Baden-Württemberg ist bundesweit Vorreiter bei der Einführung der elektronischen Gerichtsakte. Am Landesarbeits- und am Finanzgericht Baden-Württemberg starten weitere Pilotierungsphasen. Die Digitalisierung werde in Gerichtsverfahren vieles einfacher machen, so Justizminister Guido Wolf.
Baden-Württembergs Minister der Justiz und für Europa, Guido Wolf, hat den Startschuss für die Pilotierungsphase der elektronischen Gerichtsakte am Landesarbeits- und am Finanzgericht Baden-Württemberg gegeben. Mit dem Landesarbeitsgericht wird ab diesem Montag bundesweit das erste Berufungsgericht die elektronische Gerichtsakte erproben. Bei der Einführung der elektronischen Gerichtsakte ist Baden-Württemberg bundesweit führend. Nunmehr laufen in vier der fünf Gerichtsbarkeiten – ordentliche Gerichtsbarkeit, Sozial-, Arbeits- und Finanzgerichtsbarkeit – im Land Pilotierungsphasen.
Digitalisierung wird in Gerichtsverfahren vieles einfacher machen
Minister der Justiz und für Europa Guido Wolf sagte in Stuttgart: „Die Digitalisierung hat inzwischen nahezu sämtliche Lebensbereiche erreicht, im Privaten wie im Beruflichen. Die Justiz als dritte Staatsgewalt will und darf sich dieser unaufhaltsamen gesellschaftlichen Entwicklung nicht verschließen.“
Wolf weiter: „Die Digitalisierung wird in Gerichtsverfahren vieles einfacher machen. So werden neue Möglichkeiten der Online-Verhandlungsführung hinzukommen. Künftig sollen zum Beispiel bestimmte Prozessbeteiligte live per Videokonferenz an der Verhandlung teilnehmen können. Damit spielen Anreise-Entfernungen oder persönliche Hindernisse, wie Alter oder Behinderungen keine Rolle mehr. Auch die Beweisaufnahmen werden durch moderne Möglichkeiten der Visualisierung erleichtert. Beispielsweise können Beweismittel wie Urkunden, aber auch Tatwerkzeuge und andere Gegenstände, mittels einer Objektkamera und mit Monitoren im Gerichtssaal betrachtet werden. Zentral wird künftig die mediale Vernetzung mit den wichtigsten Partnern – für den Bereich der Finanzgerichtsbarkeit beispielweise die Finanzämter oder für die Sozialgerichtsbarkeit die Verbindung zu Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften – sein. Es muss einen reibungslosen Übergang der dort geführten Akten hin zur elektronischen Gerichtsakte geben.“
Bis 2020 an allen Gerichten im Land die elektronische Akte einführen
Wolf stellte den ab Montag, den 31. Juli 2017, beginnenden Testbetrieb gemeinsam mit dem Präsidenten des Landesarbeitsgerichts, Dr. Eberhard Natter, sowie dem Präsidenten des Finanzgerichts, Dr. Artur Weckesser vor. Im Herbst wird das Verwaltungsgericht Sigmaringen als weiteres Pilotgericht hinzukommen. Baden-Württemberg ist dann das erste Bundesland, das die eAkte in der ordentlichen und allen Fachgerichtsbarkeiten im Echtbetrieb testet. Nach einer EU-weiten Ausschreibung wird die Software VIS der Fa. PDV-Systeme in Erfurt eingesetzt, die auf die Belange der Justiz angepasst wurde. Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr als erstes Bundesland die vollelektronische Akte in gerichtlichen Streitverfahren eingeführt. Bislang wird der Betrieb in vier Kammern im Landgericht Mannheim und in neun Kammern im Arbeitsgericht Stuttgart getestet. Seit Anfang Juli hat das Sozialgericht Karlsruhe für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit den Testbestrieb aufgenommen.
Die verpflichtende Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs ist bis spätestens 1. Januar 2022 gesetzlich vorgeschrieben. Das Ministerium der Justiz und für Europa strebt an, in Baden-Württemberg bereits 2018 flächendeckend in der Arbeitsgerichtsbarkeit und bis 2020 an allen Gerichten im Land die elektronische Akte einzuführen.