Der Gesellschaftsreport des Landes zeigt, dass sich armutsgefährdete Menschen in Baden-Württemberg häufiger einsam und sozial isoliert fühlen. Um dem entgegenzuwirken, stellt das Land Fördermittel in Höhe von insgesamt bis zu 300.000 Euro zur Verfügung.
Einsamkeit ist ein vielschichtiges Phänomen mit unterschiedlichen Ursachen. Einsamkeit sieht man nicht, dennoch wird sie für viele Menschen zunehmend zu einem Problem. Die Corona-Pandemie und ihre Nachwirkungen haben bei vielen Menschen Einsamkeitsgefühle und soziale Isolation verstärkt. Hiervon sind insbesondere armutsgefährdete Personen betroffen. Zu diesem Ergebnis kommt der Gesellschaftsreport „Soziale Isolation und Einsamkeit armutsgefährdeter Menschen in Baden-Württemberg (PDF)“, der innerhalb der bundesweiten Aktionswoche „Gemeinsam aus der Einsamkeit“ veröffentlicht wurde.
„Einsamkeit und soziale Isolation sind nicht nur ein individuelles Problem, sondern haben eine gesellschaftliche Dimension. Wer wenig Geld hat, kann auch seltener an gesellschaftlichen und kulturellen Angeboten teilhaben. Darum fühlen sich armutsgefährdete Menschen häufiger einsam und isoliert“, sagte Sozial- und Gesundheitsminister Manne Lucha anlässlich der Veröffentlichung des Berichts. „Wir stellen Fördermittel in Höhe von insgesamt bis zu 300.000 Euro für Projekte zur Verfügung, die dazu beitragen, Einsamkeit und soziale Isolation von Menschen mit Armutserfahrung zu verringern“, so Lucha weiter.
Armutsgefährdete Menschen fühlen sich häufiger einsam
In Baden-Württemberg hat sich im Jahr 2021 ein Anteil von 17,5 Prozent der armutsgefährdeten Menschen nach eigener Einschätzung häufig oder sehr häufig einsam gefühlt. Rund 15,8 Prozent haben sich sozial isoliert gefühlt. Bei den nicht-Armutsgefährdeten war der Anteil deutlich niedriger: 6,7 Prozent bezeichneten sich als einsam und 4,2 Prozent fühlten sich sozial isoliert. Das geht aus dem Sozio-Oekonomischen Panel (SOEP) 2021 hervor.
Besonders schwerwiegend ist die Situation, wenn Einsamkeit und Armutserfahrungen mit anderen negativen Faktoren wie einem schlechten Gesundheitszustand oder Erwerbslosigkeit zusammentreffen. Einsamkeitsbelastete Menschen zeigen außerdem ein signifikant niedrigeres Vertrauen in politische Institutionen. Hingegen wirken gesellschaftliche Teilhabe, soziale Bindungen und Bildung vorbeugend gegen Einsamkeit. Die vom Land geförderten Projekte sollen insbesondere:
- die Vernetzung zwischen Menschen mit und ohne Armutserfahrung fördern,
- die gesellschaftliche Beteiligung von Menschen mit Armutserfahrung stärken,
- im Dialog erörtern, was dazu beiträgt, das Risiko von Einsamkeit und sozialer Isolation durch gesellschaftliche Entwicklungen oder Krisen nicht zu verschärfen.
Armutsberichterstattung des Landes
Soziale Isolation ist die objektive physische Trennung von Anderen, also das Fehlen sozialer Kontakte und Interaktionen. Einsamkeit dagegen beschreibt die Diskrepanz zwischen der Qualität der gewünschten und der tatsächlich vorhandenen sozialen Beziehungen. Armutsgefährdete Menschen in Baden-Württemberg fühlen sich häufiger einsam und sozial isoliert als nicht-armutsgefährdete Menschen. Bundesweite Berechnungen zeigen zudem, dass armutsgefährdete Personen, die zusätzlich erwerbslos sind, einen geringen Bildungsstand, einen schlechteren Gesundheitszustand oder eine Behinderung haben, häufiger von Einsamkeit und sozialer Isolation betroffen sind. Neben Armutsgefährdeten sind weitere Risikogruppen Frauen, Alleinlebende und Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Je größer die Zufriedenheit mit dem eigenen Familienleben ist, desto seltener ist das Gefühl von sozialer Isolation. Eine Stärkung sozialer Nahbeziehungen kann demnach gegen Isolationsgefühle helfen. Dieser Effekt ist bei armutsgefährdeten Menschen besonders stark. Der Gesellschaftsreport ist Teil der Armutsberichterstattung des Landes, die sich aus weiteren Berichtsformaten sowie einer Veranstaltungsreihe zusammensetzt.