Die Landesanstalt für Umwelt hat Lärmkarten für die Hauptverkehrsstraßen in Baden-Württemberg veröffentlicht. Demnach geht die Lärmbelastung im Land zurück. Außerhalb der Ballungsgebiete sank die Zahl der Betroffenen innerhalb von fünf Jahren um rund 20 Prozent.
Die Zahl der von Lärm betroffenen Menschen in Baden-Württemberg geht zurück. Dies zeigen die nun von der LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg im Internet veröffentlichten Lärmkarten für die Hauptverkehrsstraßen. Außerhalb der Ballungsgebiete sank die Zahl der Betroffenen innerhalb von fünf Jahren um rund 100.000 Menschen, das entspricht 20 Prozent. Verglichen werden die Jahre 2017 und 2012. Gründe hierfür sind sowohl Maßnahmen zum Lärmschutz als auch eine verbesserte Datengrundlage für die Lärmkartierung in manchen Gebieten.
Verkehrsminister Winfried Hermann freute sich über diese Ergebnisse: „Wir haben in den vergangenen Jahren lärmmindernde Fahrbahnbeläge in Ortsdurchfahrten oder Tempo 30 ermöglicht. So konnten die höchstbelasteten Anwohnerinnen und Anwohner vor Verkehrslärm besser geschützt werden.“ War bei der Lärmkartierung 2012 noch ein Drittel der Lärmbelasteten oberhalb von 55 dB(A) nachts von sehr hohen Pegeln über 60 dB(A) betroffen, wurde dieser Anteil laut der aktuellen Kartierung auf ein Viertel gesenkt. „Es ist jedoch weiterhin viel zu tun“, erklärte Minister Hermann. Nach wie vor seien landesweit an Hauptverkehrsstraßen außerhalb der Ballungsräume etwa 105.000 Menschen gesundheitsrelevanten Lärmbelastungen mit nächtlichen Lärmpegeln von mehr als 55 dB(A) betroffen.
Lärmkarten stehen allen zur Verfügung
„Die Lärmkarten sind für die Lärmaktionsplanung der Städte und Gemeinden eine wichtige Grundlage. Die Kommunen müssen laut EU-Recht auf ihrer Basis Lärmaktionspläne erstellen. Sie können nun prüfen, wo sie gegebenenfalls ihre Lärmaktionsplanung aufgrund von neuen Gegebenheiten anpassen können“, so Eva Bell, Präsidentin der LUBW. Die aktuellen Lärmkarten stehen über die Webseite der LUBW allen Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung.
Der Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung, Thomas Marwein, betonte: „Die Lärmaktionspläne wurden durch das richtungsweisende Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom Sommer dieses Jahres gestärkt. Den Gemeinden wurden dadurch größere Spielräume beim Lärmschutz zugesprochen.“ Das seien gute Voraussetzungen, um die Lärmaktionsplanung auf Basis der neuen Lärmkarten ambitioniert anzugehen. Zudem wies der Lärmschutzbeauftragte auf die Roadshow des Verkehrsministeriums hin. Bei diesen Veranstaltungen wird intensiv in die Grundlagen der Lärmaktionsplanung eingeführt und über deren Möglichkeiten diskutiert. Interessierte Städte und Gemeinden können sich als Partnergemeinde bewerben. Sie erhalten dann Unterstützung bei der Erarbeitung ihres Lärmaktionsplans.
Durchführung der Lärmkartierung
Lärmkarten sind gemäß der EU-Umgebungslärmrichtlinie alle fünf Jahre zu erstellen oder zu aktualisieren. Dies gilt für Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen mit einem jährlichen Verkehrsaufkommen von mehr als drei Millionen Kraftfahrzeugen, für Haupteisenbahnstrecken mit mehr als 30.000 Zügen sowie für Großflughäfen mit mehr als 50.000 Flugbewegungen, in Baden-Württemberg trifft dies nur auf den Flughafen Stuttgart zu. Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern sind sowohl für die Erstellung der Lärmkarten als auch für die Erarbeitung von Lärmaktionsplänen selbst zuständig. Hierzu gehören die Ballungsräume Stuttgart (mit Teilen von Esslingen), Karlsruhe, Mannheim, Freiburg, Heidelberg, Heilbronn, Ulm, Pforzheim und Reutlingen.
Die aktuelle Veröffentlichung der LUBW umfasst die Lärmkarten für die oben genannten Hauptverkehrsstraßen. Die Kartierung hatte sich um fast anderthalb Jahre verzögert, da die LUBW die aktuellen Verkehrsdaten erst im Februar 2018 in der für die Lärmkartierung erforderlichen Form erhalten hat. Die Karten zu den nicht-bundeseigenen Schienenwegen und zum Flughafen Stuttgart waren bereits zum 30. Juni 2017 fristgerecht online gestellt worden. Seit diesem Datum stehen auch die Lärmkarten des Eisenbahn-Bundesamts für die bundeseigenen Schienenwege zur Verfügung. Verlinkungen zu den baden-württembergischen Ballungsräumen stehen ebenfalls auf der Webseite Lärmkartierung bei der LUBW zur Verfügung.
Die Lärmbelastung wurde nach bundesweit einheitlichen Berechnungsverfahren ermittelt. Den Schallberechnungen liegen umfangreiche Eingangsdaten zugrunde, wie zum Beispiel Lage und Verkehrsbelastung der Straßen, Lkw-Anteile, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Straßenbelag, vorhandene Lärmschutzeinrichtungen, Geländemodell, Bebauung sowie Bewohnerzahlen. Diese Daten wurden in enger Kooperation mit Fachdienststellen wie der Landesstelle für Straßentechnik ermittelt. Für die Verkehrsstärken wurden die aktuellen Daten der Straßenverkehrszählung 2015 zugrunde gelegt. Die Kommunen wurden bei der Datenprüfung und Datenerhebung einbezogen. Sie hatten die Möglichkeit, über eine eigens im Internet eingerichtete interaktive Karte die Daten für ihr Gemeindegebiet zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren oder zu ergänzen. Dieses Angebot wurde von zahlreichen Kommunen genutzt.
Zusammen mit den Lärmkarten wurde auch eine sogenannte Belastungsstatistik veröffentlicht, die – bezogen auf die kartierten Strecken – unter anderem aussagt, wie viele Menschen in den Gemeinden welchen Lärmpegeln ausgesetzt sind.
Rechtliche Grundlagen für die Lärmkartierung und Lärmaktionsplanung
Die Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (kurz: EU-Umgebungslärmrichtlinie) legt ein europaweit einheitliches Konzept fest, um vorzugsweise schädliche Auswirkungen durch Umgebungslärm zu verhindern, zu vermeiden oder zu mindern. Die Richtlinie wurde im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und in der Verordnung über die Lärmkartierung (34. BImSchV) in deutsches Recht umgesetzt.
Die Umgebungslärmrichtlinie verpflichtet unter anderem zur Erfassung der Lärmbelastung durch Umgebungslärm – getrennt für Ballungsräume, Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken und Großflughäfen. Die Lärmbelastung wird nach standardisierten Berechnungsverfahren ermittelt. Die Ergebnisse der Schallberechnung sind in Form von strategischen Lärmkarten darzustellen. Auf den Lärmkarten aufbauend sind Lärmaktionspläne zu erstellen. Die Richtlinie gibt vor, dass Lärmkarten alle fünf Jahre aktualisiert und Lärmaktionspläne im Anschluss auf dieser Grundlage zu prüfen und bei Bedarf fortzuschreiben sind.