Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut hat sich in Stuttgart mit den Präsidenten und Hauptgeschäftsführern der zwölf Industrie- und Handelskammern getroffen, um Kernthemen der aktuellen und künftigen Wirtschaftspolitik, wie zum Beispiel die außenwirtschaftlichen Entwicklungen, die Fachkräftesicherung sowie Innovations- und Technologiepolitik, zu diskutieren. Die zwölf Industrie- und Handelskammern vertreten etwa 650.000 Unternehmen im Land.
„Wirtschaftlicher Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit sind keine Selbstläufer. Unsere Unternehmen erwarten von der Politik zu Recht vor allem Berechenbarkeit und Planungssicherheit. Wenn Baden-Württemberg Innovationsregion Nr. 1 in Europa bleiben soll und wir das Land zudem zu einer der dynamischsten Gründerregionen Europas machen wollen, müssen Politik und Wirtschaft gerade hier bei uns in stetigem Dialog stehen, damit über entsprechende Leitplanken die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts Bestand und Zukunft hat“, betonte die Ministerin.
Dr. Peter Kulitz, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK), unterstrich: „Nur wenn die politisch Verantwortlichen wissen, wo unseren Betrieben der Schuh drückt, kann es praxisgerechte Lösungen geben. Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass Frau Ministerin Hoffmeister-Kraut auf der Wellenlänge unserer Unternehmer ist und offene wie klare Worte genauso wertschätzt wie ich.“
Außenwirtschaftliche Entwicklungen
Viele baden-württembergische Unternehmen seien im Auslandsgeschäft breit aufgestellt, weshalb die aktuellen Entwicklungen – seien es der Brexit, die wachsenden Spannungen in der Türkei, die Folgen aus den anhaltenden Russland-Sanktionen sowie auch die Effekte der anhaltenden Niedrigzinspolitik der EZB – zu Verunsicherungen führten. Kriselten mehrere Top-Auslandsmärkte, könne die exportorientierte Wirtschaft des Landes dies nicht so einfach kompensieren, so ein Tenor des Austauschs.
BWIHK-Präsident Kulitz: „Bei diesen Themen wird es keine schnellen Lösungen geben. Deshalb war uns wichtig, die Stimmung aus unseren Mitgliedsunternehmen darzulegen und zu diskutieren, welche Wege es gibt, trotz dieser Hemmnisse die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft zu sichern. Wir brauchen Zugriff auf Alternativmärkte, die verlorenes Geschäfte kompensieren können. Hier kann das Land beispielsweise über Delegationsreisen als Türöffner fungieren. Hilfreich wäre auch, wenn Firmen bei der Teilnahme an Auslandsmessen stärker unterstützt werden.“
Ministerin Hoffmeister-Kraut: „Leider handelt es sich hier nicht um kurzfristige Effekte, sondern wie im Falle des Brexit um Neuland für die gesamte europäische Staatengemeinschaft. Deshalb lassen sich die Auswirkungen eines für Baden-Württemberg so wichtigen Marktes kaum sicher vorhersagen.“
Fachkräftesicherung
Passende Fachkräfte für die baden-württembergische Wirtschaft zu finden, wird nicht nur durch den demografischen Faktor immer schwieriger. So bleibt die Besetzung der Ausbildungsstellen für die Betriebe eine große Herausforderung. Die Wirtschaftsministerin betonte den Willen der Landesregierung, die Berufsausbildung stärken zu wollen: „Natürlich brauchen wir auch Akademiker, aber in gleicher Weise auch die Fachkräfte aus dem dualen System. Hand in Hand mit dem Kultusministerium werden wir deshalb vermehrt an Realschulen und Gymnasien für eine ‘klassische’ Berufsausbildung werben.“
Dieses Engagement lobten die Kammervertreter ausdrücklich. „Die Wirtschaftsministerin kennt den Wert der dualen Ausbildung natürlich und setzt mit ihrem Engagement vom Start weg zentrale Schwerpunkte, an denen die IHKs schon lange arbeiten. Gemeinsam können wir es schaffen, den Wert und die Chancen der dualen Ausbildung auch in Gymnasien deutlich zu machen. Was wir vor allem brauchen ist ein verpflichtender Tag der Berufsbildung an allen Schulen und Schularten“, so Kulitz.
Innovations- und Technologiepolitik
IHK-Erhebungen zeigen die Tendenz, dass größere Unternehmen im Südwesten überproportional FuE-Investitionen im Ausland tätigen. Diese Verlagerung gefährde den Forschungsstandort Baden-Württemberg aus Sicht der IHKs sukzessive. Bei KMU gehen die Forschungsaktivitäten im Gegensatz zu größeren Betrieben generell zurück, was die „FuE-Innovationsschere“ immer weiter öffne.
BWIHK-Präsident Kulitz betonte: „Dass Forschung Geld kostet und sich erst später amortisieren lässt, schränkt gerade die für unseren Standort so wichtigen KMU ein. Deshalb muss vor allem die Eigenkapitalbasis der Unternehmen durch eine steuerliche FuE-Förderung gestärkt werden, wenn wir Forschung und Entwicklung im Land halten und in die Breite öffnen wollen. Wichtig ist auch die Weiterentwicklung der bei unseren Betrieben bewährten Innovationsgutscheine. Denkbar wäre die Einführung eines Gutscheines mit einer höheren Fördersumme.“
Die Ministerin betonte den zentralen Stellenwert von Forschung und Entwicklung, um den Standort Baden-Württemberg im Zuge von Digitalisierung und zunehmender Ausbreitung der Wirtschaft 4.0 im nationalen und internationalen Wettbewerb an der Spitze zu halten: „Die Landesregierung weiß wie jedes Unternehmen um die Bedeutung, die Innovationen und technische Entwicklungen für die Zukunft eines Betriebes haben. Davon brauchen wir mehr, nicht weniger. Deshalb wollen wir den Technologie- und Wissenstransfer, insbesondere auch für KMU stärken und Maßnahmen für alle von der Digitalisierung betroffenen Branchen in Handwerk, Handel und Dienstleistungen, insbesondere im Mittelstand, voranbringen.“