Im Rahmen des Projekts „Inklusive Bildung“ werden Menschen mit Behinderungen zu Bildungsfachkräften qualifiziert. Als „Experten in eigener Sache“ sollen sie Studierende und Lehrende für das Thema Teilhabe sensibilisieren.
In Baden-Württemberg werden Menschen mit Behinderungen zu Bildungsfachkräften ausgebildet. Das Land sichert ihnen nun dauerhafte Arbeitsplätze. Wie Wissenschaftsministerin Theresia Bauer mitteilte, steht die Finanzierung zur Fortsetzung des Projekts „Inklusive Bildung Baden-Württemberg“. Als „Experten in eigener Sache“ sollen Menschen mit Behinderungen zum Beispiel Inklusions-Seminare geben und dazu beitragen, dass Studierende und Lehrende besser verstehen, was es bedeutet, mit Einschränkungen zu leben. Die ersten sechs Bildungsfachkräfte sind schon in der Ausbildung, weitere sollen folgen.
„Die Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen gesellschaftlichen Bereichen und insbesondere in der Bildung ist mir ein wichtiges Anliegen“, sagte Bauer. Es sei faszinierend, mit welchem Selbstbewusstsein, welcher Kraft und Expertise die ersten Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Ausbildung zu Bildungsfachkräften heute in der Lage seien, zu präsentieren, einzuordnen und sich im offenen Dialog Fragen zu stellen. „Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass dies ein hervorragendes Vorhaben ist. Und dass ganz viele Menschen davon profitieren können“, sagte Bauer.
Mehrwert für künftige Lehrerinnen und Lehrer
Verschiedene Hochschulen hätten bereits Interesse signalisiert, die Bildungsfachkräfte in ihre Lehrveranstaltungen einzubeziehen. „Das ist ein echter Mehrwert für künftige Lehrerinnen und Lehrer, von dem alle profitieren können.“
Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens sieht Bauer als eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit. „Deshalb müssen wir vor allem auch die Barrieren in den Köpfen abbauen.“ Bereits bei Kindern und Jugendlichen sei eine möglichst frühzeitige Sensibilisierung für das Thema Inklusion ganz besonders wichtig. Lehrerinnen und Lehrern komme hierbei eine entscheidende Rolle zu.
Daher sollen künftige Lehrkräfte aller Schularten bereits im Lehramtsstudium noch stärker auf das Thema Inklusion vorbereitet werden. Bei der Reform der Lehrerbildung ab dem Wintersemester 2015/16 wurden Inhalte zu Grundfragen der Inklusion im Lehramtsstudium (Bachelorstudiengang und Masterstudiengang) in den Bildungswissenschaften und zusätzlich Fragen der Inklusion in den einzelnen Fächern verbindlich verankert.
Experten in eigener Sache
Die Qualifizierung von Menschen mit Behinderungen zu Bildungsfachkräften und ihr Einsatz als „Experten in eigener Sache“ in hochschulischen Lehrveranstaltungen leistet einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung von Studierenden für inklusive Arbeitsumfelder. Dies betrifft nicht nur die Lehramtsstudierenden, die aufgrund ihres Bildungs- und Erziehungsauftrages eine besondere Verantwortung haben, sondern auch die Studierenden mit anderen Berufszielen, in denen das Thema Inklusion immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Einsatz an Hochschulen im ganzen Land
Das Projekt „Inklusive Bildung Baden-Württemberg“ wird in enger Zusammenarbeit zwischen dem Wissenschaftsministerium, den Projektverantwortlichen und der Pädagogischen Hochschule Heidelberg verstetigt. Damit erhalten die sechs Menschen mit Behinderungen, die im Rahmen einer dreijährigen Qualifikation zu Bildungsfachkräften ausgebildet werden, eine dauerhafte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Ziel ist, das Projekt weiter auszubauen, damit möglichst viele Studierende im Land mit den Bildungsfachkräften im Rahmen von Lehrveranstaltungen in Kontakt kommen und hiervon profitieren können.
Geschäftsstelle eingerichtet
Um dieses engagierte Vorhaben mit allen Beteiligten voranzubringen und weiterzuentwickeln, wurde am Wissenschaftsministerium eigens die Geschäftsstelle Inklusive Bildung eingerichtet. Im Doppelhaushalt 2020/2021 wurden im Etat des Ministeriums Mittel in Höhe von 528.000 Euro für das Projekt „Inklusive Bildung“ verankert.
Kooperationsprojekt
Das Projekt wurde von der Fachschule für Sozialwesen der Johannes-Diakonie Mosbach initiiert. Eine Kooperation mit dem Institut für Inklusive Bildung, einer selbstständigen, der Universität zu Kiel angegliederten Einrichtung, und die finanzielle Unterstützung durch die Dieter Schwarz Stiftung ermöglichten den Ausbau der Idee zum Projekt „Inklusive Bildung Baden-Württemberg“ und die dreijährige Qualifizierung von Menschen mit Behinderungen zu Bildungsfachkräften. Als Kooperationspartner auf Hochschulebene konnten die Pädagogische Hochschule Heidelberg und die Evangelische Hochschule Ludwigsburg gewonnen werden. Das Projekt war von Beginn an auf Nachhaltigkeit und Verstetigung angelegt. Ziel ist, den Bildungsfachkräften im Anschluss an die dreijährige Qualifizierung dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse anbieten zu können.
Wissenschaftliche Begleitung
Das geplante Zentrum für Inklusive Bildung an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg bildet den Rahmen für den Einsatz der sechs Bildungsfachkräfte in der Hochschullehre. Flankierend wird eine dreijährige wissenschaftliche Begleitung angestrebt, um Aussagen über die Wirkung des Einsatzes der Bildungsfachkräfte auf die Bildungsfachkräfte selbst und auf die Zielgruppen (Lehramtsstudierende, Studierende in anderen Bereichen, weitere Zielgruppen, zum Beispiel öffentliche Verwaltung) treffen zu können.