Der Tierschutzpreis des Landes geht in diesem Jahr an Preisträger aus Engstingen, Rulfingen, Steinhausen, Freiburg und Karlsruhe.
„Der Tierschutz ist ein Thema, das uns alle angeht. Aus diesem Grunde bringen wir als Landesregierung eine ziel- und umsetzungsorientierte Tierschutzstrategie auf den Weg, die alle Bereiche der Nutzung und Haltung von Tieren umfasst, von Nutztieren über Heimtiere bis hin zu Tierversuchen. Auch die Unterstützung der zahlreichen Ehrenamtlichen, sei es der Vereine oder engagierter Einzelpersonen im Land, ist uns ein wichtiges Anliegen“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, anlässlich der Verleihung des Tierschutzpreises 2023.
Der Tierschutzpreis hat in Baden-Württemberg eine lange Tradition und wird bereits seit 1997 verliehen. „Wer sich ehrenamtlich für den Tierschutz im Land starkmacht oder Tiere besonders artgerecht hält, hat gesellschaftliche Anerkennung verdient. Die tollen Leistungen der Preisträgerinnen und Preisträger sollen auch als Beispiel und Vorbild für alle Bürgerinnen und Bürger dienen, sich für den Tierschutz in vielfältiger Weise einzusetzen“, betonte Minister Hauk.
Die Preisträger
Der alle zwei Jahre verliehene Tierschutzpreis ist mit 7.500 Euro dotiert und wird in diesem Jahr an fünf gleichrangige Preisträger vergeben:
Der Tierschutzverein Münsingen e.V. besteht aus ausschließlich ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit betrifft die Straßenkatzen in und um Münsingen. Durch Gespräche und Aufklärungsarbeit werden Bürgerinnen und Bürger überzeugt, ihre freilaufenden Katzen kastrieren zu lassen. Es werden Kastrationsaktionen durchgeführt, unermüdlich verletzte, verunfallte und kranke Tiere aufgesammelt und Hilfe bei der Vermittlung privater Pflegeplätze angeboten. Helferinnen und Helfer stoßen insbesondere bei Tieren in schlechtem Zustand auch an eigene emotionale Grenzen. Seit 2019 setzt sich der Tierschutzverein Münsingen für die Einführung der Katzenschutzverordnung für Münsingen und die Teilorte ein. Leider wurde durch Corona die Möglichkeit für Informationen an die Bevölkerung sehr stark eingeschränkt. Trotzdem wird das Ziel konsequent verfolgt.
Gesundgepflegte Schützlinge werden in ein gutes und geeignetes Zuhause vermittelt. Bei unvorhergesehenen Notfällen oder Ereignissen werden vermittelte Tiere auch zurückgenommen.
Die Vereinsvorsitzende stellt in ihrem Eigenheim mehrere Zimmer als Tierhaltungsräume zur Verfügung, einschließlich einer Quarantäneeinheit. Zudem besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem Tierheim Reutlingen, insbesondere bei der Durchführung der Katzenkastrationen. Im Jahr werden durchschnittlich 120 Katzen kastriert. Neben der Arbeit mit kranken oder zu kastrierenden Katzen widmen sich die Mitglieder des Tierschutzvereins auch Bürgeranfragen und stehen in engem Kontakt mit dem Veterinäramt Reutlingen.
Der 2019 gegründete Verein fördert die tiergestützte Therapie/Pädagogik von Jung und Alt. Vor allem Kinder mit Behinderungen, aber auch Seniorinnen und Senioren mit Demenz profitieren von dem Angebot. Der Kontakt mit den Tieren ermöglicht diesen Personen, ihre sozialen, kognitiven und emotionalen Kompetenzen zu festigen und zu erweitern, wodurch die Fähigkeit zur Kommunikation sowie Interaktion verbessert und der Lernerfolg erhöht wird. Der Verein möchte diese Therapie zu günstigen Preisen anbieten, er finanziert sich ausschließlich über Spenden sowie Eigenmittel von Andrea Göhring.
Das Besondere an dem Projekt „Bauernhoftiere bewegen Menschen“ ist, dass nicht Pferde, Hunde oder Delphine, sondern landwirtschaftliche Nutztiere wie Schweine, Schafe, Ziegen und andere zum Einsatz kommen. Dadurch möchte Andrea Göhring wieder Bewusstsein, Anerkennung und Respekt für die zumeist landwirtschaftlich genutzten Tiere wie Rinder, Schafe, Schweine etc. bei der Bevölkerung schaffen.
Aktuell beschäftigt die Agrarwirtin und Fachkraft für Tiergestützte Therapie, Andrea Göhring, drei Kühe, zwei Schweine, elf Schafe, vier Ziegen und 22 Hühner als tierische Mitarbeiter. Seit zwölf Jahren kommen Kinder aus verschiedenen Behinderteneinrichtungen sowie Seniorinnen und Senioren aus der Tagespflege auf den Bioland-Betrieb, wo Andrea Göhring in Abstimmung mit Pädagogen, Therapeuten und Altenpfleger ein auf jeden Klienten individuell abgestimmtes Programm anbietet.
Zudem bietet Andrea Göhring wichtige Lehrgänge für tiergestützte Interventionen zu den oben genannten landwirtschaftlichen Nutztieren an. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt, da solche Lehrgänge zu diesen Tierarten in ganz Deutschland nur sehr selten angeboten werden.
Der Hof „Badhaus 5“ liegt im Klingeltal nahe Bellamont am Rande des Allgäus. Als Manufaktur hat Familie Salzer alle wichtigen Schritte ihrer Tierhaltung, Schlachtung und Vertrieb in einer Hand.
Ihre Philosophie besteht darin, sämtliche Aspekte von der Geburt bis zum Teller selbst zu kontrollieren und dies mit möglichst wenigen Ressourcen zu leisten. Dabei stehen Nachhaltigkeit, Arterhaltung, Klima- und Umweltschutz im Mittelpunkt.
Mittlerweile haben sie einen Tierbestand von 143 schottische Hochlandrindern – eine der größten Herden in Deutschland. Die Rinder werden auf großflächigen Weiden gehalten und ernähren sich ausschließlich von Gras, Heu und Silage. Neben den Rindern leben seit Frühjahr 2021 auch circa 40 Husumer Landschweine auf dem Hof.
Neben einer artgerechten und stressfreien Haltung ist Familie Salzer die humane Schlachtung ein wichtiges Anliegen. Die Rinder werden auf der Weide stressfrei geschossen. Die Rinder werden in aller Ruhe auf ein abgetrenntes Areal gebracht und von einem erfahrenen Schützen mittels Kugelschuss getötet. Alles geschieht für die Tiere so stressarm wie möglich.
Anschließend werden die Rinder, auch die Schweine, in einer eigenen, neu konzipierten und errichteten Schlachtstätte direkt auf dem Hof weiterverarbeitet und vermarktet. Am 10. Dezember 2020 starteten sie die Idee, das "kleinste und kostengünstigste EU-Schlachthaus" in Containerbauweise zu fertigen. Am 1. Dezember 2021 fand die Vorabnahme statt. Am darauffolgenden Tag fand unter Aufsicht des Veterinäramtes Biberach die erste Schlachtung statt.
Zusammenfassend hat Familie Salzer mit diesen vielfältigen Aktivitäten ein beeindruckendes Gesamtkonzept für eine besonders tiergerechte Tierhaltung, Schlachtung und regionale Vermarktung umgesetzt.
Der Verein organisiert Tiertafeln und Alltagshilfen für ältere und gesundheitlich eingeschränkte Tierhalter und hilft Menschen, die mit ihren Tieren in Not geraten sind. Egal ob das Geld knapp wird, eine Erkrankung vorliegt oder das Alter den Alltag erschwert. Darüber hinaus vermitteln sie in Not geratene Tiere, um ihnen ein liebevolles Zuhause zu schenken.
Der noch recht junge Verein wurde im Jahr 2020 von Edda Grieshaber ins Leben gerufen. Mittlerweile besteht der Verein aus circa 30 Helfer, wobei circa 15 Personen regelmäßig aktiv sind. Das Team besteht ausschließlich aus ehrenamtlichen Personen, die unterschiedlichste berufliche und persönliche Qualifikationen und Kompetenzen mitbringen. Sie unterstützen bedürftige Mensch-Tier-Gespanne mit einmal monatlich stattfindenden Futterspenden. Jeden dritten Freitag im Monat organisieren sie eine Futterausgabe. Zur Futterausgabe kommen aktuell monatlich circa 140 Tierhalter. Ungefähr 70 bis 80 dieser Tierhalter stammen aus der Ukraine und sind durch die Flucht aus ihrem Land aufgrund des Ukrainekrieges in Notstand geraten. Während der Futtertafel werden circa 800 Kilogramm Tierfutter pro Monat an die bedürftigen Besitzer herausgegeben. Neben dem Futter wird auch Zubehör (z.B. Geschirre, Leinen, Halsbänder) an die Besitzer ausgegeben. All dies wird über die Einnahme von Spenden finanziert. Zur Spendengenerierung sind die Mitglieder des Vereins auf Social Media oder auch bei Spendenaktionen (zum Beispiel Kooperation mit einem EDEKA-Markt zum Pfandflaschen sammeln) aktiv. Zur Zeit des großen Ansturmes von Flüchtlingen aus der Ukraine haben sich die Mitglieder der Treuen Begleiter an einer Erstaufnahmestation in Freiburg positioniert, um dort den Besitzern mit Tieren direkt mit Futter und anderen Tierutensilien helfen zu können. Wenn Senioren oder erkrankte Menschen durch gesundheitliche Einschränkungen Unterstützung bei der Versorgung ihrer Tiere benötigen, vermittelt der Verein passende Freiwillige, die mit dem Hund „Gassi“ gehen, die Katze zum Tierarzt fahren oder die Futtersäcke vorbeibringen. Darüber hinaus unterstützen sie bei der Begleichung von Tierarztkosten. Selbst bei kleineren Behandlungen können schnell mal einige hundert Euro zusammenkommen und hierbei unterstützen sie die Tierhalter mit Zuschüssen. Aktuell belaufen sich die Ausgaben des Vereins auf 1.500 bis 2.000 Euro im Monat.
PAPAVEO, kurz für „Papageien-Partner-Vermittlungs-Organisation“, ist im Vogelpark Karlsruhe-Neureut beheimatet und ein ehrenamtliches Projekt, das sich für eine artgerechte Haltung von Amazonen-Papageien einsetzt und die Möglichkeit bietet, Papageien in großen Außenvolieren bei gesunder Ernährung und artgerechter Beschäftigung unterzubringen. PAPAVEO ist eine Arbeitsgemeinschaft der Vogelfreunde Neureut 1953 e.V.
PAPAVEO ermöglicht insbesondere abgegebenen und zuvor alleine gehaltenen Papageien eine freie Partnerwahl unter kontrollierten Bedingungen. Die Organisation verfügt über neue, große und begehbare Außenvolieren, welche in Einzelvolieren und eine große Gemeinschafts-Voliere unterteilt sind. Dazu gibt es die zugehörigen Innenräume und Einzelräume für Neuankömmlinge. Die Tiere erhalten optimale Haltungsbedingungen (große Volieren mit Flugmöglichkeit, echten Pflanzen und Naturboden) und zusätzliche Beschäftigungsangebote. Die neue Flugvoliere ist hochmodern ausgerüstet und in den Innenräumen mit Temperaturüberwachung, Ventilatoren und einer Videokamera in jedem Abteil ausgerüstet. Dadurch erfolgt eine Direktübertragung auf den PC/Handy der Mitarbeiter, sodass gerade Neuankömmlinge engmaschig beobachtet werden können und im Notfall sofort jemand das Tier betreuen kann. Derzeit betreut die Organisation 30 Amazonen-Papageien (maximale Auslastung 35 Tiere). Es werden ausschließlich Amazonen-Papageien zur Partnervermittlung aufgenommen. Die Weitervermittlung von Paaren erfolgt nur bei optimalen Bedingungen im neuen Zuhause und wird mit Vorgesprächen, intensiver Beratung, Vor- und Nachkontrolle engmaschig begleitet. PAPAVEO ist bundesweit sehr gut vernetzt, u.a. mit den Vereinen „Federnhilfe e.V.“ und auch dem Vogelpark Waldbrücke (Weingarten bei KA).