Das vierte Bürgerforum Corona hat zum Thema Testen debattiert. Nach Expertenvorträgen entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Aus Sicht von Staatsrätin Gisela Erler sind Rückmeldungen von Zufallsbürgern hilfreich, um notwendige Maßnahmen in der Pandemiebekämpfung anzupassen.
Das Bürgerforum Corona hat sich am 18. März 2021 bei seiner vierten virtuellen Sitzung mit dem Themenfeld Schnelltests und den bisherigen Erfahrungen mit den unterschiedlichen Testmöglichkeiten auseinandergesetzt. Auf dieses Thema hatten sich die zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld geeinigt. „Die Bürgerinnen und Bürger haben ein gutes Gespür dafür, zu welchem Zeitpunkt welches Thema aufgerufen werden muss“, so Staatsrätin Gisela Erler. „Die Rückmeldungen aus den Lebenswelten der Menschen helfen uns sehr dabei, notwendige Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gegebenenfalls anzupassen.“
Expertenvorträge als Diskussionsgrundlage
Um eine fachliche Grundlage für die Debatte und den Austausch in Kleingruppen zu schaffen, wurden erneut Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen eingeladen. Dr. Isolde Piechotowski, Leiterin des Referats Grundsatz, Prävention, Öffentlicher Gesundheitsdienst im Sozialministerium des Landes, erläuterte zum Auftakt den aktuellen Stand bei der Umsetzung des Testmanagements in Baden-Württemberg. Grundsätzlich sei zwischenzeitlich eine sehr gute Infrastruktur mit ausreichenden Kapazitäten aufgebaut worden, so die Infektionsschutz-Expertin. Im Schnitt würde man derzeit pro Woche auf rund 130.000 PCR-Tests im Land kommen. Parallel zu den PCR-Tests werde derzeit auch das Angebot der Schnelltests ausgebaut, um auf diesem Weg niedrigschwellige Testmöglichkeiten für alle Bürgerinnen und Bürger anzubieten und Infektionsketten frühzeitig unterbrechen zu können. Gleichzeitig sollten entsprechend des jüngsten MPK-Beschlusses auch Unternehmen ihren Beschäftigten Testmöglichkeiten anbieten. „Im Bereich der Teststellen wird sich in naher Zukunft noch einiges tun“, so Dr. Isolde Piechotowski.
PD Dr. med. Claudia Denkinger, Leiterin der Sektion Klinische Tropenmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg, beschäftigte sich in ihrem Impulsvortrag mit der Zuverlässigkeit der verschiedenen Tests und den Grenzen von Testergebnissen. Der große Mehrwert der Selbsttests sei, dass infektiöse Menschen schneller entdeckt und isoliert werden könnten. Sie berichtete, dass bisherige Untersuchungen keinen Unterschied in der Zuverlässigkeit der selbst durchgeführten Tests gegenüber den professionell durchgeführten Schnelltests ergaben. „Geprüfte nasale Schnelltests, bei denen ein Stäbchen lediglich wenige Zentimeter tief in die Nase eingeführt werden muss, funktionieren sehr verlässlich – die ‚Gurgel- oder Speichel-Schnelltests‘ dagegen sind unzuverlässig“, so PD Dr. med. Claudia Denkinger. Die nasalen Schnelltests könnten mit entsprechender kindgerechter Aufklärung auch von Kindern durchgeführt werden.
Welchen Weg das Nachbarland Österreich beim Testen gewählt hat und was dabei bisher erreicht wurde, erläuterte Gerald Schimpf. Er ist Mitglied im Krisenstab COVID-19 im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. „Die Testmöglichkeiten werden von der Bevölkerung sehr gut angenommen“, betonte der Einsatzleiter aus Wien: „Die Menschen haben spätestens Weihnachten gemerkt, wieviel mehr an Sicherheit ihnen das geben kann.“ Aktuell werden jede Woche an die drei Millionen Tests durchgeführt, so Schimpf: „In dieser Zahl sind Tests, die zu Hause gemacht werden, noch gar nicht berücksichtigt.“
Gudrun Heute-Bluhm, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg, berichtete zum Abschluss der Expertenrunde über die verschiedenen Erfahrungen der Kommunen im Land und deren Testmanagement. Auch die ehemalige Oberbürgermeisterin ist überzeugt, dass Schnelltests unter bestimmten Voraussetzungen funktionieren und dass damit einzelne Lockerungen möglich sind. „Wir brauchen die einfache, digitale Bestätigung per App für das Ergebnis von Selbsttests – dann können die Leute damit in die Hotels, Restaurants und Bars“, so Gudrun Heute-Bluhm. Voraussetzung sei jedoch, Schulen oder Kitas zweimal pro Woche zu testen. Einer der Schlüssel zu mehr Kontrolle über die Pandemie seien regelmäßige angeleitete und zertifizierte Selbsttests in für eine Ansteckung anfälligen Gruppen. Viele Kommunen würden ihren Schulen diese Chance schon jetzt bieten und hoffen, dass es ab 1. April in allen Schulen umgesetzt wird. Auch Unternehmen sollten diese Gruppentestung durchführen, wenn ihre Arbeitsplätze nah beieinander sind.
Lebhafte Diskussion über Maßnahmen und Aspekte
Bei allen Expertenvorträgen und Ausführungen hatten die Zufallsbürgerinnen und Zufallsbürger Gelegenheit, über eine Chatfunktion vertiefende Fragen zu stellen oder die Beiträge zu kommentieren. Das führte zu einer lebhaften Diskussion über die verschiedenen Maßnahmen und Aspekte. Anschließend wurden in Kleingruppen verschiedene Fragestellungen rund um die Themenfelder Testmanagement und Schnelltests diskutiert.
Eine Mehrheit der Zufallsbürgerinnen und Zufallsbürger bewertete den eigenverantwortlichen Einsatz von Selbsttests sehr positiv. Ein Vorschlag war unter anderem, ein bundesweit einheitliches System zur Verifizierung der Testergebnisse einzuführen. Die Teilnehmenden waren der Ansicht, dass die große Mehrheit der Bevölkerung die Selbsttests gewissenhaft einsetzen würde. Darüber hinaus sprachen sie sich mehrheitlich dafür aus, Selbsttests und Schnelltests durch geschultes Personal zu kombinieren. Des Weiteren lautet eine klare Empfehlung des Bürgerforums, die kostenlosen Testmöglichkeiten neben Kitas und Schulen schnell auf weitere Bereiche wie den Arbeitsplatz auszuweiten und in regelmäßigen Zyklen durchzuführen. Gerade bei dem Einsatz von Schnelltests in Betrieben könne eine Plattform nach österreichischem Vorbild hilfreich sein.
Sowohl die Expertinnen und Experten als auch die Bürgerinnen und Bürger waren der Ansicht, dass der großflächige Einsatz von Tests und die Kombination der verschiedenen Möglichkeiten eine Chance bieten, mehr Freiheiten in der Pandemie zu ermöglichen. Die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Gisela Erler wird am kommenden Dienstag wie nach den vergangenen Sitzungen im Kabinett über die Erkenntnisse aus dem Bürgerforum Corona berichten.
Bei der fünften Runde der Online-Beteiligung am 15. April 2021 wird sich das Bürgerforum mit den sozialen und gesundheitlichen Folgen von Kontaktbeschränkungen auseinandersetzen. Auch dazu werden wieder verschiedene Expertinnen und Experten geladen, die mit ihren Impulsvorträgen eine fachliche Grundlage schaffen. Für das Bürgerforum Corona sind insgesamt 50 Bürgerinnen und Bürger aus dem ganzen Land nach einem Zufallsverfahren ausgewählt worden. Gemeldet hatten sich wesentlich mehr Menschen. Inhaltliche Grundlage des Forums ist eine umfangreiche Themenlandkarte (PDF), die in einer Online-Beteiligung bewertet, bearbeitet und ergänzt wurde.
Zusammensetzung des Bürgerforums Corona
Für das Bürgerforum wurden über 2.000 Menschen zufällig ausgewählt und angeschrieben. 258 Menschen hatten sich daraufhin gemeldet und sich bereit erklärt, mitzuwirken. Aus diesen 258 Personen wurden 50 Personen ausgelost. Dabei wurden die Interessierten so eingeteilt, dass die Zusammensetzung des Bürgerforums am Ende die Bevölkerungsstruktur angemessen widergibt. So ist die Hälfte der Teilnehmenden Frauen. 22 Prozent haben einen Migrationshintergrund. 42 Prozent der Teilnehmenden haben Abitur, einen vergleichbaren Abschluss oder ein Studium. 58 Prozent haben einen Real-/Haupt- oder Volksschul-Abschluss. Die Altersverteilung entspricht ungefähr der Altersverteilung im Land. Die Teilnehmenden sind zwischen 17 und 81 Jahre alt. Die Teilnehmenden kommen aus allen Regierungsbezirken und aus städtischen wie ländlichen Gebieten. Die Teilnehmenden kommen aus folgenden Gemeinden:
Eberstadt (1 Person), Ehingen (Donau) (1), Ellwangen (2), Emmendingen (2), Freiburg im Breisgau (3), Freudenstadt (3), Illerrieden (2), Kaisersbach (1), Karlsbad (4), Karlsruhe (1), Kißlegg (5), Mannheim (1), Oberreichenbach (1), Offenburg (1), Plochingen (4), Ravensburg (1), Rheinhausen (2), Schopfheim (3), Stuttgart (3), Tiefenbronn (1), Tübingen (1), Waiblingen (6), Weinheim (1).
Beteiligungsportal: Bürgerforum Corona
Beteiligungsportal: Themenlandkarte zum Bürgerforum Corona (PDF)
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