Die aktuellen Herausforderungen in der Lebensmittelversorgung und beim Klimaschutz lassen sich nur gemeinsam lösen. Hierzu braucht es alle: Landwirtschaft, Naturschutz und Artenschutz. Baden-Württemberg bekennt sich zur Green-Deal-Politik der Europäischen Union. Ernährungssicherung und Klima-, Natur- und Artenschutz müssen global und gemeinsam betrachtet werden.
„Die täglichen Bilder aus der Ukraine machen uns tief betroffen. Die aktuelle Situation und die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine stellen uns auch vor neue Herausforderungen in der Landwirtschaft. Die weltweite Versorgung mit Lebensmitteln oder der Preisanstieg bei Futtermitteln und Mineraldüngern werden erhebliche Auswirkungen auch auf unsere Landwirtinnen und Landwirte haben. Dabei ist es besonders wichtig, dass wir die beschlossene europäische Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in Deutschland so umsetzen, dass einerseits die Ernährungs- und Umweltziele erreicht und gleichzeitig ein Beitrag zur Ernährungssicherheit und zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Betriebe geleistet wird. Klar ist, es kann und darf kein Rollback bei der GAP geben. Wir unterstützen weiterhin unmissverständlich die Green-Deal-Politik der Europäischen Union (EU) und halten an der ‚Farm to Fork‘-Strategie fest“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk im Vorfeld der Frühjahrs-Agrarministerkonferenz 2022.
Die im Green Deal enthaltenen Ziele – Stärkung der regionalen Produktion, Humusaufbau, mehr Fruchtfolgen, Kreislaufwirtschaft, Ernährungssicherung, biologischer Pflanzenschutz, Steigerung der Produktivität et cetera – zielen darauf ab, resiliente Landwirtschaftsformen zu entwickeln, die die Lebensmittelversorgung langfristig sichern können. Die in Baden-Württemberg, im Unterschied zu nord- und ostdeutschen Ländern, überwiegend praktizierte Kreislaufwirtschaft ist dabei ein enormer Vorteil.
Ernährungssicherung in den Fokus nehmen
„Eine Aufweichung der GAP kann nicht in Frage kommen. Denn der Green Deal selbst verfolgt das Ziel, die Versorgungssicherheit zu stärken. Die Sorge, der Green Deal könnte die Versorgungssicherheit belasten, vergisst, dass es in der Landwirtschaft einen enormen Produktivitätsfortschritt und technischen Fortschritt gibt, der weiter anhalten wird. Dennoch ist klar: Die Ukraine-Krise erfordert es, dass die Frage der Ernährungssicherung noch stärker in den Fokus genommen wird. Hier müssen wir neu denken! Dauerhafte Ernährungssicherung gibt es nur auf Grundlage ökologischer, ökonomischer und sozial nachhaltiger Produktionsbedingungen in Europa“, so Minister Hauk.
Mit dem Wegfall von zentralen Getreideproduzenten wie der Ukraine wird es kurz- bis langfristig Versorgungsengpässe insbesondere außerhalb Europas geben, vor allem in Nordafrika. Im Vorfeld der Agrarministerkonferenz hat Minister Peter Hauk daher folgende Positionen formuliert:
- Die Ernährungssicherung rückt aktuell wieder in den Mittelpunkt der Ausrichtung der europäischen Landwirtschaft, Deutschland muss dort nachziehen.
- Trotz der aktuellen geopolitischen Herausforderungen dürfen wir die Ziele Klimaschutz und die Stärkung der Biodiversität nicht aus den Augen verlieren.
- Baden-Württemberg steht zum Green Deal, zur Farm-to-Fork Strategie sowie zum Biodiversitätsstärkungsgesetz.
- Klima-, Natur- und Artenschutz müssen klug vereint werden.
- Wir begrüßen die Absicht der Kommission, zur Abwehr krisenbedingter Härten eine Krisenbeihilfe einzuführen.
- Ebenso begrüßen wir die Ankündigung des Hilfspakets der EU (500 Millionen Euro) sowie die Ergänzung des Bundes mit weiteren 120 Millionen Euro.
- Die EU hat die Notwendigkeit erkannt und die Nutzung der ökologischen Vorrangflächen angesichts der Lage, in der sich die Weltgemeinschaft befindet, geöffnet. Wir fordern den Bund auf, dies auch auf Bundesebene umzusetzen.
- Das zur Stilllegung vorgesehene Flächenpotenzial (Vier-Prozent-Bracheregelung) im Rahmen der GAP ab 2023 muss in der aktuellen Ausnahmesituation geprüft werden. Hier wäre eine Reduzierung oder eine temporäre Aussetzung ohne negative Auswirkungen für Natur- und Artenschutz denkbar.
- Wir sehen es als Notwendigkeit an, dass als Entlastung für die Öko-Betriebe in Baden-Württemberg die EU sich für eine Ausnahmeregelung im Bereich Biofuttermittel ausspricht.
- Der Ausbau der Eiweißinitiative wird weiter vorangetrieben.
- Mehr multifunktionale, hybride Formen der effizienten Landnutzung zur zusätzlichen Energiegewinnung (Agri-Photovoltaik (Agri-PV))
- Weitere Reduzierung der Lebensmittelverschwendung, vor allem durch europaweite Veränderung der Handelsnormen (ungefähr ein Drittel der Lebensmittel erreichen erst gar nicht die Regale)
- Alternativen zu russischem Erdgas müssen in Baden-Württemberg ausgebaut werden, insbesondere durch eine Investitionsoffensive von Biogasanlagen nach dem Vorbild Dänemarks mit landwirtschaftlichen Reststoffen.
- Eine Förderung von regenerativen Holzheizanlagen in Verbindung mit Biogas, PV und Nahwärmesystemen
- Ordnungsrecht: neue Baugebiete nur mit Nahwärmesystemen und regenerativen Heizanlagen
Landwirtschaft, Naturschutz und Artenschutz sollen Hand in Hand gehen
„Wir dürfen keine der vielen Herausforderungen unserer Zeit aus den Augen verlieren. Es muss unser Ziel sein, unter Einbeziehung der aktuellen geopolitischen Rahmenbedingungen die Ernährungssicherung und den Klimaschutz zu vereinen. Klimaschutz und Ernährungssicherung müssen zwingend global betrachtet werden. Das zeigt uns die aktuelle Krise eindrucksvoll. Es gilt, Ideologien auszublenden und pragmatisch, nachhaltig und intelligent gemeinsam nach Lösungen suchen. Wir alle stehen in einer Gesamtverantwortung, wenn es darum geht, den Hunger in der Welt zu bekämpfen und damit eine immense humanitäre Katastrophe zu vermeiden. Die Weltgemeinschaft muss jetzt zusammenstehen“, betonte Minister Hauk.
Oxfam warne vor der Jahrhundert-Hungersnot in Afrika. Dies muss abgewendet werden. „Hierfür ist Baden-Württemberg bereit, seinen Beitrag zu leisten“, so Minister Hauk.
„Nie war es so wichtig, dass Landwirtschaft, Naturschutz und Artenschutz Hand in Hand gehen. Die Herausforderungen unserer Zeit, Klimawandel und Ernährungssicherung, können wir nur gemeinsam lösen“, betonte Minister Hauk.