Eine Umfrage zur Nationalpark-Erweiterung Schwarzwald zeigt, dass die Menschen in der Region den Prozess mitgestalten und sich engagieren möchten.
Die Weiterentwicklung des Nationalparks Schwarzwald wird von den Menschen in Baden-Württemberg und vor Ort als wichtige Chance für den Natur- und Umweltschutz gesehen. Das ist ein zentrales Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag des Umweltministeriums. Vor allem die Menschen aus der Region sehen Chancen für den Tourismus. Und sie zeigen laut Umfrage ein großes Interesse daran, den Weiterentwicklungsprozess mitzugestalten. Insbesondere sind es jüngere Menschen, die sich hier engagieren möchten.
Umwelt-Staatssekretär Andre Baumann sagt daher erfreut: „Die Umfrage zeigt: Der Nationalpark ist in Baden-Württemberg angekommen. Ein Drittel der Menschen im Land hat ihn schon besucht; von den Menschen aus der Region sogar mehr als drei Viertel. Noch mehr freut mich, dass so viele Befragte in der Weiterentwicklung und Erweiterung dieses einzigartigen und wunderschönen Naturschatzes eine Chance sehen – insbesondere für den Natur- und Umweltschutz und für den Tourismus.“
Umfrage liefert wertvolle Hinweise zu Sorgen der Bürgerinnen und Bürger
Baumann erklärt weiter: „Wir haben durch die Umfrage aber auch wertvolle Hinweise bekommen, auf was wir bei einer Weiterentwicklung besonders achten sollen. So gibt es etwa die Sorge vor Verkehrsproblemen oder vor nachteiligen Umweltveränderungen. All das nehmen wir sehr ernst.“
„Wir freuen uns, dass das Interesse vor allem in der Region und bei jungen Menschen sehr groß ist, sich am Prozess der inhaltlichen Weiterentwicklung zu beteiligen“, betont Thomas Waldenspuhl, der Leiter des Nationalparks Schwarzwald. „Wir werden dem Wunsch der Bürgerinnen und Bürger entsprechen und verschiedene Möglichkeiten anbieten, sich mit Ideen und Anregungen einzubringen.“
Ganz konkret können Interessierte aus ganz Baden-Württemberg schon ab dem 10. Juni auf einer Online-Plattform ihre Ideen und Ansichten einbringen. Außerdem findet am 9. Juli eine Informationsveranstaltung in der Murghalle in Forbach statt.
Die bei der forsa-Umfrage genannten Chancen und Risiken fließen als Themen in den Beteiligungsprozess ein und werden im Bürgerforum diskutiert. Basierend auf den Diskussionen werden Empfehlungen an die Landesregierung ausgearbeitet und im Frühjahr 2023 übergeben.
Zu den Umfrageergebnissen
1.000 Befragte aus den Anrainer-Gemeinden sowie etwas mehr als 1.000 Befragte aus ganz Baden-Württemberg brachten ihre Themen und Argumente ein. Anrainer-Gemeinden wurden definiert als Gemeinden, die im Nationalparkgebiet oder bis zu zehn Kilometer von der aktuellen Grenze des Nationalparks entfernt liegen.
Keine Überraschung: Die Menschen, die in der Nähe des Nationalparks leben, haben vom Nationalpark schon gehört oder gelesen (95 Prozent); für Baden-Württemberg allgemein trifft das auf 64 Prozent zu. Während von den Baden-Württembergerinnen und Baden-Württembergern laut Befragung etwas mehr als jeder Dritte Kenntnis über die Erweiterungspläne hat (37 Prozent), liegt der Anteil bei den Bewohnern der Anrainer-Gemeinden bei fast zwei Dritteln (61 Prozent). 77 Prozent der Menschen aus der Region und 31 Prozent der Baden-Württemberger haben den Nationalpark schon einmal besucht.
Deutlich erkennbar: Die Bewohner der Anrainer-Gemeinden haben sich laut Umfrage aufgrund ihrer Betroffenheit intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt als der Rest von Baden-Württemberg. So ist der Anteil derer, die sich hinsichtlich möglicher Chancen – noch – keine Gedanken gemacht haben, unter den Baden-Württembergern signifikant höher (29 Prozent) als unter den Bewohnern der Anrainer-Gemeinden (zwölf Prozent).
Ohne Antwortvorgabe wurde nach den Chancen einer Erweiterung und Weiterentwicklung gefragt. Am meisten genannt wird die Chance für mehr Natur- und Umweltschutz. Das sehen 42 Prozent der Baden-Württemberger so und 38 Prozent der Menschen aus den Anrainer-Gemeinden.
Fast ein Drittel der Anrainer (31 Prozent) sehen durch die Weiterentwicklung Vorteile für den Tourismus, im Rest des Landes sind es 20 Prozent. Auch Chancen für den Schutz von Tieren wurden genannt: 15 Prozent der Baden-Württemberger und 18 Prozent der Menschen vor Ort.
Der Anteil derer, die sich über die Risiken einer Erweiterung und Weiterentwicklung (noch) kein Urteil gebildet haben, ist unter den Baden-Württembergern mit 34 Prozent deutlich höher als bei den Menschen vor Ort (14 Prozent). Die unmittelbarere Betroffenheit der Bewohner der Anrainer-Gemeinden spiegelt sich auch in der Wahrnehmung der Risiken wider. Auch hier wurde ohne Antwortvorgabe abgefragt.
Als Kehrseite der Medaille wird zunehmender Tourismus nicht nur als Chance, sondern auch als Risiko gesehen. Die Menschen aus den Anrainer-Gemeinden sehen dies doppelt so häufig als diejenigen aus Baden-Württemberg (21 Prozent versus zehn Prozent). Das gilt auch für wachsende Verkehrsprobleme: Hierin sehen zwölf Prozent der Menschen vor Ort ein Risiko und nur zwei Prozent der Baden-Württemberger insgesamt.
Elf Prozent der Menschen vor Ort äußerten zudem die Besorgnis, dass die Forstwirtschaft eingeschränkt werden könnte; acht Prozent nannten die Rückkehr von Tierarten als Risiko.
Keine Risiken sehen 21 Prozent der Baden-Württemberger und 23 Prozent der Bewohner der Anrainer-Gemeinden.
Offen abgefragt wurden zudem mögliche Wünsche bezüglich der Weiterentwicklung und Erweiterung. Fast die Hälfte der befragten Menschen im Land hat sich darüber noch keine Gedanken gemacht. Anders als die Menschen vor Ort – hier sind es nur 19 Prozent, die sich laut Umfrage noch nicht mit dem Thema beschäftigt haben.
Die Bewohner der Anrainer-Gemeinden nennen als wichtiges Anliegen die Achtung beziehungsweise Wahrung des Natur- und Umweltschutzes (34 Prozent versus 26 Prozent). An zweiter Stelle folgt mit zwölf Prozent die Wahrung des Schutzes der Tiere (neun Prozent Baden-Württemberg insgesamt).
In etwa jeder Zehnte der Befragten aus der Region wünscht sich eine Kompromisslösung zwischen unterschiedlichen Interessen (Baden-Württemberg fünf Prozent).
Die stärkere Betroffenheit der Region spiegelt sich deutlich wider bei dem Wunsch nach Reduzieren möglicher Verkehrsprobleme (neun Prozent versus zwei Prozent); Vermeiden von Massentourismus (acht Prozent versus zwei Prozent) sowie dem Wunsch nach verschiedenen Veranstaltungen (neun Prozent versus ein Prozent).
Nur fünf Prozent der Befragten vor Ort wünschen sich nach eigenen Angaben generell keine Weiterentwicklung des Nationalparks; im Land ein Prozent.
Als Informationskanäle bevorzugen mit rund 70 Prozent die meisten der Befragten in Baden-Württemberg die klassischen Medien wie Zeitungen, Radio und Fernsehen (Anrainer: 87 Prozent). Mit 69 Prozent liegt bei den Menschen vor Ort auch die Website des Nationalparks hoch im Kurs (Baden-Württemberg: 52 Prozent). Das gilt auch für Gemeindenachrichten oder Amtsblätter mit 66 Prozent (Baden-Württemberg: 38 Prozent).
Der Umstand, dass die Bewohner der Anrainer-Gemeinden stärker vom Erweiterungs- und Weiterentwicklungsvorhaben betroffen sind, führt ebenfalls dazu, dass der Wunsch nach Partizipation deutlich stärker ausgeprägt ist: 32 Prozent sind daran interessiert, den Prozess mitzugestalten – fast doppelt so viel wie unter den Baden-Württembergern insgesamt (18 Prozent).
Betrachtet man die Menschen, die Interesse an einer Mitgestaltung des Weiterentwicklungsprozesses haben, zeigt sich Folgendes:
Mehr als 60 Prozent von ihnen kann sich die Teilnahme an Online-Beteiligungsveranstaltungen oder einer Online-Plattform vorstellen oder aber ihre Vorschläge über E-Mail einzureichen.
Großes Interesse – 75 Prozent – zeigen die Menschen aus der Region an der Teilnahme an Beteiligungsverfahren in ihrer Gemeinde oder im Nationalpark (70 Prozent). Das Interesse der Menschen im Land liegt hier bei rund 50 Prozent.
Im Rahmen der Untersuchung wurden zwei Gruppen befragt: Zum einen 1.008 Bürgerinnen und Bürger ab 14 Jahren aus Baden-Württemberg, zum anderen 1.001 Bürgerinnen und Bürger ab 14 Jahren aus den Anrainer-Gemeinden des Nationalparks. Die Anrainer-Gemeinden wurden dabei ihrer Einwohnerzahl entsprechend in der Stichprobe berücksichtigt. Alle befragten Personen wurden nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählt.
Die Erhebung wurde vom 31. Januar bis zum 25. Februar 2022 mithilfe computergestützter Telefoninterviews durchgeführt.
Insgesamt wurden zehn Fragen gestellt, davon drei „offen“, also ohne Vorgaben: die Fragen nach den Chancen und den Risiken sowie die Frage nach den Wünschen hinsichtlich Weiterentwicklung und Erweiterung des Nationalparks.
Befragt wurde zum einen landesweit (Baden-Württemberg) und zum anderen in den folgenden 36 Städten und Gemeinden, deren Grenzen maximal zehn Kilometer vom Nationalpark entfernt sind (Anrainer):
- Achern
- Alpirsbach
- Bad Peterstal-Griesbach
- Bad Rippoldsau-Schapbach
- Baden-Baden
- Bad Wildbad im Schwarzwald
- Baiersbronn
- Bühl
- Bühlertal
- Dornstetten
- Durbach
- Enzklösterle
- Forbach
- Freudenstadt
- Gaggenau
- Gernsbach
- Grömbach
- Kappelrodeck
- Lauf
- Lautenbach
- Loßburg
- Nordrach
- Oberharmersbach
- Oberkirch
- Oppenau
- Ottenhöfen im Schwarzwald
- Ottersweier
- Pfalzgrafenweiler
- Renchen
- Sasbach
- Sasbachwalden
- Seebach
- Seewald
- Simmersfeld
- Sinzheim
- Weisenbach