Innenminister Thomas Strobl hat den Entwurf der Standortkonzeption für die Erstaufnahme von Flüchtlingen vorgestellt. Aufgrund des starken Rückgangs der Flüchtlingszahlen wurde die bestehende Unterbringung überprüft und eine Anpassung entwickelt. Es werde ein flexibles System geschaffen, das sich an den konkreten Zugangszahlen orientiere, so Strobl.
„Die Flüchtlingszahlen sind in den vergangenen Monaten stark zurückgegangen. Deshalb war es an der Zeit, die bestehenden Unterbringungseinrichtungen zu überprüfen und eine angepasste Standortkonzeption zu entwickeln“, sagte der Stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl.
Während im gesamten Jahr 2015 rund 98.000 Asylsuchende nach Baden-Württemberg kamen, waren es bis Ende Oktober 2016 etwa 30.000. Alleine im Oktober 2015 kamen über 17.000 Zuwanderer nach Baden-Württemberg, im Oktober 2016 waren es weniger als 1.500 Menschen. Trotz der momentan niedrigeren Zugangszahlen ist ein Wiederanstieg des Flüchtlingszugangs in den kommenden Monaten und Jahren nicht vollkommen auszuschließen. „Wir wollen angesichts der weltweiten Fluchtbewegungen Vorsorge für die Zukunft treffen. Deshalb schaffen wir ein flexibles System, das sich an den konkreten Zugangszahlen orientiert. Wir wollen aber zuvörderst alles dafür tun, dass die Zugangszahlen auf niedrigem Niveau bleiben!“, so Strobl.
Langfristige Konzeption
„Das Innenministerium hat den Entwurf für ein bedarfsgerechtes, zugangsorientiertes, flexibles und atmendes System der Erstaufnahme von Flüchtlingen erarbeitet“, sagte der Innenminister. Dieser Entwurf soll nun mit allen Betroffenen beraten werden.
Nach der vom Innenministerium erarbeiteten Standortkonzeption soll es im Land langfristig ein Ankunftszentrum und in den vier Regierungsbezirken je eine Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) geben.
Zentraler Baustein für die Erstaufnahme von Flüchtlingen in Baden-Württemberg wird auch in Zukunft ein Ankunftszentrum sein. Das bestehende Ankunftszentrum wird vorübergehend im Patrick Henry Village in Heidelberg fortgeführt. Als Alternativen werden Standorte in Mannheim (Coleman Barracks oder Spinelli Barracks) und Schwetzingen (Tompkins Barracks) geprüft. Im Ankunftszentrum wird das gesamte Aufnahmeverfahren von der Registrierung, der Gesundheitsuntersuchung, der Asylantragstellung und Anhörung bis zur endgültigen Entscheidung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gebündelt und beschleunigt durchgeführt.
Darüber hinaus ist pro Regierungsbezirk eine Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) vorgesehen. Das Innenministerium plant derzeit mit Karlsruhe, Ellwangen, Sigmaringen und Freiburg (auf dem Gelände der ehemaligen Polizei-Akademie). Alle LEA sollen jeweils alle Bestandteile des Aufnahmeverfahrens abdecken, allerdings mit geringeren Kapazitäten als im Ankunftszentrum.
Ergänzend dazu sollen in Tübingen und Giengen an der Brenz weitere Erstaufnahmeeinrichtungen (EA) – gegebenenfalls im Stand-by-Betrieb – als zusätzliche Unterbringungskapazitäten vorgehalten werden. Diese sind unerlässlich, um ausreichend Vorsorge für besonders hohe Zugangszahlen zu treffen.
Ab dem Jahr 2020 stünden nach dem vorgelegten Entwurf damit bis zu 8.000 Plätze bei einer Regelbelegung und bis zu 16.000 Plätze bei einer Maximalbelegung zur Verfügung. Davon entfallen auf das Ankunftszentrum bis zu 3.500 Plätze, auf die LEA Karlsruhe bis zu 1.000 Plätze, auf die LEA Ellwangen bis zu 700 Plätze, auf die LEA Sigmaringen bis zu 1.250 Plätze, auf die LEA Freiburg bis zu 800 Plätze, auf die EA Giengen bis zu 300 Plätze und auf die EA Tübingen bis zu 250 Plätze.
Unterkünfte für besonders Schutzbedürftige
Für die gesonderte Unterbringung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge sind insgesamt 500 Plätze im Christian-Griesbach-Haus (gesonderter Standort der LEA Karlsruhe) und in der EA Tübingen geplant. Zusätzlich stehen separate Unterbringungsmöglichkeiten im Ankunftszentrum und in den vier LEA zur Verfügung. Die Unterkünfte werden auf die Erfordernisse der besonders schutzbedürftigen Flüchtlinge ausgerichtet.
Übergangszeit
In den Jahren 2017 bis 2019 soll die Kapazität entsprechend einer vorsorgenden Standortstrategie in behutsamen Schritten zurückgefahren werden (degressives System). So stehen nach dem derzeitigen Stand der Standortkonzeption im Jahr 2017 rund 18.000 bzw. 31.000 Plätze bei Regel- bzw. Maximalbelegung zur Verfügung, 13.000 bzw. 23.000 Plätze im Jahr 2018 und 12.000 bzw. 22.000 Plätze im Jahr 2019. Derzeit beträgt die Kapazität 34.000 Plätze (ohne Unterscheidung in Regel- und Maximalbelegung).
Die Standorte Sasbachwalden, Hammonds Barracks in Mannheim, Hard-heim, Stuttgart Ehmannstraße, Bad Saulgau, Rottenburg-Ergenzingen, Wertheim, Bleidorn-Kaserne in Ulm und die Leichtbauhallen auf dem Sportplatz der ehemaligen Polizei-Akademie in Freiburg werden schnellstmöglich aufgegeben.
Im Zeitraum zwischen 2017 und 2019 werden noch die Erstaufnahmeeinrichtungen Benjamin Franklin Village in Mannheim (bis Ende 2018, eventuell je nach Bedarf bereits Ende 2017), Villingen-Schwenningen (bis Ende 2017), Meßstetten (bis Ende 2017), Mannheim Industriestraße (bis Ende 2018), Spinelli Barracks in Mannheim (bis Ende 2019), Tompkins Barracks in Schwetzingen (bis Ende 2019) und Donaueschingen (bis Ende 2019) genutzt.
Die vorgesehene LEA in Herrenberg wird nicht realisiert. Ein Umbau der Liegenschaft scheidet aufgrund der hohen Kosten aus. Eine Alternativnutzung wird angestrebt. Auch der geplante Neubau der LEA Schwäbisch Hall auf einer Erweiterungsfläche der Justizvollzugsanstalt wird aufgrund der hohen Kosten endgültig eingestellt. Aufgrund hoher Kosten verzichtet das Land auch endgültig auf den Neubau der LEA Mannheim in der Ludwig-Jolly-Straße.
Weiteres Vorgehen
„Die Vorschläge des Landes liegen nun auf dem Tisch. Wir haben die Konzeption bereits in zahlreichen Gesprächen mit dem Finanzministerium, dem Wirtschaftsministerium, der Ombudsstelle für Flüchtlinge, den vier Regierungspräsidien, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge besprochen“, erklärte Strobl. „Nun werden wir die Vorschläge in den nächsten Wochen mit den Betroffenen vor Ort besprechen. Es ist unser Ziel, die Standortkonzeption noch in diesem Jahr vom Ministerrat beschließen zu lassen.“