Innenminister Thomas Strobl hat über die aktuelle Versammlungslage in Baden-Württemberg im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt informiert und dazu aufgerufen, antisemitisches Gedankengut entschlossen zu bekämpfen.
„Es ist gut, dass es in Baden-Württemberg bislang keine Bilder wie etwa aus Berlin gab und sich Antisemitismus, Hass und Hetze nicht unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit auf unseren Straßen ausbreiten konnte. Die Lage bleibt freilich angespannt – und wir bleiben konzentriert und wachsam. Das kriegerische Geschehen wird uns in den kommenden Wochen und Monaten auch in unserem Land noch vor große Herausforderungen stellen. Deshalb möchte ich noch einmal mit Nachdruck sagen: Wir alle sind aufgerufen, antisemitisches Gedankengut entschlossen zu bekämpfen und das auf allen Ebenen. Die Versammlungsbehörden und die Polizei haben hier meine vollste Rückendeckung, wenn es darum geht, entsprechende Versammlungen nicht zu genehmigen oder Versammlungen aufzulösen. Wir dulden keinen Antisemitismus auf Straßen und Plätzen in unserem Land, Hass und Hetze stellen wir uns entschieden entgegen“, sagte Innenminister Thomas Strobl mit Blick auf die Versammlungslage im Land.
Versammlungen verliefen überwiegend friedlich
Wie Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident Thomas Strobl in Stuttgart informierte, fanden in Baden-Württemberg am vergangenen Wochenende 15 Versammlungen mit rund 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt statt – vier waren pro-israelisch, neun pro-palästinensisch. Diese verliefen überwiegend friedlich. Innenminister Thomas Strobl informierte weiter: „Seit dem Angriff der radikalislamistischen Hamas am 7. Oktober 2023 wurden in Baden-Württemberg im Zusammenhang mit der aktuellen Entwicklung im Nahen Osten insgesamt 89 Versammlungen unter Beteiligung von insgesamt rund 13.100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bekannt (Stand: 22. Oktober 2023). Während einige Versammlungen (15) – orientiert an ihrer thematischen Ausrichtung – nicht zweifelsfrei zugeordnet werden können, sind 38 der bekannten Versammlungen pro-israelisch und 36 pro-palästinensisch. Bislang wurden sieben Versammlungen per Verfügung der zuständigen Versammlungsbehörde verboten.“
Insgesamt wurden darüber hinaus, Stand 22. Oktober 2023, Straftaten im hohen zweistelligen Bereich in Baden-Württemberg gemeldet. Hierbei handelte es sich überwiegend um die Beschädigung oder das Entfernen von im öffentlichen Raum angebrachten Flaggen des Staates Israels. Insgesamt waren seit dem 7. Oktober 2023 über 3.000 Polizistinnen und Polizisten im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt im Einsatz.
Polizei ist weiterhin sehr wachsam
„Auch wenn der Großteil der bisherigen Versammlungen in unserem Land weitestgehend friedlich und störungsfrei verlief, ist unsere Polizei hier weiterhin sehr wachsam. Gerade Straftaten werden umgehend und konsequent verfolgt, in Abstimmung mit den beteiligten Behörden auch konsequent unterbunden“, unterstrich Innenminister Thomas Strobl. So sind die Einsatzkräfte unter anderem sensibilisiert und mit speziellen Einsatzunterlagen ausgestattet worden, um auf entsprechende problematische und spezifische Lagen vorbereitet zu sein und um dann schnell einschreiten zu können. Dabei setzt die Polizei auch fremdsprachenkundige Polizistinnen und Polizisten ein. Auf strafrechtlich relevante Aussagen – egal ob bei Redebeiträgen oder Sprechchören – oder auf verbotene Symbole oder Handzeichen kann so schnell reagiert werden. Zudem finden während des Einsatzes selbst offene und verdeckte Aufklärungsmaßnahmen statt. Und auch nach dem Versammlungsende hört die Arbeit der Polizei nicht auf: Das angefertigte Video- und Bildmaterial aus der Versammlungslage ist im Nachgang gegebenenfalls Ausgangspunkt strafrechtlicher Ermittlungen. Auch hier kommen sprachkundige Spezialisten des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg und des Landesamtes für Verfassungsschutz zum Einsatz.
„Seit dem barbarischen Angriff der radikalislamischen Terrororganisation Hamas auf Israel ist die Welt eine andere. Das bestialische Morden, das Abschlachten, das Vergewaltigen, das Verschleppen und das Foltern, die fürchterlichen Gräueltaten der radikalislamischen Hamas richten sich gegen Israel und gegen die Demokratien der Welt. Diese enthemmte, erbarmungslose Gewalt der radikalislamistischen Terroristen ist ein Angriff auf uns alle, den Westen, auf unsere Werte, auf die Art, wie wir leben. Deshalb sind wir alle aufgerufen, freies jüdisches Leben bei uns zu schützen – nicht wegzuschauen oder wegzuhören!“, sagte Innenminister Thomas Strobl mit Blick auf die aktuelle Lage im Land.
Polizei und Verfassungsschutz behalten die Sicherheitslage in Baden-Württemberg und vor allem den Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen genau im Blick. Einrichtungen mit hohem Symbolwert, regelmäßig stattfindendem Personenverkehr und einem hohen Bekanntheitsgrad (zum Beispiel Synagogen, Schulen, Kindertagesstätten) stehen dabei im Fokus der polizeilichen Sicherheitsarbeit. „Auch wenn keine konkreten Gefährdungshinweise vorhanden sind, hat die Polizei Baden-Württemberg das bereits hohe Schutzniveau intensiviert. Konkret: Wir setzen mehr Polizistinnen und Polizisten ein, wir haben die Aufklärungsmaßnahmen nochmals verstärkt und somit den Schutz jüdischer Einrichtungen und jüdischen Lebens noch fester in den Blick genommen“, unterstrich Innenminister Thomas Strobl.
Maßnahmen der Landesregierung zur Bekämpfung des Antisemitismus
- Die Landesregierung hat in den Jahren 2019 bis 2023 rund 3,5 Mio. Euro zur finanziellen Förderung von sicherheitstechnischen Maßnahmen an den jüdisch-israelitischen Einrichtungen zur Verfügung gestellt.
- Darüber hinaus werden den Israelitischen Religionsgemeinschaften für Sicherheitspersonal sowie für Alarm- und Meldesysteme jährlich rund eine Million Euro bereitgestellt.
- Das Innenministerium hat in den Jahren 2019, 2020 und 2022 gemeinsam mit den Israelitischen Religionsgemeinschaften Fachtage gegen Antisemitismus, gegen Hass und Hetze in Stuttgart und Mannheim sowie Online durchgeführt.
- Unter Vorsitz von Baden-Württemberg hat die Innenministerkonferenz im Jahr 2021 in der Synagoge in Stuttgart die „Stuttgarter Erklärung“ unterzeichnet, mit der sich die Innenministerkonferenz entschlossen gegen Hass und Hetze, gegen Antisemitismus stellte, online wie offline!
- Ein deutliches Zeichen hat das Innenministerium außerdem gesetzt, als es Anfang 2021 bundesweit die ersten Polizeirabbiner ernannt haben. Inzwischen hat Sachsen-Anhalt auch Polizeirabbiner, und weitere Länder haben Interesse. Wir setzen diese erfolgreiche Kooperation fort.
- Darüber hinaus haben wir Maßnahmen zur Früherkennung möglicher Gefahren und gefährlicher Personen durch Staatsschutzdienststellen eingeleitet, aber auch Maßnahmen zur Deradikalisierung durch das Kompetenzzentrum gegen Extremismus in Baden-Württemberg fest verankert.
- Und weil eine konsequente Strafverfolgung bei Ermittlungen in diesem Phänomenbereich das oberste Gebot ist, haben wir die Ermittlungskapazitäten bereits Ende 2019 durch das Sonderprogramm Rechtsextremismus deutlich gestärkt.
- Darüber hinaus wurde Ende des Jahres 2021 der Kabinettsausschuss „Entschlossen gegen Hass und Hetze“ unter Vorsitz von Innenminister Thomas Strobl eingesetzt. Damit setzt die Landesregierung ein glasklares Zeichen: Sie geht geschlossen und entschieden gegen Hass und Hetze, gegen Antisemitismus vor. Der Beauftragte der Landesregierung gegen Antisemitismus, Herr Dr. Blume, ist bei den Sitzungen des Kabinettsausschusses ebenfalls anwesend. Parallel wurde beim Landeskriminalamt die Task Force „Gegen Hass und Hetze“ eingerichtet, um Hasskriminalität und Antisemitismus noch wirksamer zu begegnen.