Die aktuelle Forderung des baden-württembergischen Bauwirtschaftspräsidenten Bernhard Sänger mehr Geld in die Sanierung der Brücken zu investieren geht in die richtige Richtung und unterstützt den Weg, den das Verkehrsministerium bereits seit mehreren Jahren eingeschlagen hat.
Seit 2011 mit Amtsantritt von Verkehrsminister Winfried Hermann steigen die Erhaltungsmittel stetig. An Landesstraßen von 85 Millionen Euro (2011) auf 120 Millionen Euro (2015) und an Bundesstraßen von 198 Millionen Euro (2011) auf 353 Millionen Euro (2015). Rund 22 Millionen Euro dieser Investitionen gingen 2015 an Landesstraßen in die Brücken. An Bundesstraßen waren es 2015 rund ein Viertel der Investitionen.
Die Mittel für die Planung und den Erhalt will das Verkehrsministerium auch weiterhin hochfahren. „Die Mittel dafür stellt der Landtag zur Verfügung. Hier setzen wir uns nachdrücklich dafür ein, dass die Mittel erhöht werden“, so die Sprecherin. Minister Hermanns Politik sei es seit jeher die Sanierung und den Erhalt vor dem Neubau zu stärken, so die Sprecherin weiter. In den nächsten Jahren sollen neben den Investitionsmitteln zur baulichen Umsetzung vor allem die Planungsmittel dauerhaft erhöht werden.
„Die Aussage Sängers, 40 Prozent der Brücken an Landesstraßen seien in einem schlechten Zustand können wir jedoch nicht so stehen lassen“, so die Sprecherin weiter. Rund 26 Prozent der Fläche der Autobahnbrücken, rund 8 Prozent der Fläche der Bundesstraßenbrücken und rund 10 Prozent der Fläche der Landesstraßenbrücken befinden sich in einem schlechten Bauwerkszustand (Bauwerksnote 3,0 und schlechter). „Dies heißt jedoch nicht, dass diese Brücken einsturzgefährdet sind“, sagte die Sprecherin weiter.
Zur Umsetzung der aufwändigen Erhaltungsmaßnahmen wirbt das Verkehrsministerium auch um höhere Planungskapazitäten bei den Ingenieurbüros. Am 11. November 2016 nimmt Verkehrsminister Hermann am Kongress des Verkehrsministeriums und der Ingenieurkammer Baden-Württemberg teil, bei dem insbesondere für den Ausbau der Kapazitäten bei allen an der Bauwerksertüchtigung beteiligten Institutionen geworben werden soll.
Hintergrundinformation
Sämtliche Bauwerke in Baden-Württemberg werden turnusmäßig im Drei-Jahres-Rhythmus geprüft. Alle sechs Jahre erfolgt eine genauere Inspektion, die sogenannte Hauptprüfung. Im Verlauf der Bauwerksprüfung wird für jeden erfassten Einzelschaden eine getrennte Schadensbewertung nach den Kriterien „Standsicherheit“, „Verkehrssicherheit“ und „Dauerhaftigkeit“ durchgeführt. Aus der Gesamtheit dieser Einzelschäden berechnet sich dann die Zustandsnote. Ab der Note 3,0 werden diese Bauwerke verstärkt in den Fokus genommen, da hier die Standsicherheit und/oder die Verkehrssicherheit beeinträchtigt sein können und dies zu Lasten der Dauerhaftigkeit und Gebrauchstauglichkeit gehen kann. Diese Bauwerke sind jedoch nicht akut einsturzgefährdet! Gemäß einer internen Priorisierung werden die Bauwerke in das Erhaltungsprogramm für die Instandsetzung, Ertüchtigung oder einen Ersatzneubau aufgenommen und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Kapazitäten priorisiert und projektiert.
Der signifikante Anstieg der Nutzungsanforderungen (gestiegenene Güterverkehrsleistungen in Verbindung mit der Anhebung der zulässigen Gesamtgewichte von 24 Tonnen im Jahr 1956 auf inzwischen 44 Tonnen sowie der Anstieg der genehmigungspflichtigen Schwerlasttransporte) hat dazu geführt, dass Brücken aufgrund mangelnder Tragfähigkeitsreserven den verkehrlichen Anforderungen heute teilweise nicht mehr gewachsen sind. Die betroffenen Bauwerke müssen daher im Rahmen einer Instandsetzungsmaßnahme über das bisherige Tragfähigkeitsniveau hinaus statisch verstärkt werden, um sie so fit für die Zukunft zu machen. Sind solche Ertüchtigungsmaßnahmen technisch nicht möglich oder unwirtschaftlich, sind die Bauwerke durch Neubauten zu ersetzen.
Hierzu werden in Baden-Württemberg seit 2011 insbesondere bei den besonders belasteten Autobahnbrücken die Tragfähigkeit der Bauwerke nachgerechnet. Bislang konnten rund 230 Autobahnbrücken und Bundestraßenbrücken von den rund 680 vordringlich nachzurechnenden prioritären Brücken im Bundesfernstraßennetz abgearbeitet werden. Bei Tragfähigkeitsdefiziten werden diese Bauwerke vordringlich behandelt und ggf. baulich ertüchtigt oder durch einen Ersatzneubau ersetzt. Als Beispiel einer Verstärkungsmaßnahme kann die Kochertalbrücke bei Braunsbach im Zuge der A6, die höchste Brücke Deutschlands, genannt werden. Es ist gelungen, die Kochertalbrücke so instand zu setzen und zu ertüchtigen, dass die Brücke als einziges Bauwerk im Rahmen des geplanten Ausbaus der A 6 nicht durch einen Neubau ersetzt werden muss.