Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland drängen auf eine internationale Vereinbarung mit Frankreich über Erleichterungen für grenznahe Unternehmen. Grund für die Initiative ist der oft beklagte unverhältnismäßige bürokratische Aufwand für grenznahe Unternehmen.
Mit gemeinsamen Schreiben an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und die französische Arbeitsministerin Muriel Pénicaud haben die Wirtschaftsministerinnen von Baden-Württemberg, Nicole Hoffmeister-Kraut, und des Saarlandes, Anke Rehlinger, sowie ihr Amtskollege aus Rheinland-Pfalz, Volker Wissing, darauf gedrängt, Verhandlungen über ein internationales Abkommen über Erleichterungen für die Unternehmen in den an Frankreich angrenzenden Grenzräumen aufzunehmen.
Unverhältnismäßige bürokratische Belastungen
Hintergrund der gemeinsamen Initiative ist, dass sich in den vergangenen Jahren zahlreiche, vor allem im deutsch-französischen Grenzraum ansässige Betriebe über neue und unverhältnismäßige bürokratische Belastungen von Seiten Frankreichs beklagt hatten. Beklagt wurden dabei zum Beispiel komplizierte Anmeldeverfahren, umfängliche Dokumentierungs- und Nachweispflichten in französischer Sprache oder die Benennung eines Vertreters in Frankreich mit französischer elektronischer Adresse.
Hoffmeister-Kraut, Rehlinger und Wissing zeigten sich daher jetzt „hocherfreut“, dass in einem Anfang April vorgestellten Gesetzentwurf der französischen Regierung zur beruflichen Bildung auch Bestimmungen für Erleichterungen im französischen Entsenderecht vorgesehen seien. Von besonderem Interesse sei die darin enthaltene „Öffnungsklausel“, die mit dem Abschluss eines internationalen Vertrages die Möglichkeit eröffne, einige Bestimmungen des französischen Entsenderechts im Grenzraum für bestimmte Branchen anzupassen. Weitere Erleichterungen seien darüber hinaus für alle Unternehmen vorgesehen, die grenzüberschreitende Aufträge kurzfristig oder im Rahmen punktueller Ereignisse abwickeln.
Die mit dem Gesetzentwurf eröffneten Flexibilisierungsmöglichkeiten seien „geeignet, Hemmnisse abzubauen und den wirtschaftlichen Austausch zwischen den beiden Ländern zu vereinfachen.“ Gerade in den Grenzräumen müsse unter Beweis gestellt werden, dass die Marktfreiheiten des EU-Binnenmarktes in Übereinstimmung mit den EU-Entsenderegelungen zur Anwendung gelangten.
Bund muss Länder in internationale Vereinbarung einbeziehen
In dem Brief an Bundesminister Heil verweisen Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland darauf, dass die Flexibilisierungsmöglichkeiten jedoch nur umgesetzt werden könnten, „wenn das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die von Frankreich geschaffene Möglichkeit zum Abschluss eines internationalen Vertrages, in der Ausnahmeregelungen für Grenzregionen eröffnet werden, wahrnimmt.“ Eindruck der Länder sei aber, dass der Bund dies bislang nicht ausdrücklich sicherstellen wolle.
Hoffmeister-Kraut, Rehlinger und Wissing drängten in ihren Schreiben daher darauf, Berlin müssen die Länder „sehr frühzeitig“ in die Erarbeitung einer derartigen internationalen Vereinbarung miteinbeziehen, da sie aufgrund ihrer geographischen Lage „maßgeblich in ihren Wirtschaftsbeziehungen“ betroffen seien.
Bereits im November 2017 hatten Hoffmeister-Kraut, Rehlinger und Wissing mit einem gemeinsamen Schreiben an die französische Arbeitsministerin Pénicaud die Initiative ergriffen, um die Belastungen für den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr darzustellen und einige pragmatische Erleichterungen vorzuschlagen.
Gegenüber Pénicaud bedankten sich die drei Minister daher jetzt ausdrücklich dafür, dass sie mit ihren Anliegen in Paris offensichtlich Gehör gefunden hätten. Pénicaud hatte im Dezember 2017 angekündigt, von der Einführung der Registrierungsgebühr in Höhe von 40 Euro für alle Betriebe absehen zu wollen. Sie hatte zudem weitere Vereinfachungsmöglichkeiten in den Grenzregionen in Aussicht gestellt, die jetzt in jetzt vorgestellten französischen Gesetzesentwurf konkretisiert wurden.
Ministerin Hoffmeister-Kraut: „Es ist ein gutes Zeichen für einen starken Föderalismus, dass wir als an Frankreich angrenzende Länder hartnäckig bleiben und gemeinsam an einem Strang ziehen, um Erleichterungen für unsere Betriebe zu erwirken. Das Angebot aus Paris, mit einem deutsch-französischen Abkommen maßgeschneidert auf die Sondersituation des deutsch-französischen Grenzraums einzugehen und für die aufgetretenen Probleme einen einvernehmlichen Lösungsansatz auszuarbeiten, darf jetzt in Berlin nicht zerredet werden.“ Mit einem internationalen Abkommen zwischen Frankreich und Deutschland ergebe sich die einmalige Chance, stabile Rahmenbedingungen für das Frankreich-Geschäft zahlreicher Betriebe zu verhandeln, die mit der angekündigten weiteren Verschärfung des französischen Entsenderechts künftig zusätzlichen Risiken ausgesetzt seien.
Grenzraum fördern statt behindern
Ministerin Anke Rehlinger: „Grenzüberschreitende Dienstleistungen sind ein erheblicher Wirtschaftsfaktor für die an Frankreich angrenzenden Bundesländer. Eine internationale Vereinbarung eröffnet den Unternehmen in Grenznähe neue Möglichkeiten und belebt den Dienstleistungssektor vor Ort. Die über viele Jahrzehnte gewachsenen engen wirtschaftlichen Beziehungen im deutsch-französischen Grenzraum wollen wir weiter fördern statt sie zu behindern. Dies ist auch Ziel unserer Frankreichstrategie. Aus eben dieser Motivation heraus ist die französische Regierung bereits in mehrfacher Hinsicht auf uns zugegangen, beispielsweise durch Aufhebung der geplanten Verwaltungsgebühr. Jetzt ist es an uns, sich auch auf Bundesebene für Erleichterungen bei der Entsendung von Arbeitskräften stark zu machen und eine entsprechende Vereinbarung aktiv zu unterstützen. Der Bund sollte sich einer solchen Chance nicht verschließen.“
„Angesichts der traditionell freundschaftlichen Zusammenarbeit mit Frankreich ist es kontraproduktiv, dass nachvollziehbare Regelungen zum Schutz vor Lohndumping nun dazu führen, dass der Binnenmarkt zwischen diesen beiden Staaten mit beiderseits gutem Lohnniveau behindert wird. Gerade für die an Frankreich angrenzenden Bundesländer ist die Umsetzung eines aktiven grenzüberschreitenden Marktes von besonderer Bedeutung“, sagte der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing.