Das staatliche Weinbauinstitut Freiburg feiert 102-jähriges Bestehen. Es ist weltweit führend in der Resistenzzüchtung und bei Prognoseverfahren. Als Kompetenzzentrum sichert es die Zukunftsfähigkeit des Weinbaus im Land.
„Der Weinbau ist Kulturgut in Baden-Württemberg. Er prägt unser Landschaftsbild, ist eng mit unserer Tradition und besonders den Menschen hier im Land verbunden. Mit der bundesweit zweitgrößten Rebfläche ist der Weinbau zudem ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Dessen Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit steht im Zuge des Klimawandels aber auch im geopolitischen Kontext vor sehr großen Herausforderungen. Deshalb brauchen wir heute mehr denn je das Weinbauinstitut Freiburg (WBI), als Kompetenzzentrum für praxisrelevante Forschung und Lösungsansätze, um den Weinbau in Baden-Württemberg krisenfest und zukunftssicher aufzustellen“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, am 24. Juni 2022 in Freiburg, im Rahmen des Festaktes zum 102-jährigen Bestehen und wünschte dem WBI und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin viel Erfolg.
Peter Hauk betonte, dass der Weinbau untrennbar mit Baden-Württemberg verbunden sei: sei es als Bewahrer der einzigartigen Landschaft, von Natur und Umwelt, als Erwerbsquelle oder als Zugpferd für den Tourismus. Dennoch sei die Herausforderungen an den Weinbau im Land groß. „Der gesellschaftliche Strukturwandel führt bundesweit seit Jahrzenten zu einer Abnahme von kleinen Weinbaubetrieben, die hauptsächlich im Nebenerwerb tätig sind. Die betriebswirtschaftliche Situation der baden-württembergischen Weinbaubetriebe schwankte in den letzten zehn Jahren beträchtlich. Hauptursache dafür sind zunehmend Extremwetterereignisse wie Hagel oder Spätfrost und klimawandelbedingte Folgen wie Sommertrockenheit oder anhaltende Niederschläge“, betonte Minister Peter Hauk. Zudem steige mit dem gesellschaftlichen Interesse für mehr Artenschutz und Biodiversität, der Veränderungsdruck auf Landwirtschaft und Weinbau.
Das Weinbauinstitut hat ein breites Aufgabenspektrum
„Dementsprechend weit sind heute die Aufgaben des Weinbauinstituts gespannt. Ein Schwerpunkt liegt in der weinbaulichen Versuchs- und Forschungsarbeit für das Land Baden-Württemberg. Er umfasst unter anderem die Bereiche Pflanzenschutz, Resistenzzüchtung, Weinbergökologie, Rebenernährung, Weinbau und Oenologie. Neben der Aus-, Fort- und Weiterbildung ist das Weinbauinstitut zudem mit der Amtlichen Qualitätsprüfung für Wein und Sekt beauftragt sowie für die Führung der Weinbaukartei für das Anbaugebiet Baden zuständig“, betonte Peter Hauk.
In das WBI ist das Staatsweingut Freiburg integriert, dem eine Leitbildfunktion in Sachen Qualität und Marketing zukommt. Es trägt wie sein Pendant in Weinsberg als Modellbetrieb wesentlich dazu bei, dass Innovationen schnell in die Praxis kommen.
Pionierarbeit in der Züchtung pilzresistenter Rebsorten
Das Weinbauinstitut hat sich seit Jahrzehnten der Züchtung pilzresistenter Rebsorten – sogenannter PIWIs – verschrieben und leistet wichtige Pionierarbeit. „Die PIWIs sind für uns von besonderem Interesse, weil wir den Einsatz chemisch-synthetischer Mittel zum Pflanzenschutz generell reduzieren und den Anteil ökologisch arbeitender Weinbaubetriebe steigern wollen“, betonte Minister Peter Hauk. In der Resistenzzüchtung und der Entwicklung von Prognoseverfahren, aktuell beim sogenannten „VITIMETEO”, sei das Institut weltweit an der Spitze.
Kooperationen und Netzwerke spielen eine zentrale Rolle für den Erfolg und die Qualität der Versuchs- und Forschungsarbeit. Diese Netzwerkarbeit an der Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis und die Kompetenz im Wissenstransfer sind ein Markenzeichen aller landwirtschaftlichen Landesanstalten in Baden-Württemberg.
Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz: Weinbau in Baden-Württemberg
Im Staatlichen Weinbauinstitut versammelt sich einzigartiges Weinwissen aus inzwischen 100+2 Jahren. Wegweisende Entwicklungen wurden und werden vom WBI initiiert. Große Namen des Weinbaus, wie Adolph Blankenhorn als Wegbereiter oder der Gründungsdirektor Professor Karl Müller legten durch ihre naturwissenschaftliche Pionierarbeit zentrale Grundlagen, damit Weinbau in Baden-Württemberg den Stellenwert besitzt, den er heute hat.
Die Anfänge allerdings waren in gewisser Weise „aus der Not geboren“. Im Gründungsjahr 1920 befand sich die Weinwirtschaft Badens noch im Krisenmodus. Daran hatte nicht nur der verlorene erste Weltkrieg und die folgenden politischen, sozialen und wirtschaftlichen Umwälzungen Schuld. Auch das Klima gestaltete sich für die Landwirtschaft insgesamt schwierig. Der Befall durch Schädlinge und Krankheiten, allen voran Reblaus, Echter und Falscher Mehltau, führten zu gravierenden Ertrags- und Qualitätseinbußen. Mithilfe der Wissenschaft sollte dieser Trend gestoppt werden. So wurde in Freiburg das Badische Weinbauinstitut ins Leben gerufen. Die Absicht war, auf Basis naturwissenschaftlicher Erkenntnisse den Winzerinnen und Winzern praktische Hilfestellungen und Methoden an die Hand zu geben, Reben zu schützen und widerstandfähiger zu machen sowie die Qualität des Weins stetig zu verbessern und letztlich die Existenzgrundlage der Winzerinnen und Winzer zu sichern. Dazu zählen damals wie heute die Züchtung von Rebsorten und Techniken der Weinbehandlung. Diese Themen bestimmen die heutige Arbeit des WBI unter anderen Vorzeichen. Die Wissenschaft hat enorme Fortschritte gemacht. Den Weinbau mit einem einzigartigen Erfahrungsschatz und modernsten Möglichkeiten zukunftsfähig zu gestalten, dafür leistet das WBI einen enorm wichtigen Beitrag weit über die Grenzen Freiburgs hinaus.
Das Staatsweingut Freiburg kombiniert heute gelebte Wissenschaft, bevorzugte historische Lagen, beste Bedingungen sowie jahrzehntelange Erfahrung zu einem einzigartigen Weingenuss. Als integraler Bestandteil und Modellbetrieb des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg ist es dem Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg nachgeordnet.
Das Staatsweingut bewirtschaftet über 37 Hektar. Davon liegen 24 Hektar am Kaiserstuhl in Ihringen-Blankenhornsberg und 13 Hektar in Freiburg und Ebringen.
Mit gelebter Wissenschaft wird die Beziehung zum Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg deutlich. Das Staatsweingut setzt Forschungsergebnisse und Weiterentwicklungen in die Praxis um. So werden neue Methoden und Anbauverfahren für die Weinwirtschaft getestet und einzigartige Weine an- und ausgebaut. Ein Zeichen der Qualitätsphilosophie des WBI ist die Mitgliedschaft im Verband Deutscher Prädikatsweingüter VDP seit 2003. Der Traubenadler ist das Siegel für Weinkultur und Spitzenweine, die zu den besten der Welt zählen. Auch die auf fünf Hektar biologisch erzeugten ECOVIN-Weine von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten sind ein Zeichen dieser engen Zusammenarbeit mit der Praxis.