Auf Initiative der Verbraucherkommission Baden-Württemberg wurde das so genannte „Vorsorgekonto“ initiiert und von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, von Öko-Test und dem Bund der Versicherten weiterkonkretisiert. Anlass ist die wachsende Verunsicherung bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Bezug auf die eigene Altersvorsorge. Das „Vorsorgekonto“ kann hier eine gute Alternative bieten.
„Bei den staatlich geförderten privaten Altersvorsorgeprodukten müssen am Ende sowohl die eigenen Beiträge als auch das staatliche Fördergeld bei den Menschen ankommen – einschließlich einer angemessenen Rendite. Dies ist bei der Mehrzahl der angebotenen Altersvorsorgeprodukte nicht der Fall. Private Altersvorsorge muss einfach, transparent und kostengünstig sein“, sagte Verbraucherminister Peter Hauk. Verbraucherinnen und Verbrauchern müsse nun möglichst schnell Zugang zu einem solchen Altersvorsorgeprodukt ermöglicht werden. Deshalb habe er bereits an Bundesarbeitsministerin Nahles geschrieben und ihr die Idee vorgestellt.
Seit vielen Jahren wachse die Unsicherheit der Menschen mit Blick auf die finanzielle Absicherung im Alter. Zahlreiche Angebote sind am Markt, aber viele sind zu komplex, die Renditen zu gering oder die Kosten zu hoch. „Deshalb fordern wir die Einführung eines Vorsorgekontos in der Form eines staatlich geförderten Basisproduktes für die private Altersvorsorge“, so Minister Hauk.
Gerade junge Menschen müssten sich mit der Zukunft und der Zeit nach dem Ruhestand auseinandersetzen. „Aufgabe der Politik ist es, Altersarmut vorzubeugen und die Bevölkerung frühzeitig für das Thema der privaten Altersvorsorge zu sensibilisieren. Ein Vorsorgekonto würde hierfür eine einfache und kostengünstige Lösung bieten“, betonte der Minister.
„Ausgangspunkt unserer Überlegungen war die Frage, wie Pflichtversicherte im Rahmen des geltenden Rechts ihre Rentenanwartschaft durch zusätzliche Beiträge erhöhen können“, berichtete Andreas Schwarz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg. Eine gleichzeitige freiwillige Versicherung sei bei der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen, aber es bestehe die Möglichkeit des Ausgleichs späterer Rentenabschläge ab dem 55. Lebensjahr. Hiervon werde – wegen der innerhalb kurzer Zeit aufzubringenden hohen Summen – bisher wenig Gebrauch gemacht, so Schwarz. Mit dem „Vorsorgekonto“ könnten entsprechende Beträge über einen längeren Zeitraum bequem angespart werden, ohne dass dies zwangsläufig in einen früheren Rentenzugang münden müsse. Das zusätzliche finanzielle Polster eröffne beim Übergang in den Ruhestand mehr Flexibilität. Gehe man früher in Rente, können die Abschläge ausgeglichen werden. Werde bis zur Regelaltersgrenze gearbeitet, ergebe sich eine lukrative Zusatzrente.
Die aktuell mit dem Gesetzesentwurf zur Flexi-Rente vorgesehene Ausweitung der Ausgleichsmöglichkeit von Abschlägen bereits ab dem 50. Lebensjahr zeige, so Schwarz weiter, dass man in die richtige Richtung denke. Nur gehe das „Vorsorgekonto“, da es ein Sparen über das gesamte Erwerbsleben ermögliche, noch einen Schritt weiter. Durch seine Verknüpfung mit dem Abschlagsrückkauf ist es systemnah an die gesetzliche Rentenversicherung angelehnt. Als Non-Profit-Organisation habe die gesetzliche Rentenversicherung keine Aktionäre, für die sie Dividenden erwirtschaften müsse. Zudem zahle sie auch keine Vertriebsprovisionen. Das für den Rückkauf von Abschlägen eingesetzte Geld, folgerte Schwarz, komme direkt bei den Versicherten an.
ÖKO-TEST hatte mit seinen Untersuchungen schon sehr früh festgestellt, dass viele Riester-Renten-Angebote teuer, intransparent und renditeschwach sind. Die Rentenleistungen sind teilweise so niedrig, dass die Sparer unterm Strich sogar Minusrenditen erzielen. „Damit war klar, dass die Rentenlücke mit solchen Riester-Produkten nicht wie geplant zu schließen ist“, sagt ÖKO-TEST Chefredakteur Jürgen Stellpflug. Ähnliche Ergebnisse ergaben die ÖKO-TESTs von Produkten der betrieblichen Altersvorsorge wie Direktversicherungen und Pensionskassen. Das zeigte, dass sich eine attraktive und transparente kapitalgedeckte Vorsorge nur im Rahmen einer Non-Profit-Organisation wie der Deutschen Rentenversicherung verwirklichen lässt.
Ein Herzstück des „Vorsorgekonto“ ist die kostengünstige, kollektive Kapitalanlage, breit gestreut in weltweiten ETF-Aktien- und Rentenfonds. Anders als bei einem individuellen Fondssparplan oder ausländischen Vorsorgemodellen wie der schwedischen Prämienrente, werden die Jahr für Jahr erzielten Kapitalerträge den Vorsorgesparern aber nicht sofort in voller Höhe gutgeschrieben. Vielmehr wird ein Teil in einem kollektiven Reservetopf gesammelt. Auf diese Weise entsteht ein Risikopuffer, der primär in guten Kapitalmarktjahren aufbaut und in schlechten Jahren dazu genutzt wird, rückläufige Erträge oder gar Verluste auszugleichen. „Unsere Berechnungen zeigen, dass mit diesem Modell, anders als mit vielen Riester-Renten-Angeboten, die durch die Rentenreform entstandene Rentenlücke hätte geschlossen werden können“, so Stellpflug.
Unterstützung auch im Falle einer Erwerbsminderung
Das „Vorsorgekonto“ bietet zusätzlich zu dem Sparcharakter fürs Alter auch eine Unterstützung im Falle einer Erwerbsminderung. Tritt diese ein, so unterstützt das Vorsorgekonto und führt zu einer höheren Erwerbsminderungsrente. „Vorsorge sollte mehr sein als nur ein reiner Sparprozess“ erklärt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bund der Versicherten. Der Versicherungsmathematiker Kleinlein unterstützte die Entwicklung des ‚Vorsorgekontos‘ aus aktuarieller Sicht um insbesondere die Machbarkeit dieser zusätzlichen Erwerbsminderungsabsicherung zu prüfen. Das Ergebnis war positiv: „Mit dem Vorsorgekonto ist es bereits nach fünf Jahren möglich, die Abschläge bei der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente in voller Höhe auszugleichen“, resümiert Kleinlein.
Minister Hauk begrüßte die aktuelle Debatte um eine grundsätzliche Reform der Alterssicherung sowohl der gesetzlichen, der betrieblichen aber auch der privaten Altersvorsorge. „Beim ‚Vorsorgekonto handelt es sich um eine private Zusatzversorgung, die nicht den Anspruch erhebt, für sich allein flächendeckend Altersarmut zu bekämpfen. Vielmehr stellt es eine zusätzliche Möglichkeit der Sicherung des Lebensstandards im Alter dar“, so Hauk. Für ihn sei es sehr wichtig, „dass Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit erhalten sich im Rahmen des dichten Dschungels der Altersvorsorgeverträge für eine transparente Alternative entscheiden zu können. Vor allem weil es nicht um eine reine Anlagemaximierung geht, sondern um die grundsätzliche Sicherung des Lebensstandards im Alter.“
ÖKO-Test: Informationen zum Vorsorgekonto
Ansprechpartner zum Vorsorgekonto (PDF)
Pressemitteilung der Verbraucherkommission (PDF)
Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (PDF)