Wirtschaftsstaatssekretärin Katrin Schütz hat im Rahmen einer Denkmalreise die vier Regierungsbezirke des Landes besucht. „Denkmale verbinden uns in besonderer Weise: Sie sind ein lebendiges Bild unseres kulturellen Gedächtnisses“, sagte Schütz. Die Denkmalreise bildete den Auftakt in eine Denkmalwoche, an deren Ende der Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 08. September, steht.
Im Rahmen einer Denkmalreise hat Katrin Schütz, Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium die Regierungsbezirke Stuttgart (2. September), Tübingen (3. September), Freiburg (4. September) und Karlsruhe (5. September) besucht. Im Vorfeld der Reise sagte Schütz: „Denkmale verbinden uns in besonderer Weise: Sie sind ein lebendiges Bild unseres kulturellen Gedächtnisses und unsere Speicher, um wichtige Erkenntnisse aus der Vergangenheit für die Zukunft zu bewahren. Unsere Denkmallandschaft besticht durch ihre enorme zeitliche Tiefe und Vielfalt. Diese zu erhalten, zu erforschen und zu pflegen, ist nur durch das Engagement aller Beteiligten möglich. Ihnen gilt mein besonderer Dank. Mit meiner Denkmalreise möchte ich Neugier wecken und die Menschen einladen, die Denkmallandschaft für sich zu entdecken.“
Die Denkmalreise läutet Tag und Nacht des offenen Denkmals ein
Die Reise war der Auftakt in eine Denkmalwoche: An deren Ende steht der Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 8. September. Einige Reisestationen nahmen Bezug auf den Tag des offenen Denkmals, der unter dem Motto „Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur“ steht. Das Motto – anlässlich des 100-jährigen Bauhaus-Jubiläums – richtet den Fokus auf revolutionäre Ideen und technische Fortschritte über die Jahrhunderte hinweg und zeigt auf, wie sich daraus neue Kunst- und Baustile als Zeitzeugnisse der gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Gegebenheiten entwickelten.
Zum Ende der Denkmalwoche sind am Tag des offenen Denkmals alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen, Denkmale zu besichtigen und sich über die Arbeit der Denkmalpflege zu informieren. Die Nacht des offenen Denkmals startet bereits am Samstag, 7. September, um 17.30 Uhr in Ulm. Am Sonntag, 8. September 2019, findet die landesweite und bundesweite Eröffnungsveranstaltung ab 11 Uhr auf dem Münsterplatz in Ulm statt.
Auftakt der Denkmalreise im Regierungsbezirk Stuttgart
Staatssekretärin Schütz startete ihre Reise am Forschungsinstitut für Edelmetalle und Metallchemie (fem) in Schwäbisch Gmünd, das industrienahe, angewandte Forschungs- und Entwicklungsarbeit, insbesondere auf dem Gebiet der Edelmetalle und der galvanischen Oberflächenveredelung, betreibt. „Wir blicken auf zehn Jahre erfolgreiche Kooperation der Landesdenkmalpflege mit dem fem zurück. Die Zusammenarbeit im Bereich der hochtechnologischen Auswertung hat sich sehr bewährt und wird deshalb auch weiterhin fortgeführt“, so Schütz. Demonstriert wurde vor Ort die Röntgencomputertomographie, die die zerstörungsfreie Erforschung und Auswertung archäologischer Objekte möglich macht.
Anschließend wurde die Siedlung Ziegelklinge in Stuttgart besichtigt. Die 1928 durch die Stadt Stuttgart nach Entwürfen des Architekten Albert Schieber erbaute damalige Siedlung für Tuberkulosekranke entstand ein Jahr nach Errichtung der Weißenhofsiedlung. Die Ziegelklinge stellt daher ein anschauliches Beispiel für den Einfluss des Neuen Bauens auf den Wohnungsbau der Stadt Stuttgart dar. „Die Stadt Stuttgart hat ein beispielhaftes Erhaltungskonzept für diese Wohnsiedlung entwickelt. Hier werden gleichermaßen der wertvolle Denkmalbestand bewahrt und moderne Wohnvorstellungen ermöglicht“, erklärte die Staatssekretärin.
Den Abschluss der Station Stuttgart bildete ein Besuch der Gärten der Weißenhofsiedlung. Die ursprünglich als Werkbundausstellung „Die Wohnung“ ins Leben gerufene Siedlung fand 1927 am Weißenhof in Stuttgart mit dem Ziel statt, dauerhafte Wohnhäuser zu errichten. Zwischen der Einladung der Architekten Ende Oktober 1926 und der Ausstellungseröffnung lagen nur acht Monate. In dieser kurzen Zeit mussten Entwurf, Planung, Genehmigung, Bau und Einrichtung der Häuser erfolgen. „Die Weißenhofsiedlung ist heute ein herausragendes Zeugnis dieser Zeit und gehört zu den einflussreichsten Vorbildern der modernen Architektur. Die beiden Le-Corbusier-Häuser gehören zurecht zum UNESCO-Weltkulturerbe“, sagte Schütz. Mit der Gartengestaltung beschäftigten sich insbesondere Le Corbusier, Scharoun, Taut und Oud.
Zweite Station der Denkmalreise im Regierungsbezirk Tübingen
Die zweite Tagestour der Denkmalreise startete die Staatssekretärin in Rottenburg mit einer Besichtigung der restaurierten Sülchenkirche und einem Besuch der multimedialen Ausstellung im Museum. Gezeigt wurden die bei den Grabungsarbeiten gefundenen archäologischen Kunstschätze eingebettet in die Inszenierung „Die Baugeschichte der drei Sülchen-Kirchen“ in die europäische Kunstgeschichte. „Die Ausgrabungsobjekte sind äußert interessant und deuten darauf hin, dass die Sülchenkirche ihre Ursprünge bis ins 6. Jahrhundert hat und als eine der Urkirchen in der Region gelten könnte“, sagte Schütz.
Die Reise führte Schütz weiter zum ehemalige Konzentrationslager Bisingen. Mit der Forschungsgrabung sollen Erhaltung und Aussagekraft der lagerzeitlichen Relikte ermittelt werden, die 2018 geophysikalisch nachgewiesen werden konnten. Der Gedenkstättenverein KZ Bisingen e. V. gehört zu den Institutionen, denen im vergangenen Jahr für ihre Vermittlungsarbeit an den Standorten des ehemaligen Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof das Europäische Kulturerbe-Siegel verliehen wurde. „Es ist mir ein großes Anliegen, auf das herausragende ehrenamtliche Engagement der Gedenkstättenvereine zum Schutz und zur Vermittlung der NS-zeitlichen Hinterlassenschaften in Baden-Württemberg aufmerksam zu machen und es zu würdigen“, so Schütz. „Nicht zuletzt die Auszeichnung mit dem Kulturerbe-Siegel zeigt, wie bedeutend dieses grenzüberschreitende bürgerschaftliche Engagement für die Völkerverständigung und die Stärkung gemeinsamer Werte in Europa ist.“
Anschließend besichtigte sie die Katholische Kirche St. Vinzenz in Untermarchtal, in der momentan auch die Wanderausstellung „ZWÖLF - Kirchenbauten der Nachkriegsmoderne“ Station macht. „Die über dem Donautal und über der Klosteranlage trutzende Kirche St. Vinzenz ist mit ihrer innovativen Architektur ein eindrucksvolles Beispiel für die Kirchenbauten der Nachkriegsmoderne“, betonte Schütz. Zum Abschluss des zweiten Tages der Denkmalreise besuchte die Staatssekretärin Schloss Salem, ehemals Zisterzienser-Reichsabtei und später Residenz der Markgrafen des Hauses Baden. „Das Schloss Salem ist aufgrund seiner herausragenden Architektur, seiner äußerst wertvollen Ausstattung und seiner außergewöhnlich hohen geschichtlichen und kulturgeschichtlichen Bedeutung ein Monument von nationalem Rang. Es zählt zu den bedeutendsten Kulturdenkmalen des Landes“, so Schütz.
Dritte Station der Denkmalreise im Regierungsbezirk Freiburg
Mit dem Wohnhaus eines ehemaligen Gehöftes in Öhningen-Wangen begann für die Staatssekretärin der dritte Tag ihrer Denkmalreise. Das Projekt wird aus dem sogenannten Leerstandsprogramm des Landes gefördert. „Die heutige Nutzung des leerstehenden Gebäudes im ländlichen Raum ist beispielgebend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Eigentümer, Denkmalpflege, Restauration und Handwerk. Diese Berufe sind für den Erhalt unserer Denkmale unverzichtbar. Zugleich bieten unsere Denkmale diesen Berufen eine Zukunft“, betonte Schütz. Zur Nachwuchssicherung in traditionellen Handwerksberufen unterstützt die Landesdenkmalpflege seit diesem Jahr die Gründung einer Jugendbauhütte durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Ab dem 01. September 2019 kann zudem ein Freiwilliges Soziale Jahr in der Denkmalpflege (FSJ) absolviert und die Gelegenheit genutzt werden, die verschiedenen Berufsbilder der Denkmalpflege kennenzulernen.
Weiter ging es nach Villingen, wo im Franziskanermuseum die Ergebnisse der Ausgrabung vom Magdalenenberg präsentiert wurden. Mit einem Durchmesser von etwa 100 Metern und einer Höhe von 8 Metern prägt der als Grabhügel im 7. Jahrhundert vor Christus errichtete Magdalenenberg die Landschaft und war bis in die Neuzeit hinein im Bewusstsein der lokalen Bevölkerung präsent. Er stellt einen der größten bekannten Grabhügel der jüngeren Hallstattzeit dar. Zudem handelt es sich um die größte Nachbestattungsnekropole des westlichen Hallstattkreises. „Die Landesdenkmalpflege engagiert sich seit vielen Jahren in der Erforschung, dem Schutz, der Pflege und der Vermittlung des keltischen Erbes unseres Landes“, erläuterte die Staatssekretärin. „In Villingen lädt der in Zusammenarbeit mit der Landesarchäologie entstandene Keltenpfad Magdalenenberg mit Schautafeln und einer Audioguide-App dazu ein, auf informative und unterhaltsame Art das Denkmal und seine Umgebung zu erkunden.“
Anschließend wurde der „Alte Friedhof“ in Freiburg besichtigt, der von 1683 bis 1872 in Benutzung war. „Der ,Alte Friedhof‘ ist geprägt durch eine besondere Ensemblewirkung: die Friedhofskapelle mit Nebengebäuden, vielfältige Grabmale und Gedenkstätten, die Friedhofsmauer mit Nischengräbern und der parkartige alte Baumbestand ergeben ein außergewöhnliches Gesamtbild“, führte Schütz aus. Den Abschluss des dritten Tages der Denkmalreise bildete der Gutshof und „Pferdestall“ in Gutach. Der Gutshof wurde für Wohnzwecke um- und ausgebaut. Der Pferdestall bleibt dank seiner Funktion als Bürgertreff raumtechnisch nahezu unverändert und steht der Bevölkerung offen. „Der Bürgertreff ist ein äußerst gelungenes Beispiel für eine erfolgreiche Umnutzung unter Erhalt der historischen Ausstattung. Das Wohngebäude im ehemaligen Gutshof belegt eindrücklich, wie Wohnen im Denkmal mit seinen individuellen Vorzügen verwirklicht werden kann“, so die Staatssekretärin.
Abschluss der Denkmalreise im Regierungsbezirk Karlsruhe
Erste Station des letzten Tages der Denkmalreise war ein Fachwerkhaus in Maulbronn. „Rettung in letzter Minute und gelungene Fachwerkinstandsetzung, zeichnen dieses Projekt aus. Wenn in vorhandener Substanz Wohnraum entsteht, ist dies gelebte Nachhaltigkeit. Wohnen im Denkmal ist ressourcenschonend und bietet ein geschichtsträchtiges Ambiente“, sagte die Staatssekretärin. Weiter ging es nach Heidelberg. „Der Heiligenberg in Heidelberg stellt mit seinen beiden Ringwällen die größte und bedeutendste befestigte keltische Siedlung im Regierungsbezirk Karlsruhe dar“, betonte Schütz. Hier wurde über neueste Forschungen und Prospektionsmethoden, sogenannte hochauflösende „LIDAR-Scans“, informiert und die Archäologie als hochmoderne Disziplin präsentiert. Auf dem großflächig bewaldeten Heiligenberg und seiner Umgebung haben die modernen Prospektionsmethoden viele neue und bislang unbekannte Details zu archäologischen Denkmalen ergeben, was zum Thema des Schutzes archäologischer Denkmale im Wald führte. „Auf dem Heiligenberg wird auf vorbildliche Weise denkmalverträgliche Forstwirtschaft betrieben“, so Schütz.
Anschließend wurde die Taharahalle auf dem jüdischen Friedhof Bruchsal besucht. Das Gebäude wurde 1890 als Stiftung des Gemeindemitglieds Leopold Nöther auf dem jüdischen Friedhof bei St. Peter errichtet. Sie diente der rituellen Leichenwaschung verstorbener Juden vor der Bestattung. „Die Bruchsaler Taharahalle ist nicht nur als Zeugnis der ehemals starken jüdischen Gemeinde von Bruchsal von lokaler Bedeutung, sondern als Dokument jüdischer Bestattungskultur auch von überregionaler Bedeutung“, sagte die Staatssekretärin. Zum Abschluss des letzten Tages der Denkmalreise wurde die Werkbundsiedlung „Dörfle“ Karlsruhe besichtigt. Das Arbeiterquartier „Dörfle“ ging noch auf die Gründerjahre des 18. Jahrhundert zurück und war von Bombardierungen weitgehend verschont geblieben, jedoch in einem baulich und sozial prekären Zustand. „Aus heutiger Sicht bildet das Werkbundprojekt ,Dörfle‘ ein bemerkenswertes architektonisches Zeugnis stadtplanerischer Neubesinnung in den 1970er Jahren. Noch heute ist die Siedlung bewohnt und damit als Zeugnis dieser architektonischen Epoche bestens erhalten“, sagte Schütz.