„Das Ausbruchsgeschehen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Hessen und Rheinland-Pfalz wirkt sich vor allem auf den Norden Baden-Württembergs, insbesondere auf den Rhein-Neckar-Kreis und die Städte Mannheim und Heidelberg aus. Nachdem im August ein krank erlegtes Wildschwein in Hemsbach im Rhein-Neckar-Kreis positiv auf das ASP-Virus getestet wurde, laufen die Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche im Land auf Hochtouren. Das Landwirtschaftsministerium hat unverzüglich eine ASP-Koordinationsgruppe sowie einen Tierseuchenstab eingerichtet. Im Rhein-Neckar-Kreis, Mannheim und Heidelberg wurden unter anderem Sperrzonen eingerichtet und Allgemeinverfügungen erlassen. Um die Wanderbewegung des Schwarzwildes einzugrenzen, wurden Festzäune errichtet. Zudem unterstützen die ASP-Suchhunde und Drohnen-Teams des Training Center Retten und Helfen (TCHR) Mosbach die Kräfte vor Ort, bei der Suche nach infizierten Wildschweinkadavern. Mit der Einrichtung von sogenannten Saufängen in der Sperrzone II, vorerst an strategischen Punkten im Staatswald, gehen wir nun den nächsten Schritt in der Seuchenbekämpfung. Die Saufänge sollen dazu beitragen, die Wildschweindichte in den Zaunkompartimenten deutlich zu reduzieren, um das ASP-Risiko, sowohl für die Wildschweinpopulation als auch für die Hausschweinpopulation maßgeblich abzusenken“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, im Rahmen eines Pressetermins auf dem Gelände des Training Center Retten und Helfen.
Tierseuche auf ein möglichst kleines Gebiet eindämmen
Oberstes Ziel sei es, die Tierseuche auf ein möglichst kleines Gebiet einzudämmen und einen Übertritt auf Hausschweinebestände zu verhindern. „Saufänge sind eine bewährte Maßnahme der Seuchenbekämpfung, die bereits im europäischen Ausland sowie in den Ländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie auch in Hessen zur ASP-Bekämpfung zum Einsatz kommen“, sagte Minister Hauk und betonte, dass „im ASP-Fall der Saufang nach den Vorschriften zur Seuchenbekämpfung der Europäischen Union (EU) obligatorisch und ein wichtiges Mittel der Tierseuchenbekämpfung ist.“
„Wir haben in Baden-Württemberg bisher rund 40 Kilometer Elektrozaun und elf Kilometer Festzaun verbaut. Damit sind wir mit der Eindämmung der Seuche gut vorangekommen. Jetzt liegt mit dem nächsten Schritt der Fokus auf der Reduktion der Wildschweinbestände in der Sperrzone II. Damit verfolgen wir das Ziel, die um das infizierte Gebiet liegende seuchenfreie Sperrzone I vor einem möglichen Übertritt infizierter Wildschweine zu schützen und unternehmen alles Notwendige, um die Afrikanische Schweinepest weiter einzudämmen“, betonte Minister Hauk.
Flankiert wird die taktische Zäunung durch Suchhunde- und Drohnenteams des TCRH, die in Abstimmung mit den Stäben und den Kräften vor Ort systematisch die Flächen nach infizierten Wildschweinkadavern absuchen. „Das TCRH leistet einen hochprofessionellen Job und ich bin sehr froh, dass sie uns mit Rat und Tat zur Seite stehen und das auch am Wochenende, um das Seuchengeschehen im Griff zu behalten“, sagte Minister Hauk.
Reduzierung von Schwarzwild in der Sperrzone II
Zunächst galt für die Sperrzone II ein absolutes Jagdverbot, um möglicherweise infizierte Wildschweine nicht in seuchenfreie Gebiete zu vertreiben. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage bezüglich des Geschehens der Tierseuche konnten Anfang Dezember erste Lockerungen für die Jagd beschlossen werden, unter anderem ist die Bejagung von Schalenwild (außer Schwarzwild) unter Auflagen erlaubt.
Der nächste strategische Schritt sieht vor, die Wildschweindichte in der Sperrzone II deutlich zu reduzieren, um Infektionsketten zu unterbrechen und die Sperrzone I zu schützen. Daher erfolgt in den kommenden Monaten die Bejagung des Schwarzwildes durch die Jägerschaft, flankiert durch den Einsatz von Saufängen.
Seuchenbekämpfung mit Fallen
Dafür werden in Baden-Württemberg zunächst ausschließlich im Staatswald an strategisch wichtigen Punkten in der Sperrzone II sogenannte Saufänge eingesetzt. Saufänge sind eine bewährte Maßnahme der Seuchenbekämpfung, die bereits im europäischen Ausland sowie in den Ländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zur ASP-Bekämpfung zum Einsatz kommen. Ausschließlich der Saufang ermöglicht es, ganze Rotten auf einmal zu entnehmen, ohne die Tiere zu beunruhigen und eine Versprengung der Seuche in bisher noch nicht infizierte Gebiete zu vermeiden.
„Der Saufang ist eine Maßnahme der Tierseuchenbekämpfung und keine Jagdausübung. Sie müssen dabei höchsten Tierschutzanforderungen entsprechen. Der Betrieb der Saufänge und die Entnahme der Wildschweine bedürfen einer intensiven Ausbildung und Erfahrung, das ist Profiarbeit. Daher wird der Saufang in Baden-Württemberg durch speziell geschultes Personal durchgeführt. Auf der anderen Seite ist die Jägerschaft angehalten, intensiv auf Schwarzwild zu jagen, um die Bestände schnell abzusenken“, betonte Minister Hauk.
Tierschutzgerechter Einsatz von Saufängen
„Der Einsatz von Saufängen in der Tierseuchenbekämpfung ist eine Ultima Ratio. Umso wichtiger ist es, auf einen tierschutzgerechten Einsatz zu achten. Die Wildschweine werden im Vorfeld durch Anfüttern langsam an die Anlage gewöhnt, um von Beginn an Stress zu reduzieren. Es kommen nur Fallen mit verschalten Elementen zum Einsatz, um die Verletzungsgefahr zu minimieren.
Die Saufänge werden außerdem kontinuierlich überwacht, um vor allem beim Auslösen der Falltür sicherzustellen, dass sich die gesamte Rotte in der Anlage befindet, keine anderen Tiere mitgefangen werden und sich kein Wildschwein beim Auslösen der Fallentür verletzten kann. Der Abschuss erfolgt dann durch geschultes Personal“, erläutert Dr. Janosch Arnold Leiter der Wildforschungsstelle des Landes Baden-Württemberg in Aulendorf.
Entnahme der Wildschweine erfolgt durch geschulte Teams
Der Einsatz der Saufänge wird zentral im baden-württembergischen Landwirtschaftsministerium in Abstimmung mit dem ASP-Kompetenzteam der Wildforschungsstelle Aulendorf geplant und gesteuert in Abstimmung mit den zuständigen Veterinärämtern vor Ort sowie mit den berührten Forstbezirken von ForstBW und Jagdausübungsberechtigten in privaten Jagdbezirken. Die Entnahme der Wildschweine erfolgt durch geschulte Teams. Die Bergung der Wildschweinkadaver wird durch geschulte Beauftragte der Veterinärämter der Kreise durchgeführt.
Der tierschutzgerechte Einsatz von Saufängen wurde durch die Wildforschungsstelle Aulendorf umfassend erforscht und mit der Landestierschutzbeauftragten abgestimmt. Zudem wurde für die Praxis ein „Leitfaden Schwarzwildfang“ entwickelt, der den Saufang differenziert darstellt und seine Möglichkeiten zur Tierseuchenbekämpfung aufzeigt.
Landestierschutzbeauftragte sieht keinen Spielraum
Auch die Tierschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Dr. Julia Stubenbord, hat sich mit dem Thema Saufänge beschäftigt und weiß: „Die Wildforschungsstelle in Aulendorf hat intensiv dazu geforscht und diese Fallen getestet. Es ist jederzeit sichergestellt, dass es durch konsequente Überwachung mit Kamera, gut geschultem Personal und Durchführung eines tierschutzkonformen Abschusses keine Kompromisse zulasten der Tiere gibt. Deshalb werden die Saufänge nur unter strengen Auflagen und nur durch geschultes Personal von ForstBW unterhalten. Das hier gewählte Modell, das sich in dem Forschungsprojekt als geeignet erwies, ist akzeptabel und wird auch dem Tierschutz am ehesten gerecht. Der Einsatz von Fallen ist für die Tiere immer eine Belastung, gleichwohl lassen die EU-Vorschriften zur Seuchenbekämpfung der Landesregierung von Baden-Württemberg keinen Spielraum.“
Unterstützung der Jägerschaft
Eine weitere jagdliche Methode stellt die Pirschjagd dar, die die Jagdpächter bei der Seuchenbekämpfung mit einbinden soll. Hierzu bietet das Land zusammen mit dem Landesjagdverband Schulungen an, um den Jägerinnen und Jägern eine Hilfestellung zur effektiven Bejagung zu geben. „Die gemeinsame Durchführung von Pirschjagdseminaren, durch den Landesjagdverband und die Wildforschungsstelle ist ein wichtiges Signal für eine erfolgreiche Zusammenarbeit, um die betroffenen Gebiete so schnell wie möglich seuchenfrei zu bekommen“, sagte Samuel Golter, Bereichsleiter Jagd beim Landesjagdverband Baden-Württemberg (LJV).
Aktuelle Regelungen für die Sperrzone I bleiben bestehen
In der Sperrzone I, die auch als Pufferzone bezeichnet wird und den äußeren, infektionsfreien Rahmen um das vorläufige Infektionsgebiet (Sperrzone II) bildet, sind weiterhin Bewegungs- und sogenannte Erntejagden, teilweise unter Auflagen, möglich.
Afrikanische Schweinepest
Im Jahr 2007 wurde der Erreger der Afrikanischen Schweinepest nach Georgien eingeschleppt. Seither breitet sich die ASP über Russland und das Baltikum nach Europa aus. Dabei kam es immer wieder zu sogenannten Sprunginfektionen, wie in den zurückliegenden Jahren in der Tschechischen Republik, in Belgien und Mecklenburg-Vorpommern und zuletzt in Italien oder im Nachbarland Hessen. Nun ist auch Baden-Württemberg von dem Tierseuchengeschehen betroffen. Dabei wird der Krankheitserreger durch menschliches Handeln weiterverbreitet.
Wildtierportal Baden-Württemberg: Maßnahmen gegen die Afrikanische Schweinepest