Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut reist mit einer Wirtschaftsdelegation nach Japan, um Gespräche zur Zukunft von Mobilität und Produktion unter dem Einfluss von Digitalisierung und Industrie 4.0 zu führen. Auf dem Programm stehen politische Gespräche und Unternehmensbesuche in Tokyo, Nagoya und Yokohama.
Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut reist von Sonntag, den 25. Februar 2018, bis Freitag, den 2. März 2018, an der Spitze einer über 60-köpfigen Wirtschaftsdelegation nach Japan, um Gespräche zur Zukunft von Mobilität sowie von Maschinen- und Automobilproduktion unter dem Einfluss von Digitalisierung und Industrie 4.0 zu führen. „Japan ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, ein High-Tech-Land erster Güte, hoch industrialisiert, offen für neue Trends und unser zweitwichtigster Handelspartner in Asien. Als Partner auf Augenhöhe können Japan und Baden-Württemberg stark voneinander profitieren“, sagte die Ministerin vor ihrer Abreise.
Begleitet wird die Ministerin unter anderem vom Honorarkonsul Japans in Baden-Württemberg, Dr. Matthias Kammüller, dem Technologiebeauftragten des Landes, Prof. Dr. Wilhelm Bauer, sowie von Vertretern namhafter Unternehmen und Institute, von Verbänden und Gewerkschaften sowie des Landtags. Da in Japan der persönliche Kontakt sehr geschätzt werde und eminent wichtig sei, könne sie bei japanischen Unternehmen und der japanischen Politik Türöffner für die heimische Wirtschaft und Interessen Baden-Württembergs sein, betonte Hoffmeister-Kraut.
Japan ist das richtige Land für gegenseitiges Lernen
Die strategischen Schwerpunktthemen der Delegationsreise werden durch politische Gespräche und Unternehmensbesuche in Tokyo, Nagoya und Yokohama beleuchtet. Neben einem Treffen mit dem Gouverneur von Baden-Württembergs japanischer Partnerprovinz Kanagawa sowie politischen Gesprächen im Ministry of Economy, Trade and Industry (METI) und Ministry of Land, Infrastructure, Transport and Tourism (MLIT) finden im Bereich Mobilität Unternehmensbesuche bei Automobilkonzernen wie Toyota und Nissan statt sowie im Bereich Maschinenbau Unternehmensbesuche bei Mitsubishi Electric, Hitachi und DMG Mori.
„Angesichts der Digitalisierung in den Bereichen Automobil und Maschinenbau ist Japan durch ähnliche Transformationsprozesse wie Baden-Württemberg betroffen. Japan ist daher eine Benchmark und das richtige Land für gegenseitiges Lernen“, so die Ministerin. „Japan schaut in diesen Bereichen nach Deutschland und Baden-Württemberg, denn wir sind mit unseren Aktivitäten gut aufgestellt.“
Aufgrund der Ähnlichkeiten der japanischen und deutschen Wirtschaftssysteme im Fahrzeug- und Maschinenbau sei Japan zudem ein wichtiges Reiseziel, um die Möglichkeit von Kooperationen auszuloten, betonte Hoffmeister-Kraut. Japan ist nach wie vor Weltmarktführer im Robotik-Bereich und hält rund 50 Prozent der weltweiten Marktanteile für Industrieroboter. In der Batterieproduktion könnten hiesige Unternehmen von japanischen Unterstützung finden.
Umgekehrt sei Deutschland für Japan Vorreiter im Bereich Digitalisierung und Industrie 4.0. Japan sei wiederum einen Schritt weiter, die Digitalisierung in breiterem Kontext zu denken, hierfür stehe der Ausdruck „Society 5.0“: „Die Digitalisierung gesamtgesellschaftlich zu denken – wie der japanische Ausdruck es vermittelt – ist auch für uns notwendig, denn wir müssen uns mit den Auswirkungen der demografischen Entwicklung in Kombination mit der Digitalisierung von vielen Prozessen und Dienstleistungen beschäftigen“, unterstrich die Wirtschaftsministerin.
Netzwerke aus beiden Ländern unterzeichnen Kooperationsabkommen
Beim Schwerpunktthema Industrie 4.0/Digitalisierung wird die Reise gekrönt durch den Abschluss eines Kooperationsabkommens zwischen der Allianz 4.0 Baden-Württemberg und dem japanischen Industrienetzwerk Industrial Value Chain Initiative (IVI). Zusammen vereinen beide Netzwerke rund 180 aktive Industrieunternehmen, die sich mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen.
Der Allianz Industrie 4.0 – deren primäres Ziel es ist, die Digitalisierung in die Breite des industriellen Mittelstands in Baden-Württemberg zu tragen – ist es gemeinsam mit dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) in den vergangenen Jahren gelungen, einen vertrauensvollen Kontakt zur Industrial Value Chain Initiative aufzubauen. Die japanischen Firmen sehen baden-württembergische Maschinenbauer in Fragen der Digitalisierung als Partner auf Augenhöhe und haben großes Interesse an einer konkreten Zusammenarbeit. Im Rahmen eines Workshops zwischen Unternehmensvertretern aus Japan und Baden-Württemberg werden thematische Schwerpunkte erarbeitet sowie erste Projekte angestoßen. Ziel ist der vertiefte Erfahrungsaustausch im Bereich von Industrie 4.0 sowie die Anbahnung bilateraler Kooperationsprojekte. Die Angebote richten sich in erster Linie an mittelständische Industrieunternehmen.
Aktuelle wirtschaftspolitische Maßnahmen in Japan kennenlernen
Auch die unterschiedlichen Herangehensweisen japanischer und deutscher Hersteller auf dem Themenfeld künftiger Mobilität stehen im Fokus der Reise. Während sich Baden-Württemberg auf Änderungen durch die Digitalisierung, in der Elektromobilität und neuen Mobilitätsgeschäftsmodellen einrichtet, sind in Japan derzeit Antriebsarten mit Hybrid- und Brennstoffzellentechnologien breiter von Interesse. Ziel der Reise ist es daher die aktuellen wirtschaftspolitischen Maßnahmen in Japan kennenzulernen: Wie stellt Japan sich im globalen Wettbewerb auf, welche Strategien haben die großen Hersteller und Zulieferer?
Im Rahmen der Delegationsreise findet zudem initiiert von Baden-Württemberg International ein Symposium „Baden-Württemberg – Innovation Region No. 1“ statt, das die Kompetenz des Standortes Baden-Württemberg im Bereich Industrie 4.0 und Mobilität präsentiert. Die Veranstaltung stieß mit rund 200 Anmeldungen bereits im Vorfeld der Reise auf große Resonanz. Im Zuge des in Aussicht stehenden Freihandelsabkommens zwischen Japan und der EU ab 2019 rechne sie mit weiterer Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen auch zwischen Baden-Württemberg und Japan, so Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut.
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Japan und Baden-Württemberg
In Asien ist Japan nach China zweitwichtigster Handelspartner Baden-Württembergs. 2016 wurden aus Baden-Württemberg Waren für knapp über vier Milliarden Euro nach Japan exportiert, nahezu ein Viertel (22 Prozent) aller deutschen Exporte nach Japan. Bei den Ausfuhren liegt Japan damit auf Platz 14 der wichtigsten Exportländer Baden-Württembergs. Im Zeitraum von Januar bis September 2017 nahmen die Exporte nach Japan deutlich um 11,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu. Die mit Abstand meisten Exporte nach Japan finden traditionell aufgrund der starken Kernbranchen Baden-Württembergs im Bereich Kraftwagen und Kraftwagenteile (rund 1,7 Milliarden Euro) statt, gefolgt von Maschinen (rund 680 Millionen Euro) und pharmazeutischen Erzeugnissen (rund 673 Millionen Euro).
Auch bei den Einfuhren ist Japan nach China ebenfalls zweitwichtigster Handelspartner in Asien und liegt auf Platz 16 der Importländer. Importiert aus Japan wurden nach Baden-Württemberg im Jahr 2016 Güter im Wert von circa 3,2 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahmen die Importe von Januar bis September 2017 um 1,8 Prozent zu. Wichtigste Importgüter aus Japan sind traditionell Maschinen (rund 1,4 Milliarden Euro), gefolgt von Datenverarbeitungsgeräten sowie elektrischen und optischen Erzeugnissen (zusammen rund 436 Millionen Euro).
Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan
Die Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU (JEFTA) fanden im Dezember 2017 den Abschluss. Ein unterschriftsreifer Vertragstext soll dem Europäischen Parlament und dem EU-Ministerrat im Sommer 2018 zur Ratifizierung vorliegen. Mit dem Inkrafttreten wird 2019 gerechnet. Das Abkommen wäre eines der wichtigsten Handelsabkommen, das die EU jemals geschlossen hat; mit ihm würde die größte Freihandelszone der Welt geschaffen. Insgesamt umfassten die EU und Japan Ende 2016 mehr als 630 Millionen Einwohner und machten einen Anteil von 28,4 Prozent am globalen Bruttosozialprodukt aus.