In Baden-Württemberg können kleine und mittlere Unternehmen auf einen der stärksten Rechner der Welt zurückgreifen. Möglich macht das die von Land, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Universität Stuttgart gegründete Beratungsfirma SICOS BW. Diese unterstützt Unternehmen beim Einsatz zukunftsweisender Computer- und Simulationstechnologien, Big und Smart Data.
„Baden-Württemberg ist ein starker Wirtschaftsstandort. Für die Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Land ist es von entscheidender Bedeutung, Zugang zu computergestützter Simulation und Höchstleistungsrechnern sowie Big und Smart Data-Technologien zu bekommen. So werden Produktentwicklungszeiten verkürzt und neue, innovative Produkte entwickelt. Diese Technologien helfen KMU, die Zukunftschance Digitalisierung zu ergreifen und aktiv zu gestalten“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer heute. Zwar gebe es in Sachen Höchstleistungsrechnen und Big Data bereits erfolgreiche Kooperationen mit großen Unternehmen im Land; den Mittelstand auf diesem Weg mitzunehmen, bleibe aber eine Herausforderung.
Damit kleine und mittlere Unternehmen Zugang zu Höchstleistungsrechnern bekommen, haben das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Universität Stuttgart mit finanzieller Unterstützung des Landes 2011 die SICOS BW GmbH gegründet. Die Beratungsfirma geht gezielt auf kleine und mittelständische Unternehmen zu, berät diese rund um zukunftsweisende Computer- und Simulationstechnologien sowie die Nutzung von Big und Smart Data und hilft ihnen, gemeinsam mit den Höchstleistungsrechenzentren in Stuttgart und Karlsruhe Pilotprojekte durchzuführen. „In Baden-Württemberg können kleine und mittlere Unternehmen auf einen der stärksten Rechner der Welt zurückgreifen“, so Bauer. SICOS BW bietet Weiterbildungen an und organisiert Treffen zwischen Rechenzentrums-Experten und Mitarbeitenden der Unternehmen. Bezahlen müssen die Unternehmen nur die genutzte Rechnerleistung.
Europaweit einmalig
Die Ministerin zieht eine positive Bilanz: „Dass Baden-Württemberg mit dieser Gründung einen richtigen Schritt getan hat, zeigen die in den vergangenen Jahren gemachten Erfahrungen: Indem Firma auf Firma zugeht, entstehen ein Dialog auf Augenhöhe und gegenseitiges Verständnis“, sagte Bauer. Mehr als tausend Interessenten hat die SICOS BW bereits über Veranstaltungen erreicht und mehr als hundert Unternehmen beraten. „SICOS BW ist europaweit einmalig. Eine solche Institution mit Fokus auf die KMU und einer engen Verbindung zur Hochschule gibt es bislang nirgendwo“, betonte die Wissenschaftsministerin.
Dr. Andreas Wierse, Geschäftsführer der SICOS BW GmbH, sieht große Vorteile für die KMU im Land: „Die Hemmschwelle, sich mit neuen, kompliziert erscheinenden Technologien auseinanderzusetzen, ist gerade bei kleinen Unternehmen hoch: Es gibt neben dem Tagesgeschäft kaum Zeit, sich damit zu befassen. Aber wenn wir gemeinsam analysiert haben, wie das Unternehmen diese Technologie sinnvoll einsetzen kann, sind auch KMU sehr schnell darin, sie produktiv bei sich einzusetzen. Der Anstoß, der hier aus der Forschung kommt, fällt sehr oft auf fruchtbaren Boden“, so Dr. Wierse. „Das ist Technologietransfer, der wirklich funktioniert“, unterstrich Wissenschaftsministerin Bauer.
Biene Maja lernt fliegen
Nach der konkreten Beratung über die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten von Höchstleistungsrechnen und Big / Smart-Data-Technologien begleitet SICOS BW die KMU bei ihren weiteren Schritten. So hat die Firma M.A.R.K.13 für ihre Arbeit am 3D-Animationsfilm „Biene Maja“ Unterstützung bei der Nutzung des Höchstleistungsrechners am Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart (HLRS) erhalten: SICOS BW hat das Unternehmen bei der Anpassung seiner Arbeitsabläufe an eine Supercomputer-Umgebung unterstützt. Auch die Fortsetzung, „Die Biene Maja 2 - Die Honigspiele“, lernte auf den Rechnern des HLRS das Fliegen.
Ein weiterer Erfolg: SICOS BW konnte den Firmen Lauer & Weiss in Fellbach und Bollinger & Ohr in Korb im Remstal zu einer Förderung der neuen Technologien durch die Europäische Union verhelfen. Gemeinsam mit den Unternehmen und dem Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart brachte SICOS BW die Simulation eines komplexen Laserschweißvorgangs auf den dortigen Höchstleistungsrechner Hazel Hen. Das dabei gewonnene Know-how hat noch während des laufenden Projektes dabei geholfen, einen neuen Auftrag zu gewinnen.
Netzwerk für kleinere Unternehmen
Seit der Gründung der Beratungsfirma wurde ein tragfähiges Netzwerk aufgebaut, das es heute erlaubt, gerade die kleineren Unternehmen zu erreichen, beispielsweise über Partnerschaften mit den Industrie- und Handelskammern (IHK) oder dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau (VDMA). Auch die Einbindung in weitere Landesinitiativen bis hin zur direkten Mitarbeit in EU-Projekten machen den Technologietransfer heute deutlich effektiver.
Neue Initiative zur beruflichen Weiterbildung
Die Ministerin kündigte an, die Aktivitäten nun auch durch eine Initiative zur beruflichen Weiterbildung zu ergänzen: Gemeinsam mit universitären Partnern aus dem Land sorgt die SICOS BW dafür, dass Experten für Höchstleistungsrechnen auch berufsbegleitend ausgebildet werden können. Dies findet im Rahmen des ESF-geförderten Projekts „MoeWE“ statt. Vor kurzem wurde der erste Kurs „Paralleles Programmieren“ in der neuen Supercomputing Akademie durchgeführt.
Einzige Universität Deutschlands mit Bundeshöchstleistungsrechenzentrum
Die baden-württembergischen Forschungseinrichtungen haben europaweit einen erstklassigen Ruf, wenn es um Höchstleistungsrechnen und Smart Data geht. Die Universität Stuttgart ist die einzige Universität in Deutschland, die mit dem Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart (HLRS) ein Bundeshöchstleistungsrechenzentrum beherbergt. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verfügt mit dem Smart Data Innovation Lab und dem Smart Data Solution Center Baden-Württemberg über eine herausragende Forschungsinfrastruktur für Smart Data in der Wirtschaft. Die SICOS BW deckt bei ihrer Arbeit eine große Bandbreite ab: von der Information über die Beratung bis hin zur direkten Unterstützung bei der Nutzung der modernen Technologien.
SICOS BW
Die SICOS BW ist auch international aktiv: Die Vernetzung im Rahmen der europäisch geförderten Fortissimo-Projekte erlaubt auf der einen Seite den Blick über den Tellerrand auf Aktivitäten außerhalb des Landes; andererseits gibt sie den Unternehmen im Land auch die Möglichkeit, mithilfe von Fördermitteln die neue Technologie noch schneller und besser zu nutzen.
Gesellschafter von SICOS BW sind das KIT mit dem Steinbuch Centre for Computing (SCC) und die Universität Stuttgart mit dem Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart (HLRS). Finanziell unterstützt wird SICOS BW vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) und den beiden Gesellschaftern. Dies ermöglicht eine neutrale und kostenfreie Unterstützung der ratsuchenden Unternehmen.
Das Land und die beiden Gesellschafter stellen zur Grundfinanzierung 400.000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Hinzu kommen geförderte Projekte im Bereich Weiterbildung sowie zum Aufbau von Plattformen, die Methodenwissenschaften, Wirtschaft und Experten in Sachen Simulation und Höchstleistungsrechnen sowie Big / Smart Data zusammenbringen sollen.
In den Bereichen Automotive, Energie und Medien sowie Smart Data arbeitet SICOS BW mit spezialisierten Solution Centern – dem Automotive Simulation Center Stuttgart (asc(s), dem Energy Solution Center Karlsruhe (EnSoC), dem Media Solution Center Baden-Württemberg (MSC-BW) und dem Smart Data Solution Center Baden-Württemberg (SDSC-BW).