Bereits heute leiden die Einrichtungen der Kranken- und Altenpflege unter einem hohen Fachkräftemangel. Ausgelöst durch sich auflösende Familienstrukturen gewinnen ambulante Dienste und stationäre Pflege immer mehr an Bedeutung. Der Demografiebeauftragte, Thaddäus Kunzmann, hat den Ausbau der Pflege dringend angemahnt.
Die Pflegekräfte in Baden-Württemberg leisten in der Kranken- und Altenpflege eine aufopferungsvolle Arbeit. Der Pflegeberuf ist ein Schichtberuf mit einer hohen psychischen und physischen Belastung. Mit dem Pflegeberufegesetz wird versucht, das Berufsbild attraktiver zu gestalten. „Dies ist auch notwendig“, so Thaddäus Kunzmann, „denn bereits heute leiden die Einrichtungen unter einem hohen Fachkräftemangel.“
„Die Herausforderungen in der Pflege alter Menschen stehen uns noch bevor.“ Im Abschlussbericht der Enquetekommission Pflege des baden-württembergischen Landtags der vergangenen Legislaturperiode wurde ein zusätzlicher Bedarf für rund 100.000 pflegebedürftige Menschen bis 2030 festgestellt. Ein erheblicher Teil davon müsse, ausgelöst durch sich auflösende Familienstrukturen, durch ambulante Dienste oder in der stationären Pflege betreut werden. Die Herausforderung ergebe sich, so der Demografiebeauftragte weiter, vor allem aber in den Jahren ab 2040, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in das Alter kommen, in denen eine Pflegebedürftigkeit immer wahrscheinlicher werde. Kunzmann mahnt dringend an, bereits heute die Grundlagen dafür zu schaffen, dass 2030 und 2040 ausreichend motivierte Menschen den Pflegeberuf ausüben.
Ältere Menschen ein Leben in der gewohnten Häuslichkeit bewahren
Bereits heute leben über die Hälfte der erwachsenen Kinder nicht mehr im selben Ort wie ihre Eltern. Dieser Trend nehme Jahr für Jahr zu. Das traditionelle Bild vom Mehrgenerationenhaushalt habe bereits heute ausgedient. Die Herausforderung bestehe darin, den älter werdenden Menschen ein Leben in der gewohnten Häuslichkeit zu bewahren. Kunzmann: „Dies ist zum einen eine städtebauliche Aufgabe, denn Voraussetzung dafür sind barrierearme öffentliche Wege und die Sicherung der Nah- sowie der ärztlichen Grundversorgung.“ Zum anderen stützen sich technische Assistenzen zunehmend auf das Internet, was eine flächendeckende und vor allem ausreichende Breitbandversorgung zur Grundvoraussetzung mache: „Dem Glasfaserkabel mit der Möglichkeit für jeden Haushalt, sich dort anzuschließen, gehört die Zukunft.“
Wenn die Kinder und Enkelkinder nicht mehr in der Nähe leben, werde der schnelle oder auch nur sonntägliche Besuch immer schwieriger zu organisieren. Die Kommunikation über das Internet sei damit oftmals die einzige Möglichkeit, mit seinen Nachkommen Kontakt zu halten. Zudem werde sich die Telemedizin in den nächsten Jahrzehnten weiter entwickeln müssen. Alleine diese beiden Beispiele zeigten die Bedeutung der Digitalisierung und der Breitbandversorgung.
Ausbau der geriatrischen Rehabilitation
Der Demografiebeauftragte weist in diesem Zusammenhang auf den Ideenwettbewerb „Quartier 2020“ des Ministeriums für Soziales und Integration hin. Ziel des Wettbewerbs sei es, in den Gemeinden, Stadtteilen und Siedlungen, in denen die Infrastruktur wegzubrechen droht, durch ein „Quartiersangebot“ Alternativen aufzubauen. Kunzmann: „Diese Quartiersarbeit ist sinnvoll, um Menschen, die noch einigermaßen mobil sein können, das Leben in der gewohnten Umgebung zu ermöglichen.“
Zudem hält er den Ausbau, vor allem aber ein anderes Finanzierungssystem der geriatrischen Rehabilitation für zwingend: „Eine Reha-Maßnahme kann den Gang ins Pflegeheim verzögern und den Menschen noch eine gewisse Zeit ein Leben in den gewohnten vier Wänden ermöglichen.“ Die Qualität der professionellen Pflege, ob nun ambulant oder stationär erbracht, kann sie nicht ersetzen.
Weitere Informationen
Der Internationale Tag der Pflege wird in jedem Jahr zu Ehren von Florence Nightingale, der ersten britischen Krankenschwester und Pionierin der modernen Krankenpflege am 12. Mai begangen.
Die Landesregierung hat zum 1. März 2017 mit Thaddäus Kunzmann einen Demografiebeauftragten des Landes Baden-Württemberg berufen.
Quelle:
Der Demografiebeauftragte des Landes Baden-Württemberg