Wirtschaftsstaatssekretärin Katrin Schütz hat den Archäologie-Preis Baden-Württemberg 2020 an Preisträger aus den Kreisen Biberach, Emmendingen, Göppingen und dem Rhein-Neckar-Kreis verliehen.
Katrin Schütz, Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, der obersten Denkmalschutzbehörde des Landes, überreichte am 7. Oktober 2020 den Archäologie-Preis Baden-Württemberg 2020 in Stuttgart. Sie würdigte die Preisträger bei der Verleihung im Weißen Saal des Neuen Schlosses für ihr langjähriges Engagement zu Erforschung und Erhalt des kulturellen Erbes ihrer Heimatregion, bei der Unterstützung archäologischer Untersuchungen und für die lebendige Vermittlung archäologischer Inhalte.
„Ehrenamt erfordert Einsatz, Kreativität, Eigeninitiative, Ausdauer und Verlässlichkeit. Diese Eigenschaften und die Liebe zur Archäologie sind Antrieb für das herausragende ehrenamtliche Engagement der diesjährigen Preisträger. Ich beglückwünsche Sie zur Auszeichnung und wünsche Ihnen weiterhin viel Elan für die kommenden Projekte“, so die Staatssekretärin. „Die diesjährigen Preisträger aus allen vier Regierungsbezirken veranschaulichen auf beeindruckende Weise die landesweite große Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements für die Arbeit der Denkmalpflege.“
Bedeutender Beitrag für die Landesarchäologie
„Es ist der Wüstenrot Stiftung eine besondere Freude, auch in diesem besonderen Jahr den renommierten Archäologie-Preis Baden-Württemberg vergeben zu können. Er soll den Preisträgern Würdigung, Ehre und Ansporn zugleich sein!“ sagte Joachim E. Schielke, Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Stiftung.
„Der Beitrag, den die ehrenamtlichen Mitarbeiter für die Landesarchäologie leisten, ist so bedeutend, dass wir der Wüstenrot Stiftung sehr dankbar sind, dass sie auch unter ‚Corona-Bedingungen‘ nicht darauf verzichten wollte, diesen mit diesem wichtigen Preis zu würdigen“, betonte Prof. Dr. Claus Wolf, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart und Vorsitzender der Preisjury.
Den mit 8.000 Euro dotierten Hauptpreis teilen sich Günter Kreß aus Meckesheim im Rhein-Neckar-Kreis und Winfried Poldrack aus Salach im Landkreis Göppingen. Den mit 4.000 Euro dotierten Förderpreis überreichte die Staatssekretärin an den „Verein aktiver Langenenslinger Bürger für Heimat, Archäologie und Tradition e.V.“ (ALB-HAT) im Landkreis Biberach. In diesem Jahr wurde erstmals ein zusätzlicher Sonderpreis ausgelobt, den Hans Jürgen van Akkeren aus Kenzingen im Landkreis Emmendingen erhielt.
Allen Preisträgern überreichte Staatssekretärin Schütz eine Urkunde und eine Nachbildung der Goldschale aus dem keltischen Fürstengrab von Eberdingen-Hochdorf, Kreis Ludwigsburg.
Archäologie-Preis Baden-Württemberg
Der Archäologie-Preis wird seit 1981 alle zwei Jahre im Rahmen einer Festveranstaltung durch das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, die Gesellschaft für Archäologie in Württemberg und Hohenzollern e.V. und den Förderkreis für Archäologie in Baden e.V. verliehen. Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Claus Wolf, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege, entscheidet eine Jury über die Vergabe des Preises. Die Wüstenrot Stiftung, die durch hochrangige Repräsentanten vertreten war, stiftet seit dem Jahr 2000 den Archäologie-Preis Baden-Württemberg.
Die Preisträger
Günter Kreß ist seit 30 Jahren ehrenamtlich im Rhein-Neckar-Kreis und für das Kurpfälzische Museum Heidelberg tätig. Seit dem Jahr 2000 ist er als offiziell ehrenamtlich Beauftragter unermüdlich für die archäologische Denkmalpflege im südlichen Bereich des Rhein-Neckar-Kreises tätig. Seitdem er beim Umgraben des eigenen Gemüsegartens archäologische Artefakte entdeckt hatte und beim damaligen Landesdenkmalamt ablieferte, steht er in Kontakt mit der Landesarchäologie. Er führt regelmäßig Feldbegehungen und Baustellenbegleitungen auf der Gemarkung seines Heimatkreises durch, bei denen zahlreiche Funde zutage traten. Er unterstützt die Landesarchäologie bei verschiedenen Ausgrabungen und geomagnetischen Messungen und führte Notbergungen durch, z. B. im Industriegebiet „Hummelberg“ in Sinsheim, im Neubaugebiet „Rainbrunnen“ und am mittelalterlichen Knüppeldamm in Meckesheim. Durch seine Begehungen und Beobachtungen konnten viele neue und wichtige Fundstellen dokumentiert werden, deren Denkmalsubstanz ohne ihn verlorengegangen wären, wie zuletzt der römische Kalkbrennofen im Neubaugebiet „Ambelwiesen“ von Eschelbronn. Sein Wissen gab und gibt er auch öffentlichkeitswirksam in Vorträgen und einer Broschüre über Archäologie und Geschichte von Meckesheim weiter. Seine Entdeckungen wurden bereits regional ausgestellt.
Winfried Poldrack ist seit den 1980er Jahren der Landesarchäologie verbunden und wirkt seit über 30 Jahren für sie als ehrenamtlicher Mitarbeiter.
In seiner Jugend fuhr Winfried Poldrack zur See und entdeckte dabei sein Interesse für fremde Kulturen und die Vergangenheit. Seit Mitte er 1980er Jahre gehört er zum Kreis der ehrenamtlichen Mitarbeiter der Kreisarchäologie Göppingen und engagierte sich im „Archäologischen Arbeitskreis“ des Geschichts- und Altertumsvereins Göppingen. Seit 2002 arbeitet der (Un)-Ruheständler bei fast allen Sondierungen, Notbergungen, Ausgrabungen und Geländebegehungen mit, führt Baustellenbegleitungen durch und unterstützt die Kreisarchäologie bei der Fundbearbeitung. Ein Highlight seiner Arbeit war die wissenschaftliche Freilegung und Dokumentation der Fossillagerstätte „Fischsaurierfriedhof Eislingen“ zwischen 2002 und 2006. Sein weitgefächertes Wissen und vor allem auch seine experimentalarchäologischen Kenntnisse setzte er auch für seine museumspädagogische Arbeit ein. Immer auf Basis des aktuellen Forschungsstandes zeigte er im Museum, im Projektunterricht und zuletzt auch bei sich zuhause, Kindern und Jugendlichen, wie die Menschen in der Vergangenheit lebten, jagten und ihre Geräte herstellten. Herr Poldrack war an zahlreichen Ausstellungsprojekten und Sonderveranstaltungen im Landkreis Göppingen beteiligt und engagierte sich dort auch für die Wissensvermittlung. Eine Reihe von eindrucksvollen Installationen sind ihm zu verdanken, darunter auch 2010 eine eigene Ausstellung im Foyer des Rathauses in Salach. Die Rekonstruktion des jungsteinzeitlichen Hauses auf dem Freigelände des Stadtmuseums von Göppingen ist seinen Untersuchungen zu verdanken.
Der Verein aktiver Langenenslinger Bürger für Heimat, Archäologie und Tradition e.V. (ALB- HAT) hat sich 2016 gegründet, um zunächst Teile eines originalen Mauerabschnittes der hallstattzeitlichen Monumentalanlage „Alte Burg“ auf einem Bergsporn im Wald bei Langenenslingen zu erhalten. ALB-HAT hat derzeit etwa 30 Mitglieder und wird von einem dreiköpfigen Vorstand geleitet. Ziel des Vereines war es zunächst, die Entdeckungen, die im Rahmen eines Forschungsprojektes am Landesamt für Denkmalpflege auf der „Alten Burg“ bei Langenenslingen, Landkreis Biberach gemacht worden waren, der Nachwelt zu erhalten. Insbesondere Teile einer mächtigen Mauer sollten gesichert und öffentlich zugänglich gemacht werden. Dabei stellte die Topographie den gut 30 Mitglieder zählenden Verein vor besondere Herausforderungen: Der Mauerabschnitt, der erhalten werden sollte, steht mitten im Wald und ist schwer zugänglich und mit Maschinen kaum erreichbar. Deshalb sicherten und restaurierten die Vereinsmitglieder 2018/2019 nach Feierabend und in ihrer Freizeit, in gut 3.700 ehrenamtlich geleisteten Arbeitsstunden, den ausgewählten Mauerabschnitt aus Originalmaterial an Ort und Stelle und von Hand. Seitdem kann man sich vor Ort ein Bild vom architektonischen Know-how der frühen Kelten machen.
Hans Jürgen van Akkeren verkörpert einen neuen Typus von ehrenamtlichen Mitarbeitern der Denkmalpflege. Er setzt moderne digitale Methoden sowohl für die Vermittlung als auch für die Organisation ehrenamtlicher Arbeit ein. Seit 2010 ist er Ehrenamtlicher Mitarbeiter der Landesarchäologie für den Landkreis Emmendingen. Bereits 1999 richtete er seine Homepage ein, die sich bis heute großer Beliebtheit erfreut und sehr zur Vermittlung archäologischen und historischen Wissens beiträgt. In Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege entwickelte er eine Internetplattform, die derzeit von 114 Ehrenamtlichen als Plattform für den Austausch untereinander und als Wissensspeicher genutzt wird. Hans Jürgen van Akkeren widmet sich mit großem Sachverstand der wissenschaftlich fundierten, zeichnerischen Rekonstruktion historischer Stätten. Autodidaktisch hat er dafür eine überzeugende Methode entwickelt: Auf Grundlage von digitalisierten Daten aus der Denkmalpflege und digitaler Geländemodelle erstellt er Pläne und historische Rekonstruktionen, die abschließend getuscht und aquarelliert werden. Die so entstandenen Zeichnungen und Filme stellt er der Landesarchäologie kostenfrei für Ausstellungen, Vorträge und Publikationen zur Verfügung. So profitiert zum Beispiel die große Ausstellung „freiburg.archäologie“ zum Stadtjubiläum Freiburgs entscheidend von seinen Werken.