Zehn Preisträgerinnen und Preisträger haben den mit 20.000 Euro dotierten Landesnaturschutzpreis 2020 erhalten. Ausgezeichnet wurden Initiativen, die sich in besonderer Weise für den Erhalt der Arten und die Schaffung neuer oder besserer Lebensräume für Tiere und Pflanzen einsetzen.
Von der Grundschule über die NABU-Ortsgruppe bis hin zur einzelnen Familie: Die Preisträgerinnen und Preisträger des Landesnaturschutzpreises 2020 sind so vielfältig wie die Flora und Fauna in Baden-Württemberg selbst. Umwelt- und Naturschutzminister Franz Untersteller hat per Livestream zehn Preisträgerinnen und Preisträgern den Landesnaturschutzpreis 2020 der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg verliehen. Das Motto der mit insgesamt 20.000 Euro dotierten Auszeichnung lautet: „Neu geschaffen! Naturschätze von Menschenhand“.
„Wir Menschen bringen mit unserer Lebens- und Arbeitsweise zahlreiche Arten und ihre Lebensräume immer stärker in Bedrängnis“, mahnte der Minister und Vorsitzende der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg. „Wir alle, Wirtschaft, Landwirtschaft, Politik sowie Bürgerinnen und Bürger können und müssen dazu beitragen, die biogische Vielfalt zu schützen und zu stärken. Nur so können wir unsere Lebensgrundlagen und die Schönheit der Natur auch für die kommenden Generationen bewahren und erhalten.“
Wertvoller Beitrag zur biologischen Vielfalt
Mit dem Landesnaturschutzpreis 2020 werden Initiativen ausgezeichnet, die sich mit besonderem Engagement und auf vielfältige Weise für die Anlage und Pflege neuer Lebensräume einsetzen. „Die Preisträgerinnen und Preisträger leisten mit ihrem zum Teil über Jahrzehnte hinweg reichenden Einsatz einen wertvollen Beitrag zur Stärkung der biologischen Vielfalt im Land“, würdigte Minister Untersteller, „ich hoffe, dass die Gewinnerinnen und Gewinner auch andere dazu motivieren, sich leidenschaftlich zu engagieren, um so Naturschätze für Tiere, Pflanzen und die Menschen zu schaffen.“
Der Umweltminister betonte, dass die Landesregierung sich in besonderem Maße in der Verantwortung sehe, die Artenvielfalt zu erhalten. „Ein wesentlicher Meilenstein ist die im Sommer 2020 vollzogene Weiterentwicklung des Naturschutzgesetzes sowie des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes. Dadurch konnte die Stärkung der Biodiversität in unserem Land auf eine breite gesellschaftliche Basis gestellt und gesetzlich verankert werden“, hob Untersteller hervor. Die Verlängerung des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt um weitere zwei Jahre ermögliche darüber hinaus, notwendige Projekte umzusetzen sowie Grundlagenerhebungen und Arten-Monitorings zu realisieren.
Preisträger mit einem Preisgeld von 1.000 Euro
Das Ehepaar Fröhlich hat sein Projekt bereits im Jahr 2011 gestartet, mit dem Ziel, eine Fläche von rund 6.000 Quadratmetern, die bisher überwiegend durch konventionellen Weinbau bewirtschaftet wurde, nach den Prinzipien der Permakultur und des Waldgartens grundlegend umzuwandeln und dadurch neue Lebensräume für Pflanzen und Tieren zu schaffen. Das Paar pflanzte Hecken, Sträucher und Bäume an, errichtete Trockenmauern und Totholzhaufen und hängte Nistkästen auf. Auf 1.200 Quadratmetern legte es im Rahmen einer „plant party“ eine Streuobstwiese an. Die beiden planen darüber hinaus, eine Wildblumenwiese anzulegen und das Lebensraumangebot um weitere Elemente zu erweitern. Auch in Sachen Öffentlichkeitsarbeit sind die Fröhlichs aktiv, beispielsweise gestalteten sie eine eigene Internetseite zum Projekt, posten auf Instagram und planen Kooperationen mit Schulen und Kindergärten.
Preisträgerin mit einem Preisgeld von 1.500 Euro
Im Frühjahr 2019 hat die Schule in Kooperation mit der NABU-Gruppe Ulm/ Neu-Ulm und dem BUND Blaustein begonnen, einen Schulgarten der besonderen Art anzulegen. Neben Nutzgartenelementen wie Hochbeeten oder einer Kräuterspirale legen die Schülerinnen und Schüler zahlreiche Biotope an: beispielsweise eine Wildblumenwiese, ein Wildbienenhotel, Totholzlager, Steinhaufen oder eine Benjeshecke. Der Schulgarten ist in das schulpädagogische Konzept integriert, in der klassenübergreifenden Schulgarten-AG sind die Schülerinnen und Schüler jede Woche aktiv. Etwas Besonderes ist die Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd sowie die intensive Öffentlichkeitsarbeit der Schule zum Schulgartenprojekt.
Preisträger mit einem Preisgeld von 1.750 Euro
2019 hat die Hofgemeinschaft Sonnenwald auf der Grundlage einer Masterarbeit begonnen, ein multifunktionales Agroforstsystem anzulegen. Durch die Anlage von verschiedenen, sich hinsichtlich ihren Ansprüchen und Eigenschaften optimal ergänzenden Arten innerhalb eines Agroforststreifens entsteht ein deutlicher Mehrwert auf den Flächen und es werden zugleich Lebensräume für unterschiedliche Arten geschaffen. Ergänzend installierte Steinwälle, Greifvogelsitzwarten oder Wildblumenstauden-Streifen tragen zusätzlich zur Erhöhung der Biodiversität bei. Wanderkorridore entlang der Agroforststreifen unterstützen den Biotopverbund. Eine Ausweitung der Flächen in den kommenden Jahren ist vorgesehen.
Preisträger mit einem Preisgeld von 2.250 Euro
1983 begann die Ortsgruppe, an verschiedenen Stellen im Gemeindegebiet von Aspach Kleingewässer für Amphibien anzulegen. Diese haben eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung, da es die einzigen stehenden Gewässer in der Umgebung von Aspach sind, die nicht als Fischteiche bewirtschaftet werden. Die Distanz der einzelnen Gewässer zueinander wurde von den Aktiven der Ortsgruppe so gewählt, dass ein Austausch der Populationen möglich ist, sie erfüllen somit auch eine wichtige Biotopverbundfunktion. Die NABU-Ortsgruppe sichert mit viel Engagement dauerhaft den Lebensraum von Erdkröte, Springfrosch und Co.
Bereits 1981 hat die Arbeitsgruppe Umwelt im Bürgerverein Eltingen, unter anderem in Kooperation mit der Stadt Leonberg, damit begonnen, Feucht- und Trockenbiotope anzulegen und so den ökologischen Wert dieser Flächen deutlich zu verbessern. Seitdem pflegt die Arbeitsgruppe diese Flächen in wöchentlichen Einsätzen, vergrößert sie und entwickelt sie stetig weiter, rund zwei Hektar konnten so als Rückzugsraum für eine Vielzahl an Arten geschaffen werden. Auch sorgte die Gruppe für eine Vernetzung dieser Biotope, indem sie Trittsteinbiotope anlegte. Um die Artenvielfalt zu erhöhen, installierten die Aktiven Wildbienennisthilfen, Steinhaufen, Holzstapel sowie Nisthilfen für verschiedenste Vogelarten. Die Gruppe ist auch sehr aktiv, ihre Arbeit anderen näher zu bringen, so bietet sie beispielsweise regelmäßig Führungen für unterschiedliche Zielgruppen an.
Seit 2010 sind in der Saalbachniederung auf den Gemarkungen Bruchsal, Karlsdorf-Neuthard und Neudorf ein inzwischen etwa zwölf Hektar großes Feuchtgebiet geschaffen worden. Der Grundstock hierfür wurde durch eine großflächige Umwandlung von Ackerflächen in extensiv genutzte Wiesen gelegt. Die NABU-Ortsgruppe Hambrücken war maßgeblicher Initiator verschiedener Teilprojekte unterschiedlicher Träger, erwarb selbst Flächen und setzte eigene Maßnahmen um. Der Naturschutzwert der Saalbachniederung hat sich in den vergangenen Jahren – insbesondere auch für die Vogelwelt – so gesteigert, dass derzeit eine Ausweisung als Naturschutzgebiet im Verfahren ist. Das Gebiet ist zudem Vogelschutzgebiet der europäischen Vogelschutz-Richtlinie und zählt zu den fünf größten Wiesengebieten Baden-Württembergs. Durch sein langjähriges Engagement hat die NABU-Ortsgruppe wesentlich zum Erfolg des Projektes „Saalbachniederung“ beigetragen.
Seit 2013 setzt sich die NABU-Kreisgruppe für den Erhalt der streng geschützten sowie gemäß der Roten Liste Baden-Württemberg stark gefährdeten Geburtshelferkröte ein: Das Engagement begann mit einer Umsiedlung von Kröten auf ein geeignetes vereinseigenes Grundstück. Um das Vorkommen weiter auszuweiten, pachtete oder kaufte der NABU Flächen, um dort entsprechende Gewässer und Landlebensräume anzulegen und diese miteinander zu vernetzen. Mit Erfolg: Konnten 2012 nur zwei rufende Kröten festgestellt werden, so waren es 2019 bereits 52. Darüber hinaus profitieren zahlreiche weitere Arten von den Maßnahmen. Die Amphibienspezialisten informieren regelmäßig die Öffentlichkeit und stehen mit den tangierten Gemeinden in regem Austausch.
Mit neun Partnern aus dem ehrenamtlichen Naturschutz und Kommunen setzte die Bodensee-Stiftung von 2015 bis 2019 das Projekt mit dem Ziel um, Kleingewässer rund um den Bodensee anzulegen, um so neue Lebensräume für Amphibien und andere davon profitierende Arten zu schaffen. Die Bodensee-Stiftung übernahm hierbei die Projektkoordination.
Im baden-württembergischen Teil des Projektes wurden rund 75 neue Klein- und Kleinstgewässer angelegt, zusätzlich wurde etwa die gleiche Anzahl renaturiert und aufgewertet. Um die Nachhaltigkeit der Maßnahmen zu sichern, tauschten sich die Partner intensiv aus und teilten ihr Wissen. Gemeinsam wurden Umweltbildungsmaßnahmen entwickelt und über eine intensive Öffentlichkeitsarbeit die Bevölkerung für diese wichtigen Lebensräume sensibilisiert.
Seit dem Jahr 2011 wird der "Biotopverbund Grünes Band Wahlwies" vom Förderverein UmweltZentrum Stockach in Kooperation mit dem Pestalozzi Kinder- und Jugenddorf Wahlwies angelegt, erweitert und gepflegt. Auf einer Länge von inzwischen vier Kilometern verbindet das Grüne Band Wahlwies zahlreiche wertvolle Lebensräume miteinander. Zur Vernetzung bestehender Biotope haben die Partner etwa 100 Bäume und über 1500 einheimische Sträucher gepflanzt sowie Lesesteinhaufen, Totholzhaufen, Feldsäume und Stillgewässer angelegt. Neben den zahlreichen haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern des UmweltZentrums beteiligen sich sowohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Kinder- und Jugendliche des Pestalozzi Kinder- und Jugenddorfs Wahlwies, Schulklassen, Kindergärten, geflüchtete Menschen und viele mehr an den praktischen Maßnahmen. Dies sowie eine regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit mit Exkursionen, Pressearbeit und Schautafeln sorgen für eine große gesellschaftliche Breitenwirkung.
Seit 2010 besteht das Kooperationsprojekt des BUND-Kreisverbandes Stuttgart mit der Wilhelma-Parkpflege. Ziel ist es, im Stuttgarter Stadtgebiet neue Lebensräume für Insekten, insbesondere Schmetterlinge, zu schaffen und zu erhalten.
Grundlage des Projektes waren mehrjährige Schmetterlingskartierungen durch Experten und engagierte Ehrenamtliche, die vom Leipziger Helmholz-Institut wissenschaftlich ausgewertet wurden. Für die als geeignet ausgewählten Flächen entwickelt der BUND jeweils ein angepasstes Pflegekonzept, das von der Wilhelma-Parkpflege umgesetzt wird. Seit dem Start des Projektes sind dreizehn über das ganze Stadtgebiet Stuttgart verteilte Schmetterlingswiesen mit einer Gesamtfläche von rund sechzig Hektar entstanden. Die Wiesen werden entsprechend beschildert, damit sie auch für Passanten erkennbar sind, zudem bieten die Aktiven regelmäßig Führungen für verschiedene Zielgruppen an.
Das Projekt zeigt auf, wie auch im verdichteten städtischen Raum Lebensräume und Trittsteinbiotope für zahlreiche Arten geschaffen werden können.