Armutsgefährdete Kinder und Jugendliche haben ein höheres gesundheitliches Risiko und damit geringere Chancen auf ein gesundes Leben. Dies geht aus dem dritten Gesellschaftsreport Baden-Württemberg mit dem Titel „Familienarmut – ein Risiko für die Gesundheit von Kindern“ hervor.
Während der Großteil der Heranwachsenden in Baden-Württemberg gute Chancen hat, gesund aufzuwachsen, haben insbesondere die knapp 20 Prozent armutsgefährdeter Kinder und Jugendlichen ein höheres gesundheitliches Risiko und damit geringere Chancen auf ein gesundes Leben. Dies geht aus dem dritten Gesellschaftsreport Baden-Württemberg mit dem Titel „Familienarmut – ein Risiko für die Gesundheit von Kindern“ hervor, den Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha vorgestellt hat.
400.000 Euro für Präventionsnetzwerke für Kindergesundheit
„Als erste Konsequenz aus dem Report haben wir umgehend das Programm ,Aktiv und gemeinsam gegen Kinderarmut und für Kindergesundheit‘ auf den Weg gebracht“, sagte Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha. „Wir werden an verschiedenen Standorten insgesamt 400.000 Euro für den Aufbau von Präventionsnetzwerken gegen Kinderarmut mit dem Schwerpunktthema Gesundheit investieren.“ Ein entsprechender Förderaufruf, welcher sich an Gemeinden, Städte sowie Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg richtet, sei bereits veröffentlicht worden und auf der Homepage des Ministeriums abrufbar.
Der Förderaufruf sei Teil des Schwerpunktthemas „Starke Kinder“, an dessen Umsetzung sein Haus derzeit intensiv arbeite, so Lucha weiter. Kinder im ganzen Land sollten mit einem Bündel verschiedener Maßnahmen gestärkt und wirksamer vor Gefahren geschützt werden. Hierzu gehörten neben der Bekämpfung der Kinderarmut und der Verbesserung der Kindergesundheit die Weiterentwicklung des Kinderschutzes, die Stärkung der Partizipation von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Jugendhilfe und die Fortentwicklung des Programms „STÄRKE“.
Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und Gesundheit bei Kindern
Der nun vorliegende Gesellschaftsreport weist unter anderem nach, dass Übergewicht und Adipositas bei vier- bis fünfjährigen Kindern aus Familien mit niedrigem Sozialstatus wesentlich häufiger vorkommen als bei Kindern aus Familien mit hohem Sozialstatus. Zudem zeigt sich bei Kindern aus Familien mit niedrigem Sozialstatus seltener eine altersentsprechende Grobmotorik.
Und auch die Zahngesundheit ist vom Sozialstatus und Bildungsniveau abhängig: Kinder in Gymnasien haben laut Untersuchungen deutlich bessere Zähne als Kinder in Hauptschulen. Eine weitere Erkenntnis aus dem Report ist, dass ein hoher Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund nicht die gleichen Gesundheitschancen wie Kinder ohne Migrationshintergrund hat. Diese Unterschiede sind nur teilweise über den Sozialstatus erklärbar. Mädchen mit niedrigem Sozialstatus und Migrationshintergrund weisen am häufigsten ein hohes Körpergewicht auf. Da der Bildungsstand der Mutter einen deutlich stärkeren Einfluss auf die Gesundheit ihres Kindes zu haben scheint als der des Vaters, könnten Präventionsstrategien über mehrere Generationen hier ansetzen. Wie Präventions- und Hilfemaßnahmen strategisch und zielorientiert umgesetzt werden können, zeigt der Report anhand von Best-Practice-Beispielen aus ganz Baden-Württemberg.
Einfacher Zugang zu gesundheitsfördernden Maßnahmen und Leistungen
„Alle Kinder, unabhängig vom Sozialstatus der Eltern, müssen für eine gute Entwicklung denselben Zugang zu gesundheitsfördernden Maßnahmen erhalten“, betonte Lucha. Dies sei ein wichtiges Element der kindbezogenen Armutsprävention. Chancengerechtigkeit und Teilhabemöglichkeiten müssten für alle Kinder und Jugendliche gewährleistet sein. Dazu sei entscheidend, dass bei den Präventionsmaßnahmen alle Lebenswelten der betroffenen Kinder berücksichtigt würden und die verschiedenen Akteure zusammenwirkten.
„Präventive Maßnahmen sind dann besonders effektiv, wenn sie von einem engmaschigen Netz bestehend aus Fachkräften des Gesundheits- und Bildungswesens, Lehr- und Betreuungskräften, Familienbildungszentren und von Verantwortlichen aus der Kommune und den Quartieren getragen oder initiiert werden“, so der Minister weiter. „Aus meiner Sicht brauchen wir neben unseren lokalen und regionalen Aktivitäten vor allem eine Bundespolitik, die für wirklich gute Rahmenbedingungen sorgt. Das bedeutet konkret, die Leistungen des Bildungs-und Teilhabepakets für einkommensschwache Familien endlich zu entbürokratisieren, die Idee einer umfassenden Kindergrundsicherung mit Kraft voranzutreiben und eine sektorenübergreifende Gesundheitsversorgung zu schaffen, bei der auch für Kinder alle wichtigen Leistungen unkompliziert und einfach zugänglich sind.“
Gesellschaftsreport BW
Der „Gesellschaftsreport BW“ wird von der FamilienForschung im Statistischen Landesamt im Auftrag des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg erstellt und bietet kurze und prägnante wissenschaftliche Analysen zu einem breiten Spektrum gesellschaftlich relevanter Themen. Jede Ausgabe beruht auf Ergebnissen der amtlichen Statistik und der sozialwissenschaftlichen Forschung, gibt Praxisbeispiele an die Hand und benennt sozialpolitische Handlungsfelder.
GesellschaftsReport BW 3-2018: Familienarmut – ein Risiko für die Gesundheit von Kindern (PDF)