Das Kultusministerium hat in einem Pilotprojekt erprobt, wie Ganztagsschulen von Verwaltungsaufgaben entlastet werden können. Die Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl bestätigt die Entlastungen für Schulen und Kommunen, nun soll das Projekt ausgeweitet werden.
Die Kernbotschaft vorneweg: Das Pilotprojekt „Koordinierungsstelle Ganztagsschule und Betreuung“ ist geglückt. Der Evaluationsbericht der Hochschule für öffentliche Verwaltung (HöV) Kehl bestätigt die Entlastungen für Schulen und Kommunen. Von den Erfahrungen der Pilotschulen und Kommunen sollen nun mittels eines Folgeprojekts weitere Städte und Gemeinden profitieren. Dabei wollen die am Pilotprojekt beteiligten Schulen und Kommunen weiter mitwirken, denn sie sind mit der entlastenden Wirkung der Kommunalen Koordinierungsstellen hochzufrieden. „Auch wir sind mit den Ergebnissen sehr zufrieden und freuen uns, dass die Evaluation eine wirksame Entlastung der Ganztagsschulen bestätigt hat“, sagt Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann und fügt an: „Deshalb weiten wir das Pilotprojekt aus, um in anderen Regionen weitere Anreize zu schaffen, eine Ganztagsschule einzurichten.“
Evaluation bestätigt wirksame Entlastung der Ganztagsschulen
Rückblick: Zum Schuljahr 2018/19 startete das Pilotprojekt in fünf Kommunen (Bruchsal, Crailsheim, Freiburg, Michelfeld und Wertheim). Ziel war es zu prüfen, wie Ganztagsschulen bei Verwaltungsaufgaben entlastet werden können. Dafür wurden bei den fünf Kommunen im Bereich Schule und Bildung Koordinierungsstellen eingerichtet. Neben dem Angebot der Ganztagsschule organisierten diese auch die kommunalen Betreuungsangebote sowie sonstige Förderprogramme des Landes, etwa das Jugendbegleiterprogramm. Die HöV Kehl hat das ein Schuljahr dauernde Pilotprojekt wissenschaftlich begleitet. „Alle Kommunen fanden es ausgesprochen hilfreich und wertschätzend, dass das Kultusministerium einen Prozess, zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden, initiiert hat, bei dem zentrale Fragen, hier der Ganztagsschule und Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich, gemeinsam diskutiert und reflektiert werden“, schreiben Professor Dr. Jürgen Kegelmann und Professor Dr. Jürgen Fischer in ihrem 22-seitigen Abschlussbericht. „So haben Planungs- und Umsetzungsebene in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit, Pädagogen und Verwalter, Praktiker und (Verwaltungs)Wissenschaftler zu einem differenzierten und doch einheitlichen Bild beigetragen, das helfen kann, die Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich zukunftsfähig weiterzuentwickeln“, heißt es dort weiter.
Folgeprojekt mit zehn Kommunen
Die Ergebnisskizze: Im Kern haben sich beim Pilotprojekt bestimmte Geschäftsprozesse herauskristallisiert, wie die Zusammenarbeit zwischen Ganztagsschule und Koordinierungsstelle sinnvoll gelingt. Diese sind standortunabhängig und können daher auf andere Kommunen und Schulen übertragen werden. Die Evaluation bestätigt indes, dass auch das Modell des breit gefächerten Schulangebots richtig ist, um auf die vielfältigen Bedürfnisse der Eltern möglichst gut einzugehen. Ferner halten die Wissenschaftler fest, dass eine klare Rollenverteilung sinnvoll ist. Denn die Schule hat das pädagogische Know-how, und die Koordinierungsstelle verfügt über die Verwaltungskompetenz. Wichtig sei dabei eine rege und vertrauensvolle Kommunikation der Beteiligten. Der Abschlussbericht der Hochschule zeigt zudem die Schwächen der bestehenden Ganztagsschulen wie operative Übersteuerung, Belastung der Schulleitung oder bürokratische und technische Hindernisse. Demgegenüber stellt er die Stärken heraus, darunter die große Vielfalt des ausdifferenzierten Angebots, das große Vertrauen bei der Zusammenarbeit der Partner und die Möglichkeit zur Rhythmisierung und Flexibilisierung des Ganztags. Aus ihrer Analyse leitet die HöV Kehl 13 Handlungsvorschläge und Faktoren ab. Dazu zählen etwa die Berücksichtigung lokaler Anforderungen, die große Bedeutung von Bildung und Betreuung als Standortfaktor für Kommunen, die Einrichtung einer Koordinierungsstelle Ganztagsschule und eines regelmäßigen Austausches zwischen dieser und den Schulen oder die Einführung einer pädagogischen Leitung des Ganztagsbetriebs an den Schulen.
Das Folgeprojekt: Von diesen Erfahrungen sollen nun weitere Kommunen und Schulen profitieren. Deshalb wird das Kultusministerium in einem Anschlussprojekt den Piloten im laufenden Schuljahr ausweiten. Unter anderen haben die Kommunen Friedrichshafen, Göppingen und Karlsruhe bereits Interesse bekundet. Insgesamt zehn Kommunen sollen an der Fortführung beteiligt sein, die HöV Kehl wird auch dieses Projekt wieder wissenschaftlich begleiten. Ziel ist es, die Erfahrungen in die Fläche zu tragen, weitere Handlungsmuster zu erhalten und die Zusammenarbeit von Koordinierungsstelle, Kommune und Schule weiter zu verbessern. „Mit dem Ausbau wollen wir die Entlastung der Ganztagsschulen fortführen und auf mehrere Standorte ausbauen. Dadurch sollen die Schulen und Schulleitungen damit mehr Zeit für ihre pädagogischen Aufgaben haben und damit zu einer Qualitätssteigerung der Bildung unserer Kinder beitragen“, sagt Ministerin Eisenmann.
- Zum Piloten: Das Land hat im Schuljahr 2018/19 Koordinierungsstellen in den Kommunen Bruchsal, Crailsheim, Freiburg im Breisgau, Michelfeld und Wertheim eingerichtet. Diese haben Tätigkeiten und Aufgaben in den Bereichen Finanzen, Personal und Organisation für den Ganztagsbetrieb der Schulen übernommen. Mit dem Projekt hat das Kultusministerium Ergebnisse der Ganztagsgipfel 2016 und 2017 aufgegriffen.
- Zur Evaluation: Die Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl hat das Pilotprojekt wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Dafür hat die HöV drei Workshops mit den Pilotkommunen veranstaltet, Befragungen vor Ort – bei Kommune und Schulen – sowie Erhebungen in den fünf Koordinierungsstellen durchgeführt. Ziel der wissenschaftlichen Begleitung war es, gemeinsam mit den Pilotkommunen die Rolle der Koordinierungsstellen zu schärfen und eine Entlastung der Ganztagsschulen von Verwaltungsaufgaben zu schaffen.
- Zum Anschlussprojekt: Auch wenn die Koordinierungsstellen mehrheitlich Aufgaben übernehmen, die in der Zuständigkeit der Kommunen liegen, so ist eine finanzielle Beteiligung des Landes hilfreich – insbesondere aufgrund des partnerschaftlichen Miteinanders. Deshalb wurde diese bereits bei der Pilotprojekt-Vereinbarung festgelegt, und sie soll nun auch beim Anschlussprojekt fortgeführt werden, in Höhe von sieben Prozent der monetarisierten Lehrerwochenstunden. Zur Erklärung: Die Schulen erhalten für den Ganztag zusätzliche Lehrerwochenstunden. Davon können sie sich einen Teil auch als Finanzmittel auszahlen lassen, um damit Ganztagsangebote von externen Partnern zu bezahlen. Das sind die so genannten Monetarisierungsmittel. Zur Förderung der Koordinierungsstellen übernimmt das Land sieben Prozent dieser Lehrerwochenstunden, die als Finanzmittel ausbezahlt werden.