Kunst und Kultur

Neue Kunstkonzeption angekündigt

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Staatssekretärin Petra Olschowski spricht bei einer Pressekonferenz zur Vorstellung der „Kulturpolitischen Leitlinien der kommenden fünf Jahre“ (Quelle: © dpa).

Kunststaatssekretärin Petra Olschowski hat ihre kulturpolitischen Leitlinien für diese Legislaturperiode vorgestellt und eine neue Kunstkonzeption für Baden-Württemberg angekündigt. „Kultur ist Experimentierfeld und Schule für ein offenes und tolerantes gesellschaftliches Miteinander. Mittels Digitalisierung können wir neue Türen in der Kulturvermittlung öffnen“, so Olschowski.

Kulturpolitische Leitlinien für Legislaturperiode

„Baden-Württemberg ist das Land, in dem mit der Venus vom Hohle Fels eine der weltweit ältesten Darstellungen des menschlichen Körpers beheimatet ist, und es ist das Land, in dem kreative Animationsspezialisten die virtuelle Welt der internationalen Erfolgsserie ‚Game of Thrones’ entwerfen. Dieses einmalige Spektrum ist Herausforderung und Verpflichtung zugleich.“ Dies sagte Kunststaatssekretärin Petra Olschowski anlässlich der Vorstellung ihrer kulturpolitischen Leitlinien für diese Legislaturperiode. Dass rund elf Millionen Menschen im Jahr das mit Landesmitteln geförderte Kulturangebot in Baden-Württemberg – in den Zentren wie in den Regionen – nutzten und erlebten, sei erfreulich und beeindruckend. „Diese Zahl belegt, wie wichtig den Bürgerinnen und Bürgern Kunst und Kultur sind und wie stark diese in die Gesellschaft wirken“, so Olschowski. 

Kunst und Kultur im Land eine Stimme geben

Olschowski machte deutlich, dass sie sich als Interessensvertreterin sehe für Kunst und Kultur: „Ich kämpfe für Akzeptanz und Verständnis für die Anliegen der Kultur in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Denn: Die Ausgaben für Kunst sind nicht automatisch legitimiert, das Verständnis für Kultur ist nicht automatisch da.“ Dabei seien Kunst und Kultur von größter Bedeutung für die Gesellschaft. 

Kunst und Kultur stärken gesellschaftlichen Zusammenhalt

Neben gesellschaftlichen Entwicklungen wie Migration, Internationalisierung, Integration, Heterogenität, Radikalisierung, aber auch dem demographischem Wandel hat auch die Digitalisierung stärkere Auswirkungen auf alle Lebensbereiche als vor einigen Jahren gedacht – damit auch auf Kunst und Kultur. Das betrifft die Art, wie wir produzieren, aber auch, wie wir wahrnehmen. „Gerade die gesellschaftlichen Veränderungen in Europa zeigen, wie notwendig ein gemeinsames kulturelles Verständnis ist, das Vielfalt und Eigenheiten zulässt, aber gemeinsame Werte entwickelt.“ Vor diesem Hintergrund komme Kunst und Kultur eine zentrale Rolle zu, insbesondere für eine aufgeklärte, offene, empathische und tolerante Gesellschaft. Künstlerinnen und Künstler, so Olschowski, stellten Fragen nach den gemeinsamen Wurzeln, aber auch nach Verschiedenheit und Individualität, nach Hoffnungen und Ängsten, nach Möglichkeiten und Verweigerung. „Sie hinterfragen Identität, suchen nach Orientierungspunkten, experimentieren mit Perspektiven – und finden dabei immer wieder auch Antworten, wie wir in dieser Gesellschaft zusammenfinden und zusammenleben können.“ Daraus folge: „Politik muss Ermöglichungsräume bereitstellen, in denen Kunst und Kultur sich dem Zeitgeist stellen und Diskussionen und Konflikte austragen können.“

Unverzichtbar sei daher ein breites kulturelles Angebot: „Wir brauchen Kunst und Kultur aller Sparten auf allen Ebenen. Wir brauchen Kultur für Kinder und Erwachsene, für Menschen ohne und mit Migrationshintergrund – auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, betonte Olschowski. 

Kunst und Kultur für jeden und jede – Chancen der Digitalisierung nutzen

Die Digitalisierung sei auch für den Kunst- und Kulturbereich eine Herausforderung; sie biete aber zugleich neue Möglichkeiten: „Kunst und Kultur haben die Chance, mittels Digitalisierung neue Türen in der Kulturvermittlung aufzustoßen und damit auch eine neue Erreichbarkeit für kulturelle Diskurse herzustellen“, sagte Olschowski. Die Frage der Digitalisierung hänge stark mit der Frage des gleichberechtigten Zugangs zu Kunst und Kultur zusammen – unabhängig von Herkunft, Einkommen oder Bildung. „Digitalisierung ermöglicht Kultur einem breiten, auch neuen Publikum zugänglich und erfahrbar zu machen“, unterstrich die Staatssekretärin.

„Ich möchte unsere Museen und Kultureinrichtungen dabei unterstützen, auf diesem Weg voranzugehen und über neue Wege der Kulturvermittlung nachzudenken“, so Olschowski weiter. Ein vom Kunstministerium geförderter und von der MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg erstellter Leitfaden für Museen und Kultureinrichtungen mit Anregungen und Hilfestellung zur Umsetzung digitaler Formate wird demnächst vorgestellt. Zudem plant die Staatssekretärin einen Strategieworkshop für die Landesmuseen sowie ein Coaching-Programm zur Entwicklung einer museumsspezifischen Digitalisierungsstrategie. 

Starke Zentren, starke Regionen als Markenzeichen des Landes sichern

Kultur bestimme wesentlich die Wahrnehmung des Landes im In- und Ausland, so Olschowski. Baden-Württemberg verfüge zum einen über Einrichtungen mit starker nationaler und internationaler Ausstrahlung, wie beispielsweise die Staatstheater, das Deutsche Literaturarchiv oder das ZKM. Städte wie Stuttgart, Karlsruhe oder Mannheim lebten von ihrem Image als Kulturmetropolen. Gekennzeichnet sei die Situation im Land darüber hinaus durch starke Regionen mit eigenem kulturellen Profil. „In der Kunstpolitik werden wir daher auch die Regionen im Blick haben.“ Was passiere, wenn Regionen kulturell abgehängt werden, zeige die Abstimmung um den Brexit in Großbritannien. „Hier ist das Auseinanderbrechen der Gesellschaft auf verschiedenen Ebenen deutlich geworden: London – Land, jung – alt; auch Bildung hat eine Rolle gespielt.“

Sie setze dabei auf eine erfolgreiche Förderstruktur in Baden-Württemberg. Aber auch diese müsse immer wieder neu angepasst werden. „Wir wollen überprüfen, wie wir unsere Instrumente künftig weiterentwickeln. Es wird darum gehen, Freiräume zu erhalten und neue zu schaffen, neue kulturelle Formate zu ermöglichen, aber trotzdem nicht alles Erprobte zur Disposition zu stellen“, betonte Olschowski. 

Sanierungsthemen sind Zukunftsthemen

Baden-Württemberg stehe dabei auch zu seinen herausragenden Einrichtungen. Einige Sanierungsmaßnahmen im Kunstbereich würden das Land in dieser Legislaturperiode und darüber hinaus begleiten. „Es sind Sanierungsthemen. Aber es sind auch Zukunftsthemen. Denn es geht um Investitionen für die Zukunft“, sagte die Staatssekretärin. So seien für die beiden Staatstheater in Karlsruhe und Stuttgart umfangreiche, gesetzlich vorgeschriebene Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen notwendig, um einen zeitgemäßen Opern-, Ballett- und Theaterbetrieb garantieren zu können und dabei auch den gesetzlichen Vorgaben nachzukommen (Brandschutz, Arbeitsschutz). „Wir müssen und wollen unsere Staatstheater in die Lage versetzen, ihre hohe Qualität auf internationalem Niveau zu halten und sie fit machen für die nächsten 50 Jahre. Die Modernisierungsmaßnahmen brauchen Zeit, aber es ist unverzichtbar.“ 

Veränderte Lebenswirklichkeit erfordert neue Kunstkonzeption

„Angesichts der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und der Beschleunigung, mit der wir es in fast allen Lebensbereichen zu tun haben, wird deutlich: Die Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, sind andere als noch vor einigen Jahren“, so Olschowski. Es sei daher an der Zeit, über aktuelle Themen und Strategien der Kulturpolitik und der Kulturförderung nachzudenken und zu sprechen. „Ich verstehe es daher als meine Aufgabe, in dieser Legislatur gemeinsam mit den Kulturschaffenden im Land und parteiübergreifend mit den politischen Akteuren Zukunftsoptionen zu entwickeln für die nächste Dekade – und damit eine neue Kunstkonzeption für Baden-Württemberg“, kündigte die Kunststaatssekretärin abschließend an. 

Hintergrund

Der Landtag von Baden-Württemberg hatte in seiner vorletzten Legislaturperiode einstimmig eine vielbeachtete und -gelobte Kunstkonzeption des Landes Baden-Württemberg „Kultur 2020“  verabschiedet, die im September 2010 erschienen ist.

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