Das Land fördert 15 innovative Projekte an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften mit insgesamt zwei Millionen Euro. Die Projekte setzen sich mit Zukunftsthemen wie Digitalisierung, nachhaltige Mobilität oder erneuerbare Energien auseinander und leisten einen unverzichtbaren Beitrag, indem sie zukunftsweisende Ideen entwickeln.
Baden-Württemberg ist eine der innovativsten Regionen in Europa. Einen wesentlichen Beitrag zu dieser Innovationstärke leisten die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW). „Durch ihre Kooperationsprojekte mit der Wirtschaft intensivieren die Hochschulen den wechselseitigen Technologietransfer - vor allem in die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der jeweiligen Region. So entsteht Innovation. Deshalb fördern wir 15 innovative Projekte mit insgesamt zwei Millionen Euro“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Gerade gemeinsame, auch hochschulübergreifend durchgeführte Projekte stärkten die Forschungs- und Entwicklungskompetenz der Hochschulen maßgeblich.
Die geförderten Projekte in den Bereichen „Ingenieurwissenschaften“, „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ sowie „Biologie, Medizin und Lebenswissenschaften“ werden gemeinsam mit Unternehmen, Verbänden und anderen externen Trägern sowie in Kooperation mit anderen Hochschulen oder universitären Partnern durchgeführt. „Die HAWen in Baden-Württemberg setzen sich in ihren Projekten mit Zukunftsthemen wie Digitalisierung, nachhaltige Mobilität oder erneuerbare Energien auseinander und leisten einen unverzichtbaren Beitrag, indem sie zukunftsweisende Ideen entwickeln“, so Bauer weiter.
So beschäftigt sich die Hochschule Furtwangen mit dem Phänomen, dass Menschen ihre Gesundheitsdaten digital vermessen und diese privaten Daten freiwillig weitergeben. Wechselwirkungen zwischen Algorithmen und technischen Voraussetzungen werden hier mit ethischen und sozialen Folgen dieser Praxis kombiniert. In Reutlingen werden etwa neuartige, auf modernster Chiptechnologie basierende Generation von Breitband-Hörgeräten untersucht, die wie eine Kontaktlinse direkt auf dem Trommelfell aufliegen sollen. In Aalen werden die Möglichkeiten des 3D-Drucks weiter beforscht, um bei der Herstellung von Werkzeugen eine längere Lebensdauer sowie einen sparsameren Ressourceneinsatz zu erreichen.
Die Förderung zielt darauf ab, sowohl neu berufenen Professorinnen und Professoren erste Erfahrungen bei der Beantragung und Durchführung von kleineren Forschungsvorhaben zu ermöglichen als auch erfahrenen Professorinnen und Professoren die Möglichkeit zu geben, ihre Forschungsschwerpunkte auszuweiten. An den HAWen soll dadurch – auch im Hinblick auf die erfolgreiche Antragstellung in den Förderprogrammen des Bundes und der EU – sowohl die Forschungsqualität in der Spitze gestärkt als auch die Forschungskompetenzen in der Breite ausgebaut werden.
Die geförderten Projekte
Hochschule Aalen und Hochschule Pforzheim (Fördersumme: 129.900 Euro)
Das Projekt ADMIRAL der Hochschulen Aalen und Pforzheim fokussiert auf eine Bewertung additiver Fertigungsverfahren, um neue Dauermagnetmaterialien für effiziente Energiewandlermaschinen zu realisieren. Diese spielen für die Elektromobilität, erneuerbare Energie (Windkraft) und Industrie 4.0 eine herausragende Rolle. Die Evaluierung, in die wirtschaftliche Gesichtspunkte einbezogen werden, verspricht neue Wege in der Produktentwicklung und -gestaltung der Energiewandler.
Hochschule Aalen (Fördersumme: 129.644 Euro)
3D-Druck-Verfahren bieten für die Herstellung von Werkzeugen große Freiheitsgrade für komplexe Geometrien, mit denen längere Lebensdauern der Werkzeuge sowie ein sparsamerer Ressourceneinsatz erreicht werden. Mit den Partnern Mapal und H.C. Starck erforscht die Hochschule Aalen die in dieser Branche weit verbreiteten Hartmetalle und Cermets und wendet hierzu einen neuen Lithographie-basierten additiven Fertigungsansatz an. Im Projekt AddLiMet werden entlang der Prozesskette Einflussgrößen ermittelt und Modellkörper für erste Funktionstests gedruckt.
Hochschule Biberach (Fördersumme: 128.452 Euro)
Biopharmazeutika sind komplexe Proteinmedikamente, die in großen Mengen mithilfe von Produktionszelllinien hergestellt werden. Die Selektion von Hochproduzenten ist technisch aufwändig und durch die hohe Zahl der zu analysierenden Zellen sehr ineffektiv, zeitaufwändig und kostenintensiv. Das Ziel des Projekts SURFACE ome ist daher die Entwicklung einer innovativen biotechnologischen Methode, die zu einem frühen Zeitpunkt der Zelllinienentwicklung technisch einfach hochproduzierende Zellen durch differentiell exprimierte Membranproteine der Produktionszelllinien identifizieren kann.
Hochschule Esslingen (Fördersumme: 129.340 Euro)
Werden Drehstrom-Elektromotoren mit mehr als den üblichen drei elektrischen Zuleitungen („Phasen“) ausgeführt, kann bei gegebener Stromstärke eine höhere Leistung erzielt werden. In Verbindung mit einer geeigneten Ansteuerung können diese Motoren besonders vorteilhafte Eigenschaften aufweisen. Im Projekt „MULTIPHASE“ werden derartige Antriebe speziell für die Anforderungen elektrischer Automobilantriebe entwickelt, bewertet und praktisch erprobt.
Hochschule Furtwangen (Fördersumme für zwei Projekte: 246.064 Euro)
Die Diamantgesellschaft Tesch GmbH, ein renommierter Schleifwerkzeughersteller mit Sitz in Ludwigsburg und das Kompetenzzentrum für Spanende Fertigung (KSF) der Hochschule Furtwangen untersuchen gemeinsam in dem Projekt AddiGrind neue Fertigungsmethoden für Hochleistungsschleifwerkzeuge aus Diamant. Ziel ist die Einsparung von Rohstoffen und Energie sowie eine flexiblere Fertigung durch die Anwendung neuester intelligenter Sensorik und Aktorik.
Zunehmend vermessen Menschen ihren Gesundheitszustand digital und geben diese privaten Daten freiwillig weiter. Krankenkassen und -versicherungen wiederum bieten „Pay-as-you-live“-Tarife (PAYL) an, mit denen sie einen nachweislich vernünftigen beziehungsweise präventiven Lebensstil mit verschiedenen Leistungen oder auch monetär belohnen. Das Forschungsprojekt Big Data und Boni analysiert diese Praxis erstmals interdisziplinär und praxisbezogen. Im Mittelpunkt stehen die Wechselwirkungen zwischen Algorithmen und technischen Voraussetzungen einerseits sowie ethischen und sozialen Folgen dieser Praxis andererseits. Das Ergebnis des Projekts wird eine theoretisch und empirisch fundierte Gesamteinschätzung von PAYL im Feld der Gesundheitspolitik sein.
Hochschule Karlsruhe (Fördersumme für zwei Projekte: 284.060 Euro)
Ziel des Projekts BionicVAD ist es, eine miniaturisierte diagonale Impellerpumpe für scherspannungsempfindliche Fluide zu entwickeln, deren magnetisch aktive Lagerung auf dem bionischen Prinzip des Gleichgewichtsorgans der Pilgermuschel basiert. Dabei steht der Aspekt eines in magnetischen Lagern schwebenden, unter hohen Drehzahlen agierenden Rotors, der als Bestandteil des Antriebs fungiert, im Vordergrund. Für die Regelung der magnetisch aktiven Lager werden neben bewährten Reglern auch moderne Konzepte wie Linear-Quadratische Regler und Neuronale Netze integriert.
Die Hochschule Karlsruhe entwickelt innovative Leiterplatten mit eingebauter Sekundärbatterie. Diese sollen gerade KMUs eine preiswerte, schnelle und vor allem auf den jeweiligen Einsatz exakt abgestellte Versorgung mit Energie im Rahmen autonomer Systeme zur Verfügung stellen.
Hochschule Konstanz (Fördersumme: 129.913 Euro)
Ziel der Forschungsinitiative STRIVE.io ist es, Methoden und Werkzeuge zu entwickeln, um unternehmerische Vorgehensweisen und Initiativen als einen integralen Teil der Innovations- und Technologieentwicklung in Technologieunternehmen zu nutzen. Solche Initiativen halten nicht zuletzt angesichts der digitalen Transformation zunehmend Einzug in die Unternehmenspraxis. Bisher jedoch fehlen Handreichungen, welche Aktivitäten des Corporate Entrepreneurship beziehungsweise Corporate Venturing (beispielsweise Inkubation, Acceleration, Corporate Startups, Innovation Labs, Company Builder) jeweils bezogen auf die unternehmenseigene Technologie- und Innovationsstrategie die geeignetsten sind oder ob nicht eine Kombination mehrerer dieser Corporate Venturing-Formen zielführender ist. Diese Herausforderung adressiert STRIVE.io durch die Entwicklung einer Methodik zur Ableitung und Umsetzung eines Portfolios von Corporate Venturing Initiativen zur Unterstützung unternehmerischer Transformationsstrategien.
Hochschule Ravensburg-Weingarten (Fördersumme: 129.450 Euro)
An der Hochschule Ravensburg-Weingarten wird das Assistenzsystem 3DTRAINER für manuelle Verpackungsarbeitsplätze entwickelt. Das Assistenzsystem vergleicht die Handgriffe ausgeführter Arbeitsschritte mit gespeicherten Referenzmodellen und informiert im Falle von Abweichungen. So werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Vermeidung von Fehlern unterstützt, die aufgrund der Vielzahl an Produktvarianten in Klein- und Kleinstserien trotz Barcodes entstehen.
Hochschule Reutlingen (Fördersumme für drei Projekte: 420.520 Euro)
Im Projekt „Innovative piezoelektrische MEMS-Hörkontaktlinse“ wird eine neuartige, auf modernster Chiptechnologie basierende Generation von Breitband-Hörgeräten untersucht, die direkt wie eine Kontaktlinse auf dem Trommelfell aufliegen. Zur Optimierung des innovativen Hörgerätesystems werden mathematische Modelle des Mittelohrs und des sogenannten mikro-elektromechanischen Systems (MEMS) der Hörkontaktlinse entwickelt. Ziel ist es, eine überlegene Klangqualität und damit bestmögliche Sprachverständlichkeit zu erzielen.
Im Projekt SiliConti erfolgt die Übertragung der derzeit diskontinuierlich durchgeführten chemischen Synthese von Silikonpolymeren auf den kontinuierlichen Betrieb in einem Durchfluß(mikro)reaktor. Das neue Verfahren soll auf Basis von prozessanalytischen Echtzeitmessungen (PAT) und einem zu entwickelnden Steuerungs- und Regelungskonzept ermöglichen, Spezial-Silikone je nach gewünschtem technologischen Anforderungsprofil maßgeschneidert auch in kleinen Losgrößen wirtschaftlich, sicher und reproduzierbar herzustellen.
Für viele mittelständische Unternehmen ist die Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI) und die Nutzung von im Unternehmen gesammelter Daten eine Herausforderung. Im Projekt ANIMATE entwickeln Wissenschaftler der ESB Business School der Hochschule Reutlingen gemeinsam mit der Reiff Gruppe und der 4flow GmbH KI-basierte Algorithmen zur Anwendung in der unternehmerischen Praxis und analysieren Faktoren zur erfolgreichen Nutzung der entwickelten Methoden.
HdM Stuttgart (Fördersumme für zwei Projekte: 243.752 Euro)
Im Projekt 3-D Sensorik - Aktorik erforscht die Hochschule der Medien (Arbeitsgruppe IAD - Innovative Anwendungen der Drucktechnologien) in Kooperation mit der Marquardt GmbH und der Dr. Schneider GmbH im Siebdruck hergestellte und anschließend 3-D geformte Sensor-Aktor Systeme für Anwendungen (Bedienelemente) unter anderem im Automobilbereich. Im Vorgänger-Projekt, das ebenfalls im Rahmen der Innovativen Projekte des Landes Baden-Württemberg gefördert wurde, konnte die grundsätzliche Machbarkeit der Technologie in 2-D gezeigt und ein Demonstrator mit kapazitiven Touchsensoren und gedruckten, piezobasierten Aktoren erstellt werden. Im neuen Forschungsvorhaben (IP Ausschreibung 2018) wird nahtlos an diese Arbeiten angeknüpft und die Applikation im Hinblick auf eine möglichst große Designfreiheit in die dritte Dimension mit Hilfe von Thermoform- und Folienhinterspritz-Verfahren erweitert.
Im Projekt Metaphorische Brücken bauen untersucht die HdM das Anwendungspotenzial von Metaphern in der Imagekommunikation ingenieurwissenschaftlicher Fächer insbesondere bei potenziellen Nachwuchskräften. Ziel ist es, einen Baukasten von metaphernbasierten Kommunikationsmaßnahmen bereitzustellen, deren Wirkungsweise bei der Verbesserung des Images von MINT-Fächern erforscht und dokumentiert ist.