
  2. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland flankieren die Klimaschutzziele des Bundes durch zahlreiche Maßnahmen auf Landesebene.
     
  3. Dabei ist klar, dass sich Deutschland in einem weltweiten Wettbewerbsumfeld befindet. Ziel muss es sein, den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt attraktiv zu halten und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Transformation hin zur Klimaneutralität muss in ganz Deutschland gelingen, Unternehmen müssen im ganzen Land angemessene Möglichkeiten zur Entwicklung haben.
     
  4. Die Transformation muss so ausgestaltet werden, dass jederzeit eine sichere, verlässliche und bezahlbare Energieversorgung gewährleistet bleibt. Die Unternehmen in Deutschland brauchen Planungssicherheit und Rahmenbedingungen, die Investitionen in die Zukunft erlauben.
     
  5. Vor diesem Hintergrund halten die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland insbesondere folgende Maßnahmen für erforderlich:
  • a. die Forcierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien
    • durch die weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Errichtung von, Freiflächen-Photovoltaikanlagen, Windenergieanlagen an Land sowie die Nutzung von Geothermie, Wasserkraft und Bioenergie;
    • durch die Einrichtung von Länderöffnungsklauseln in Bundesgesetzen, um den Ländern weitergehende Flächenöffnungen für erneuerbare Energien zu ermöglichen;
       
  • b. die Gewährleistung eines deutschlandweiten schnellen und zielgerichteten Wasserstoff-Hochlaufs
    • durch die zeitnahe Festlegung von Umfang und Finanzierungsrahmen eines deutschlandweiten Wasserstoff-Startnetzes und eines verbindlichen gesetzlichen Rahmens für eine integrierte Netzentwicklungsplanung von Gas und Wasserstoff, unter Beteiligung von Bundestag und Bundesrat. Dies muss den Aufbau einer grenzüberschreitenden europäischen Wasserstoffinfrastruktur umfassen, die auf bestehende und auszubauende Gasnetzverbindungen aufbaut. Für ganz Deutschland muss das gleiche Tempo für den Aufbau des Wasserstoffnetzes gelten, um neue Unsicherheiten und eine Investitionszurückhaltung zu verhindern. In diesem Kontext ist der Aufbau einer nationalen Wasserstoffgesellschaft abzulehnen. Mit Blick auf die nötige Diversifizierung der Bezugsquellen insbesondere von grünem Wasserstoff muss ganz Deutschland sowohl mit dem Norden, Westen wie auch Süden Europas verbunden werden.
    • durch einen zeitnahen Aufbau von lastnahen Elektrolyseuren in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland, um den zeitlichen Gap zwischen flächendeckender Pipelineversorgung und aufkommendem Bedarf zu überwinden. Dafür müssen vom Bund die entsprechenden Rahmen- und Förderbedingungen geschaffen werden, die eine H2-Erzeugung vor Ort in allen Regionen Deutschlands ermöglichen.
    • durch eine angemessene Regulierung seitens der EU. So würde etwa eine strikte regulatorische Trennung des Betriebs von Wasserstoff- und Erdgasnetzen den Aufbau der Wasserstoffnetze aus dem Erdgasnetz heraus erheblich erschweren. Deshalb sind einfache und praktikable Regelungen analog zu den bestehenden Vorschriften für das Erdgasnetz klar zu bevorzugen.
       
  • c. die zeitnahe Umsetzung der Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus der Stromübertragungsnetze durch die Bundesnetzagentur;
    Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland wollen den für den Ausbau der Erneuerbaren Energien erforderlichen Netzausbau auf der Übertragungs- und Verteilnetzebene bestmöglich unterstützen und vorantreiben.
     
  •  d. den Erhalt der liquiden deutschen Strompreiszone:
    • Bei einer Aufteilung der Preiszone stünden einer möglichen Reduzierung der Börsenstrompreise in einer neuen Gebotszone nicht nur höhere Börsenstrompreise für die Stromverbraucher in anderen Gebotszonen gegenüber; die Trennung der Preiszonen hätte weitere schwerwiegende negative Auswirkungen zur Folge. Kleine Märkte sind ineffizienter als große: Die Liquidität sinkt, große Marktteilnehmer könnten ihre Marktmacht besser zulasten der Verbraucher ausspielen und die Variabilität des Strompreises würde steigen. Die damit einhergehenden Unsicherheiten und enormen Transaktions- und Umstellungskosten wirken investitions- und transformationshemmend und schaden dem gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland. Dies würde allein aufgrund der geographischen und topographischen Zufälligkeiten eine strukturelle Benachteiligung für die industriellen Zentren im Süden und Westen Deutschlands bedeuten. Schon aus diesem Grund ist eine Aufteilung abzulehnen.
    • Eine einheitliche Strompreiszone ist zudem zentraler Ausdruck des einheitlichen deutschen Wirtschaftsraums. Eine Schwächung der wirtschaftlich starken Länder des Südens und des Westens kann nicht im Interesse der Bundesregierung und auch nicht der norddeutschen Länder sein.
       
  • e. die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für einen zeitnahen und netzdienlichen Zubau von wasserstofftauglichen Gaskraftwerken;
     
  • f. die Verbesserung der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen bei Speichern
     
  • g. die Einführung eines wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Industriestrompreises zeitnah nach dem Auslaufen der Strompreisbremse zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit während der Transformation insbesondere der energieintensiven Industrie und der mittelständischen Unternehmen zur Klimaneutralität. Dabei darf ein Industriestrompreis nicht zu regionalen oder sektoralen Wettbewerbsverzerrungen führen. Er muss zudem rechtssicher, einfach und unbürokratisch umgesetzt werden, um insbesondere den Mittelstand nicht zu überfordern. Eine zeitliche Befristung wird angestrebt.
     
  • h. den Erhalt eines angemessenen Einflusses der Länder in Regulierungsfragen.
    Mit Blick auf die nötige Neuordnung der Regulierungslandschaft in Reaktion auf das EuGH-Urteil von 2021 zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde fordern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland zudem, dass der bislang bestehende Einfluss der Länder auf die Regulierung der Netze über den Bundesrat (Zustimmungserfordernis) erhalten bleiben muss. Zentrale Regulierungsfragen wie die Netzentgelte dürfen nicht von der Bundesnetzagentur allein festgelegt werden. Hier ist ein Einvernehmen mit den Regulierungsbehörden der Länder herzustellen.

Gemeinsamer Beschluss zu energie- und industriepolitischen Themen am 12. Mai 2023 in Berlin (PDF)

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